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Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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ihr, aus einer Ohnmacht erwachte, die sie zu lange betäubt gehalten hatte. Er hatte eine so schöne Stimme, warm und vertraut.
    Irgend etwas sagte ihr, daß er ein Bluttrinker war. Doch sie hatte keine Angst, zumindest nicht allzuviel. Er war nicht hinter ihrem Blut her. Da war sie sich sicher. Beinahe sicher.
    Sie wehrte sich nicht, als er sie in etwas Kratziges einwickelte und ihr die Sicht nahm. Sie jammerte nur, als der harte Stoff über ihre Haut scharrte.
    „Armesfischlein“, sagte er, und sie verstand, daß ihm ihr Unbehagen leid tat.
    Er hob sie hoch, sie konnte den Boden nicht mehr unter sich fühlen, die Sterne nicht sehen, gar nichts sehen. Nur seine Arme spürte sie, seinen Körper, seinen Schutz. Sie ließ sich davontragen, konnte fühlen, wie er sich bewegte, hörte seine Stimme, wenn er etwas sagte oder die Melodie seines Liedes erneut summte. Sie versuchte dann, den Silben zu lauschen, deren Sinn zu erfassen. Manchmal erreichte sie die Bedeutung eines Wortes und bot ihr einen kurzen Einblick in die Realität, aus der sie ausgeschlossen war.
    „Ichtrageinletzterzeitvielzuofthalbtotefrauenherumdiezumnachtmahlnichttaugen“, seufzte er einmal, und in seiner Stimme klang Lachen. Nett, auch wenn sie nichts verstand außer dem amüsierten Bedauern.
    Je mehr sie begriff, desto ängstlicher wurde sie. Er trug sie von Iascyn fort. Iascyn würde wütend sein. Er konnte wirklich sehr wütend sein, auch wenn er seinen Zorn nie an ihr ausgelassen hatte. Zu ihr war er immer liebevoll und leidenschaftlich gewesen, besitzergreifend, aber nicht gewalttätig.
    Er hatte ihr den freien Willen gestohlen. Das war auch ein Akt der Gewalt. Oder nicht? Sie war sich nicht sicher. Doch sie meinte, einmal einen eigenen Willen gehabt zu haben, und freiwillig hatte sie ihn nicht aufgegeben.
    Nach und nach fanden sich Worte in ihrem Gehirn an, eines nach dem anderen, wie plötzliche Gäste. Sie jammerte, als sie die Inhalte von Betrug und Verlust begriff.
    „Istschongut, Kleines. Wirsindbaldda.“
    Seine Schritte wurden hörbar nach einer Weile, und sie verstand, daß er nun auf einem anderen Untergrund lief. Sie kamen näher, doch wem?
    Tür. Er öffnete eine Tür. Sie erinnerte sich an Türen. Die gab es nicht im See. Die Erinnerung mußte älter sein.
    Er legte sie auf den Boden, ohne sie auszuwickeln, und sie blieb reglos liegen. Eine rauhe, dunkle Stimme drang an ihr Ohr, und sie schämte sich zutiefst, ohne noch genau zu wissen, wofür. Doch sie wußte, daß die Stimme diejenige war, nach der sie sich gesehnt hatte. Vielleicht, wenn sie sich nicht rührte, mochte sie einfach weiter dem Klang der Silben lauschen. Sie wünschte, sie könnte verstehen, was gesagt wurde. Einzelne Worte schnappte sie inzwischen auf, doch der Zusammenhang erschloß sich ihr nicht, und sie wußte nicht, was sie tun sollte. In dem Mantel, in den die Finsternis sie gewickelt hatte, war es sehr warm. Sie wußte jetzt, was ein Mantel war. Kleidung. Etwas, das sie tragen sollte, aber nicht anhatte. Man würde sie nackt sehen, und das durfte man nicht.
    Die Stimme, die sie so sehr vermißt hatte, klang ärgerlich und zynisch. Es jagte ihr Angst ein zu denken, daß sie alles für diese Stimme getan hatte. Vielleicht würde der dazugehörige Mann wieder gehen, wenn sie sich nicht rührte und ihn nicht ansah. Und Iascyn würde sie vergessen lassen. Bei der Aussicht darauf verkrampfte sich alles in ihr, und sie jammerte auf.
    Danach wurden die Stimmen lauter, und ihre Panik blendete ihr Verständnis aus, ließ es wieder im Nichts verschwinden.
    Etwas später wurde sie ausgepackt und spürte, wie man sie ansah, konnte ein Paar schwarzer Augen auf sich fühlen und ein Paar gelber. Sie waren gewiß gelb, und sie würden sie sehen, wie sie war, nichtig, ohne Verstand und nackt. Sie hielt die Augen geschlossen. Wenn sie selbst niemanden sah, war es nicht so erschreckend wirklich, daß man sie sah.
    Sie verstand nun immer mehr Worte, begriff, daß jemand sie nicht haben wollte, und hätte daraufhin am liebsten geschrien und getobt. Nichts davon tat sie.
    Man hob sie aufs Bett, und schließlich öffnete sie doch die Augen. Nur einen Augenblick lang wußte sie einen Namen, und der Mann sprach zu ihr. Sein Gesicht war harsch und eisern reglos. Sie konnte keine Liebe in den Augen ausmachen, von denen sie geträumt hatte. Sie zeigten keinerlei Regung, waren streng und abweisend, glitzerten im Kerzenlicht wie im Fieber. Und wieder wirbelten ihre Gedanken wirr

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