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Samstags, wenn Krieg ist

Samstags, wenn Krieg ist

Titel: Samstags, wenn Krieg ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wolf
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die Waffe ganz ruhig zu halten. Bei der Entfernung macht ein Millimeter beim Abschuss verwackelt gut einen Meter aus, wenn die Kugel aufschlägt.
    Unten kommt Maria aus dem Parkhaus. Sie geht quer über die Straße auf den beleuchteten Hauseingang zu.
    Gleich wirst du deinen Bruder in seiner eigenen Blutlache sehen.
    Sie geht wie eine Hure, denkt er, mit ihrem wippenden Arsch. Ja genau, und so sieht sie auch aus.
    Was er gerade gesehen hat, macht ihn noch immer fertig. Er kann sich gar nicht auf den Schuss konzentrieren.
    Da, Maria schließt gerade die Haustür auf, biegt ein Polizeiwagen in die Straße ein. Er hält direkt vor Maria. Die Türen fliegen auf.
    Siggi zögert. Was hat das zu bedeuten?
    Dann steht Gino gähnend am Fenster. Jetzt oder nie. Siggi hat ihn voll vor dem Lauf.
    Siggi drückt ab. Aber die erste Patrone hat sich im Auswurf verhakt.
    „Scheiße!“
    Er schüttelt die Waffe, versucht, die Kugel herauszuheben. Sie klemmt.
    Siggi fällt alles ein, was er falsch gemacht hat. Das macht ihn wütend auf sich.
    Der Schlitten der halbautomatischen Waffe ist dafür gemacht, hin und her zu fliegen und mit Wucht die nächste Kugel aus dem Magazin zu holen. Sein langsam leises Ziehen hat alles versaut.
    Die Patrone springt heraus und fällt auf den Betonboden. Siggi bückt sich nicht danach. Er reißt den Schlitten kraftvoll nach hinten und lässt ihn dann fliegen.
    Jetzt klappt es. Die 9 mm Parabellum gleitet aus dem Lager. Die Waffe ist schussbereit.

39
    Vera Bilewski und ihr Kollege Kramer stürmen an Maria vorbei ins Haus. Ein Streifenbeamter bleibt im Wagen, der andere stellt sich an der Tür auf.
    Vera nimmt den Fahrstuhl, Kramer die Treppen. Sie wollen nicht riskieren, dass der Killer ihnen im letzten Moment durch die Lappen geht.
    Natürlich, denkt Kramer, typisch. Ist ja klar, dass der ganz oben wohnt. Wäre ja auch zu schön, wenn mal ein Verdächtiger in der ersten Etage wohnen würde.
    Kramer hat eine auf Lebenserfahrung basierende Theorie, die er bisher noch niemandem mitzuteilen wagte. Vera Bilewski schon gar nicht. Im Gegensatz zu ihr glaubt er nicht daran, dass Freunde und Verwandte verdächtig sind, je näher, um so mehr. Er sieht viel mehr einen Zusammenhang zwischen der Wohnhöhe und der Täterschaft.
    Die letzten drei Mörder wohnten direkt unterm Dach. In all den Jahren hat er nur einmal einen Mann festgenommen, der im Parterre wohnte. Zur Untermiete. Auch die Killer in den Einfamilienhäusern sind selten. Dort wohnen eher Opfer.
    Kramer sieht das so: Ein Mörder erhebt sich durch seine Tat über alle anderen Menschen. Schwingt sich auf zum Richter über Leben und Tod. Es ist also nur logisch, dass er nicht mitten unter ihnen leben will, sondern göttergleich über ihren Köpfen residieren möchte. Wenn der Mörder von seiner Dachwohnung aus auf die Menschen unten hinunterguckt, dann erscheinen sie ihm klein, unbedeutend wie Insekten. Aus dieser Perspektive lässt sich leicht töten.
    Politiker, denkt Kramer, sollten nie in Penthäusern wohnen, dann wäre der Frieden sicher. Der Ritter auf seiner hohen Burg neigt dazu, Krieg zu führen gegen die da unten.
    Nie kamen in der Geschichte Eroberer, Unterdrücker und Diktatoren aus einem Tal, immer von den Anhöhen, behauptet er, wenn er nur genug getrunken hat.
    Er fasst nach seinem Schulterhalfter. Eigentlich kann Kramer Schulterhalfter nicht ausstehen. Er scheuert sich regelmäßig unter den Achseln wund, weil die Dinger verrutschen. Aber in der Jackentasche führt er die Pistole auch nicht gerne mit sich. Er hasst diese ausgebeulten Jackentaschen und schiefhängenden Blazer. Außerdem hatte er einmal eine Freundin, die fand es cool, wenn er die Jacke auszog und beim Candlelight-Dinner for two im Hemd, mit Schulterhalfter und Dienstwaffe da saß.
    Erst kam er sich dabei albern vor, dann wie ein Gangster. Ein Mafiaboss. Nie wie ein Polizist. Er fühlte eine knisternde erotische Spannung entstehen durch dieses Ding. Erst dadurch wurde ihm bewusst, wie viel sexuelle Anziehungskraft in so einem Gangsterboss steckte.
    Einmal trug er den Schulterhalfter sogar auf nackter Haut für sie. Es wurde die schärfste Nummer seines Lebens. Noch nie hatte er sich so sehr als rein sexuelles Wesen gefühlt, noch nie so hemmungslos geschrien und zugestoßen.
    Hinterher war er wund und voller Bisswunden. Ja, es waren keine Knutschflecken, sondern Verletzungen. So sehr er sich immer wieder danach sehnen würde, genauso deutlich wusste er, dass er es nie wieder

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