Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
wußte, was sie tat.
Im nächsten Moment hatte er den Mann losgelassen, stand auf der anderen Seite der Höhle, rammte seine Faust wutentbrannt gegen den Fels, schrie vor Frustration.
„Du verlangst zuviel, Charly! Verdammt! Du verlangst zuviel von mir!“
Nackt von der Taille aufwärts war er ein Anblick von urzeitlicher Wut und ungeheurer Macht. Sie lenkte ihren Blick fort von der Ausbeulung in seinem Beinkleid und wußte, daß er sie noch wollte. Sie und ihr Blut. Und das des Mannes am Boden auch.
Letzterer drehte sich langsam um. Dünne Blutspuren sickerten ihm durchs Hemd, dort, wo die Krallen im Einsatz gewesen waren. Er zitterte ein wenig. Nach und nach drehte er sich, rappelte sich auf die Knie, starrte sie an, rang um Fassung. Mit einem Mal fiel ihr auf, daß sie selbst bis zur Taille nackt war. Seine hellblauen Augen sahen auf ihre Brüste, hoben sich dann zu ihrem Gesicht. Völlige Verständnislosigkeit lag auf seinen Zügen, und sie senkte ihren Blick voller Scham und Schmach.
Sie sah es nicht, und doch konnte sie fühlen, wie er begriff. Sie war nicht das schwache, unschuldige Opfer in den Klauen eines Unholds. Der Unhold war da, doch sie hatte ihn fortgezwungen.
„Es tut mir leid“, murmelte Charly tonlos, meinte damit ihn und den Sí. „Es tut mir so leid.“
Ihre Stimme verließ sie, und sie gefror in der Frustration und der Enttäuschung beider Männer, die sie anstarrten, jeder von ihnen voller Zorn auf sie. Demütigung sank wie lähmendes Gift durch sie. Sie merkte nicht einmal, wie die Spitze des kleinen Messers ihr durch die Haut ging. Der winzige Schmerz an ihrem Handgelenk war nichts gegen den überwältigen Schmerz in ihrem Innern.
Der blonde Mann vor ihr regte sich vorsichtig und wurde durch eine schroffe Stimme zurückgehalten.
„Wenn Sie sich diesem Messer auch nur einen Fingerbreit nähern, breche ich Ihnen das Genick.“
Und schon kniete ihr dunkler Gefährte neben ihr. Sie hatte nicht gesehen, daß er sich bewegt hatte.
„Laß das Messer fallen, Charly. Laß es fallen! Jetzt. Laß es einfach los. Du willst dich doch nicht selbst verletzen. Sieh nur, du blutest.“
Sie blutete tatsächlich, doch es war nur ein Kratzer, nicht die Arterie. Sie hatte daneben gestochen, hatte nicht seine Expertise, die richtige Ader zu finden.
„Leg es hin, mein Herz. Jetzt. Ich würde es dir abnehmen, aber ich kann es nicht anfassen. Das weißt du doch. Charly. Tu, was ich sage.“
Seine Stimme klang immer noch rauh, doch nicht mehr voller Haß. Und dann fühlte sie seinen Zauber, sanfter diesmal, schrie kurz auf und ließ das Messer fallen.
„Keine Bewegung, von Orven oder Meyer oder wie Sie sich nennen. Denken Sie nicht einmal dran!“ befahl er, und der Blonde blieb auf seinen Knien liegen, reglos, und starrte mit einem Ausdruck ungläubigen Abscheus auf das, was da vor ihm geschah.
„So ist ’ s besser.“ Ein Arm war um ihre Schultern gelegt, eine Hand hob ihr blutendes Handgelenk an seinen Mund. Sie fühlte seine Lippen und seine Zunge und erschauerte vor Peinlichkeit. Er heilte ihre Wunde.
Meyer starrte sie weiter reglos an, immer noch auf den Knien.
Sehr langsam hob er beide Hände, streckte sie vor sich.
„Ich will eine Erklärung!“ sagte er. „Obgleich ich vermutlich keine brauche. Ich bitte um Verzeihung, daß ich dieses kleine … Tête-à-tête unterbrochen habe. Ich hätte es wahrlich besser wissen sollen. Ich habe bei der Dame wohl Gefahr mit Genuß verwechselt. Unverzeihlich von mir – eine Romanze zu stören.“ Seine Stimme war so voller Verachtung, daß sie ihr physisch weh tat.
Charly versenkte ihr brennendes Gesicht in Arpads Schulter. Sie bebte vor Scham und Schande und merkte kaum, daß der Feyon ihr zurück in ihr Kleid half.
„Seien sie vorsichtig, was Sie sagen, Leutnant von Orven!“ zischte der Sí.
Der Mann lachte freudlos auf.
„Oder was? Fürchten Sie, Fräulein von Sandling würde ob meiner allzu direkten Wortwahl ohnmächtig darniedersinken? Ich denke nicht, daß sie gar so zart besaitet ist. Mit einem gottverdammten Vampir in einer Höhle zu kopulieren, da muß man schon gute Nerven haben. Großer Gott, was bin ich für ein Narr, wenn es um Frauen geht! Ich habe mir doch tatsächlich Sorgen gemacht. Fast zerrissen vor Sorge war ich. Wahrscheinlich habe ich meine Tarnung zerstört, nur um sie zu warnen und ihr zu helfen. Hätte ich gewußt, daß Sie beide sich nur aufgrund einer kleinen, eingeschobenen Lustbarkeit ein wenig verspäten,
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