Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Titel: Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Goldberg Sloan
Vom Netzwerk:
trotzdem athletisch. Überraschenderweise hatte er nichts von der breitbeinigen Großspurigkeit an sich, die sie sonst von männlichen Jugendlichen in diesem Alter kannte.
    Debbie sah sofort, dass er anders war. Er war… er schien irgendwie neben sich zu stehen. Sie fand kein treffenderes Wort dafür. Nicht dass er undurchsichtig gewirkt hätte. Aber auf alle Fälle schien er sich nicht recht wohl in seiner Haut zu fühlen. Etwas fehlte ihm. Selbstvertrauen? Doch er wirkte nicht gehemmt oder verlegen, eher wie am falschen Platz.
    Debbie musterte ihn weiter. War sich nicht sicher, was sie von ihm halten sollte. Das passte eigentlich gar nicht zu ihr. Weil ihre Mutter immer noch nichts sagte, fragte Emily schließlich: »Mom? Mom, das ist Sam…«
    Debbie klang nervös. »Hallo, Sam. Wir freuen uns, dass du da bist. Ich bin Emilys Mutter, Debbie…«
    Jared, dessen Mundwerk eigentlich nie stillstand, war stumm wie ein Fisch und glotzte schweigend den großen Jungen neben seiner Schwester an. Debbie fuhr fort: »Und das ist Jared – Emilys kleiner Bruder.«
    Sam blickte zu Jared und lächelte ihn an. Dass es da einen kleinen Bruder gab, der schweigsam war, kam ihm ganz und gar nicht merkwürdig vor. Außerdem hatte er selbst noch kein einziges Wort gesagt, seit er mit Emily ins Haus und in die Küche gekommen war.
    Zu viert standen sie etwas verlegen herum, als plötzlich die Kellertür aufging und Emilys Vater auftauchte. Er musste wohl etwas mitbekommen haben. Tim Bell hatte im Keller sein Tonstudio, wo er am Wochenende meistens komponierte oder die Arrangements für den Kirchenchor schrieb.
    Auch er zögerte etwas und musterte Sam drei Sekunden lang.
    Emily schaute ihren Vater an. Was war mit ihren Eltern auf einmal los? »Dad…?«
    Tim Bell machte einen Schritt nach vorn und streckte die Hand aus. »Freut mich, dich kennenzulernen, Sam.«
    Sam streckte seinen Arm auch aus und sie schüttelten sich etwas ungeschickt die Hände. Es wirkte nicht, als hätte Sam das bisher oft gemacht, wenn überhaupt, und Tim Bell hatte einen festen Griff. Deshalb verstärkte Sam seinen Händedruck ebenfalls. Noch mehr verlegenes Schweigen. Noch mehr Händeschütteln.
    Dann sagte Jared, der aufmerksam zu Sam hochgeblickt hatte: »Du siehst wie Batman aus.«
    Normalerweise hätten bei einer solchen Bemerkung alle laut gelacht, aber jetzt lachte keiner.
    Jared schien damit etwas richtig erkannt zu haben. Es hatte nicht nur damit zu tun, dass Sam so aussah, als wäre er den Seiten eines Hochglanzmagazins entsprungen. Es umgab ihn etwas Dunkles und Fremdes, als führe er ein Doppelleben oder trage einen schweren Konflikt mit sich herum oder einen tiefen Schmerz.
    Und obwohl der Salat noch nicht gewaschen, die Weißbrote im Ofen erst halb aufgebacken waren und das Hühnchen noch zerteilt werden musste, versuchte Debbie, die Atmosphäre etwas aufzulockern, indem sie sagte: »Na dann, alles ist fertig. Lasst uns essen!«
    ***
    Er rührte seinen Teller kaum an.
    Das beunruhigte Debbie und Tim Bell. Welcher ein Meter achtzig große, siebzehnjährige Junge haut beim Essen nicht kräftig rein? Vor allem, wenn man ihm doch ansieht, wie hungrig er ist?
    Sicherlich war es Höflichkeit, aber er schien außerdem auch so nervös zu sein, dass er kaum einen Bissen runterbrachte. Während des quälend langen einundzwanzigminütigen Abendessens sprach er fast kein Wort, obwohl sie ihn nach Strich und Faden ausfragten.
    Sie fingen mit etwas an, was für einen Jungen in seinem Alter eigentlich ein einfacher Einstieg hätte sein müssen: Sie fragten ihn nach seiner Lieblingsmannschaft. Worauf er antwortete, dass er nie Fan irgendeiner Mannschaft gewesen wäre. Was Jared ganz besonders seltsam fand.
    Bei weiterem Nachfragen stellte sich heraus, dass er zu Hause unterrichtet wurde. Aber auch über seinen Lernstoff, egal was, wollte er nichts sagen, selbst als Emilys Eltern noch einmal nachhakten.
    Als sie ihn nach seiner Familie fragten, antwortete er, dass er einen kleinen Bruder habe, aber keine Mutter mehr. Da sagten sie, das täte ihnen leid, und er blickte auf einmal auch ganz jämmerlich drein.
    Emilys Eltern sagten, dass sie gern seinen kleinen Bruder kennenlernen würden und auch seinen Vater, und er gab darauf keine Antwort, außer dass er sich noch unwohler in seiner Haut zu fühlen schien. Er wirkte verschlossen, nicht unfreundlich, aber unfähig, auf sie zuzugehen und sich an dem Gespräch zu beteiligen.
    Er sprach englisch, aber er redete ganz

Weitere Kostenlose Bücher