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Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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seiner Umarmung zu befreien.
    Sein schlaffer Leib war schwer. Es schien unendlich lange zu dauern, ihn von sich hinunterzurollen. Sie sprang auf, schlug die Hände vor den Mund. Keine Zeit, ihrem rebellierenden Magen nachzugeben. Sie blickte den Mann auf dem Bett an und schlug ein zweites Mal zu.
    „Dafür, daß du ungeschickt und widerlich warst!“ murmelte sie.
    Der Großteil ihrer Unterkleidung war nicht mehr zu gebrauchen. Ihr Kleid auch nicht. Sie versuchte nicht, es wieder anzuziehen. Statt dessen bekämpfte sie ihren Ekel und zog seine Hose an. Sie war viel zu weit, aber ein Gürtel hielt sie in der Körpermitte fest. Sein Oberhemd roch nach Männerschweiß und war widerlich, doch sie zog es an, band seinen Schlips, schlüpfte in seine Weste und Joppe. Die Hosenbeine waren so lang, daß sie ihre Schuhe weitgehend verdeckten.
    Jetzt riß sie an ihrer kunstvollen Frisur. Gelitten hatte diese ohnehin schon. Sie zog Haarnadeln und -schmuck heraus, steckte sie ein und knotete die Haare einfach zusammen. Eine Kopfbedeckung würde sie brauchen, um die üppigen, tiefroten Locken zu verbergen. Wenn sie sich nicht beeilte, würde sie bald gar nichts mehr brauchen.
    Sie untersuchte den Mann nicht, konnte sich nicht überwinden, ihn auch nur anzufassen. Ein wenig tat er ihr leid. Eventuell hätte er sie gar nicht belästigen wollen. Sie hatte ihn verführt. Sie hatte seine Berührungen herausgefordert.
    Plötzlich schien ihr das Ziel, eine hochklassige Kurtisane zu werden, gar nicht mehr so erstrebenswert. Sie würde Interesse heucheln müssen, wo keines vorhanden war, würde Herren, deren einzige positive Eigenschaft ihr Geld war, zu Diensten sein müssen. Schwierig war es nicht gewesen. Doch gefallen hatte es ihr nicht. Sie mußte sich zusammenreißen, den reglos Daliegenden nicht erneut zu schlagen.
    Sie sah sich um. Eine Tür führte in den Nebenraum, und sie linste durchs Schlüsselloch. Dort schien noch ein Gästezimmer zu sein. Sie lief zur anderen Tür, die zum Flur führte, und drehte den Schlüssel darin um. Dann schlich sie ins Nebenzimmer, schloß die Tür hinter sich und verschloß auch diese.
    Sicher – für den Augenblick. Ihr Herz raste, und sie zwang sich zur Ruhe, als sie das Zimmer untersuchte. Vielleicht gab es hier irgend etwas Nützliches.
    Auf einem Schemel neben dem Spind stand eine Reisetasche. Das Zimmer gehörte einem Mann. Sie fand ein Rasiermesser und steckte es ein. Zwei Messer waren besser als eins. Sie schob die Vorstellung von sich, sie könne die Klingen tatsächlich gegen einen Angreifer einsetzen müssen, doch in ihrem Sinn setzte sich das Bild fest, wie der Stahl durch lebendes Fleisch drang, und sie zitterte noch heftiger.
    Auf dem Nachttisch standen ein Glas und ein Krug mit Wasser, daneben ein kleiner Flakon. Sie las die Beschriftung. Der Mann litt an Schlaflosigkeit. Laudanum. Konnte sie das brauchen? Sie steckte es ein.
    Mit fliegenden Händen durchstöberte sie den Spind und fand eine Kopfbedeckung. Sie war ihr zu groß, verdeckte jedoch ihr Haar. Wie sie aussah, war egal. Wenn man sie schnappte, würde man sie töten. Oder einsperren. Oder Schlimmeres. Sie schüttelte sich bei dem Gedanken.
    Wahrscheinlich war sie jetzt eine Mörderin. Sie hatte nicht nachgesehen. Die Erkenntnis ließ ihr die Knie weich werden, und sie sank fast nieder.
    Nicht jetzt. Keine Zeit. Ihr Magen hob sich. Sie schluckte. Sie durchsuchte weiter die fremden Sachen. Geld. Sie nahm es. Das machte keinen Unterschied mehr, und sie würde es eventuell brauchen.
    Nun lief sie zur Tür, horchte. Nichts. Vorsichtig öffnete sie sie und schlüpfte aus dem Zimmer. Im Flur war es fast schon dunkel. Der Abend war da.
    Auf der einen Seite sah sie eine Haupttreppe, am anderen Ende des Flurs eine enge Gesindetreppe. Welche sollte sie nehmen? Was sollte sie überhaupt tun? Sie hatte es nicht durchdacht. Dazu war keine Zeit gewesen.
    Sie entschied sich für die Hintertreppe, huschte um die Ecke, sah sich vorsichtig um. Dann zögerte sie nicht länger, sondern eilte knieweich die dunkle Stiege hinunter.
    Sie hörte, daß sie sich der Küche näherte. Der Geruch verriet einen geschäftigen Koch samt Küchenpersonal. Es duftete vortrefflich.
    Sie erstarrte, als sie in der Nähe eine Tür hörte. Die Richtung konnte sie nicht ausmachen. Es gab nirgends ein Versteck außer den düsteren Schatten. Doch niemand kam, und sie ging weiter. Bald erreichte sie wieder einen Flur, der wohl zum Gesindeteil gehörte, und hörte

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