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SAM

SAM

Titel: SAM Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Caspary
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Blutflecken bedecken mein Gesicht und meinen Hals. Ich wende den Blick ab, trockne meine Hände und wische mir kurz über das Gesicht. Während ich Wasser in das Waschbecken einlasse, gehen mir die letzten Minuten oder waren es Stunden, noch einmal durch den Kopf. Ich lege einen Waschlappen in das warme Wasser und wringe ihn sorgsam aus. Dann schaue ich hinter mich und nehme aus dem Regal weitere Handtücher und gehe zurück zu Alex. Er liegt immer noch auf dem Rücken. Seine Augen sind geschlossen. Er atmet regelmäßig. Ich fange an, seine Wunden zu säubern und mit frischen Handtüchern abzudecken. Aus der großen klaffenden Wunde unter seinen Rippen rinnt nur noch wenig Blut. Ich schaue in sein Gesicht und wieder erinnere ich mich daran, was ich gesehen habe. Diese Zähne! Seine kalten, schwarzen Augen! Es tut ihm leid, dass ich auf diese Weise erfahren muss, was er ist. Was meint er damit?
    Der Waschlappen ist blutgetränkt und ich gehe zurück ins Bad. Mein Blick fällt auf den immer noch offenstehenden Kühlschrank und die darin befindlichen restlichen Blutkonserven.
    Ich wasche den Lappen aus und fülle frisches Wasser in das Waschbecken. Dann gehe ich zu dem Schrank und schließe ihn. In meinem Kopf überschlagen sich plötzlich die Gedanken. Ich schließe den Wasserhahn und wringe erneut den Lappen aus und gehe wieder zurück zum Bett. Ich bleibe vor seinem Bett stehen und blicke auf ihn herab. Ist es tatsächlich möglich, dass er...anders ist? Ich wage nicht dieses bestimmte Wort in meine Gedanken zu lassen. Vieles, was mir in den letzten Wochen seit ich Alex kenne seltsam erschien, scheint jetzt einen Sinn zu bekommen. Plötzlich spüre ich Übelkeit in mir aufkommen. Der Geruch des Blutes überall, der Gedanke daran, dass er das Blut aus den Plastikbeuteln gierig hinuntergeschluckt hat, seine Zähne, seine kalten schwarzen Augen…. Ich nehme schnell die Hand vor meinen Mund, renne ins Bad und werfe mich vor die Toilette, um mich auch sogleich zu übergeben.
    Nachdem das Würgen nachgelassen hat, lasse ich mich zitternd neben die Toilettenschüssel fallen und versinke erneut in von Krämpfen begleitetes Weinen und Schluchzen. Was war bloß geschehen mit Alex. Er ist nicht mehr der, in den ich mich Hals über Kopf verliebt habe. Dieser Mann, oder was immer er auch sein mag, der dort nebenan schwer verletzt in seinem Bett liegt, ist ein bluttrinkendes Monster. Wieder fange ich an zu würgen. Aber mein Magen ist vollkommen leer.
    Du musst weg hier, schießt es mir durch den Kopf! Wer weiß, was er tun wird, wenn er aufwacht. Wahrscheinlich bin ich in tödlicher Gefahr. Zitternd richte ich mich auf. Meine Knie sind so weich, dass ich mich am Waschbecken festhalten muss. Dann höre ich ein Stöhnen und Grollen. Alex! Er dreht den Kopf hin und her. Ich bleibe wie erstarrt stehen, wage nicht ihm nahe zu kommen. Ich beobachte, wie er wieder ruhiger wird. Er ist immer noch bewusstlos, hat die Augen fest geschlossen. Ich sehe, wie sich seine Lippen bewegen. Er scheint etwas zu flüstern. Langsam und mit noch immer unsicheren Schritten gehe ich zurück zu ihm. Ich sehe ihn an. Er sieht furchtbar aus. Sein Gesicht hat jegliche Farbe verloren, seine Augen liegen tief in den Höhlen, seine Lippen sind schmale Striche und schrecklich blass. „Sam? Sam…?“ Leise, kaum hörbar, sagt er meinen Namen. Es zerreißt mich. Was soll ich nur tun? Er braucht meine Hilfe, er braucht mich! Vorsichtig nähere ich mich seinem Gesicht. Halb verrückt vor Angst und doch auch wahnsinnig vor Sorge um ihn, beuge ich mich zu ihm herab, um ihm zuzuflüstern:
    „Ich bin da, alles ist okay!“ Seine Hand bewegt sich, sucht nach der meinen. Ich nehme seine Hand und drücke sie ganz sacht. „Ich bleibe bei Dir. Ich liebe Dich!“ Ein tiefer Seufzer entfährt seinen blassen Lippen. Und mir wird schlagartig bewusst, welche folgenschwere Entscheidung ich offensichtlich soeben getroffen habe.
    Als ich sehe, dass er wieder ruhig schläft, beginne ich von neuem damit, seine Wunden zu säubern, mechanisch und ohne wirklich genau zu wissen, was ich hier eigentlich tue. Mir fällt auf, dass sie teilweise schon nicht mehr so schlimm aussehen. Sie scheinen bereits zu verheilen. Immer wieder schaue ich in sein Gesicht, betrachte es genau, studiere seine von Schmerzen geprägte Mimik. Ich versuchte zu verstehen, zu begreifen, was geschehen ist und wer oder besser was hier wirklich in diesem Bett vor mir liegt. Alex stehen immer noch Schweißperlen

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