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Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Titel: Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Goldberg Sloan
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eine Ablenkung, teils eine Wohlfühlmassage für die Ohren und Debbie wusste genau, was sie tat.
    Felix, der Hund, lag dabei immer zu Riddles Füßen, um (zufällig oder absichtlich) herunterfallende Leckereien aufzuschnappen. Debbie bewegte sich kreuz und quer durch die Küche und die beiden führten miteinander so etwas wie einen Tanz auf.
    Emilys Mutter zog Riddle buchstäblich aus seiner alten Welt heraus und in eine neue hinein. Sie war zu dem Schluss gekommen, dass seine Entwicklungsstörungen zum größten Teil sprachlicher Natur waren.
    Aber sie hatte auch den Eindruck, dass er durch sein chronisches Asthma und seine Mehrfachallergien noch weiter zurückgeblieben war, als es auch ohne diese Probleme schon der Fall war.
    Wie hätte sie auch wissen sollen, dass er bisher in eine sehr kleine Welt eingeschlossen gewesen war, die nur aus seinem Bruder und ihm bestanden hatte? Und außerdem noch einem Telefonbuch mit vielen kleinen Zeichnungen.
    Und jetzt war er draußen.
    Debbie Bells eigentliches Anliegen war es, die beiden Kinder eine normale Schule besuchen zu lassen. Sie hatte einen Termin bei dem Lungenspezialisten ausgemacht, der würde zwar erst in zwei Wochen sein, aber immerhin.
    Und sie hatte alles in die Wege geleitet, damit Riddle so bald wie möglich von einem auf kindliche Entwicklungsstörungen spezialisierten Psychologen untersucht wurde.
    Emily wusste nichts davon. Debbies Mann auch nicht. Und auch nicht Sam.
    Riddle mal kurz in die Notaufnahme mitzunehmen, damit eine befreundete Ärztin sich um sein Asthma kümmerte, war eine Sache. Aber was würde sie bei einem regulären Termin in einer Facharztpraxis sagen? Was sollten sie dort in die Formulare eintragen? In welchem Verhältnis stand sie denn zu dem Jungen? War sie eine Freundin der Familie? Eine Tante? Die Patin? Die Mutter der Freundin des Bruders des Jungen?
    Und wer sollte die Arztrechnungen bezahlen?
    Darüber würde sie sich Gedanken machen, wenn es so weit war. Auch das zählte zu den Dingen, die man in einer Notaufnahme lernte. Sich immer nur mit dem Hier und Jetzt zu beschäftigen.
    Zuerst einmal musste sie das Vertrauen des Jungen gewinnen. Darum ging es bei ihren gemeinsamen Aktionen in der Küche.
    Und es funktionierte.
    ***
    Er war spät dran.
    Donnerstag hielt er keinen Unterricht ab, sondern hatte nur seine Bürozeiten. Ursprünglich hatte er an dem Tag Sprechzeiten für die Studenten eingerichtet, die mit ihm eingehender über musiktheoretische Themen diskutieren wollten, aber als dann nur Studenten zu ihm kamen, die mit der Bewertung ihrer Arbeiten unzufrieden waren, schaffte er diese zusätzlichen Sprechstunden wieder ab. Alle wollten immer nur eine Eins. Selbst jene, die mit Musik überhaupt nichts am Hut und sich aus zweifelhaften Gründen in seine Kurse verirrt hatten, wollten dort die beste Note.
    Tim Bell merkte, wie er allmählich verbitterte.
    Jemand hatte ihm mal gesagt, der undankbarste Schreibtischposten auf der Welt sei der Beruf eines Musiklehrers an einer Highschool. Musiklehrer war geworden, wer die Musik liebte – und musste dann täglich acht Stunden damit zubringen, Kindern beim Massakrieren der Musikstücke zuzuhören.
    Wenigstens war Tim Professor an einem College. Wenigstens wurden seine Studenten nicht gezwungen, auf Plastikblockflöten zu spielen.
    Aber die meisten von ihnen widmeten sich der Sache, die Tim Bell, abgesehen von seiner Familie, im Leben am meisten bedeutete, ausgesprochen freudlos. Ungefähr so, als müssten sie einen Teller leer essen, den bereits vor Jahren jemand vor sie gestellt hatte, und als fühlten sie dabei immer ein Gewehr auf sich gerichtet – oder was als elterliches Erziehungsinstrument dazu die Entsprechung war.
    Und dann war da auf einmal Sam.
    Er begriff die Musik. Er liebte die Musik. Auf die reinste Weise, die Tim Bell jemals bei jemandem erlebt hatte.
    Sam war nicht nur ein Naturtalent, er war noch viel mehr. Er hatte seine eigene musikalische Sprache erfunden.
    Der Junge hatte eine große Gabe und sie hatte frei und wild reifen dürfen, allem Anschein nach in so etwas wie einer abgeschlossenen Kapsel, nur für sich. Und das machte ihn als Musiker vollkommen einzigartig. Er schien nicht nach Beifall oder Anerkennung zu schielen. Ja, er schien nicht einmal zu wissen, was eine Schulnote war.
    Vielleicht hatte das mit dem Unterricht zu Hause zu tun, vielleicht war da doch etwas dran.
    Womöglich gab es ja ein geheimes Erfolgsrezept bei dieser Erziehungsmethode? Tim hätte

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