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Samstags, wenn Krieg ist

Samstags, wenn Krieg ist

Titel: Samstags, wenn Krieg ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wolf
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Siggi zögert einen Moment. Soll er hinter Yogi herlaufen oder mit Wolf reden?
    Er ruft: „Yogi! Yogi, bleib stehen!“
    Aber Yogi rennt weiter. Er stolpert, stürzt und kraucht unter einen Busch.
    Siggi spürt wieder diesen Stich in der Herzgegend, der ihm sagt: Etwas stimmt nicht zwischen Yogi und Wolf.
    Siggi packt Wolf und hebt ihn mit Bärenkräften kurz an. „Was hast du mit ihm gemacht? Was?“
    „Ich? Nix! Spinnst du? Lass mich los!“
    „Er hat Angst vor dir.“
    „Jetzt hör aber endlich auf mit dem Scheiß! Mir reicht es langsam!“
    „Hast du ihn mal gehauen?“
    Wolf versucht, sich loszumachen. „ Nein! Wie oft soll ich das denn noch sagen? Nein! “
    „Wenn du ihm was tust, mach ich dich alle!“, droht Siggi. Dann lässt er Wolf los.
    „Die Bullen machen Hausdurchsuchungen. Bei Peter waren sie schon. Wir müssen vorsichtig sein. Der Sprengstoff …“
    Da biegt ein Polizeiwagen in die Straße ein. Nur gut, denkt Siggi, dass ich die P 7 wieder vergraben habe. Aber du kommst dran, Gino. Früher oder später bist du reif.
    Der Polizeiwagen hält direkt vor Schmidtmüllers Tür.
    Yogi heult unter dem Busch. Siggi geht hin, um sich um ihn zu kümmern. Wolf verzieht sich. Die Bullen müssen ihn hier jetzt nicht sehen.
    Wolf lockert die Kleidung an seinem Hals. Er hat das Gefühl, die Schlinge würde sich langsam zuziehen.
    Ich muss mir wegen Yogi etwas einfallen lassen, denkt er. Der Idiot verrät mich sonst noch. Siggi schöpft schon Verdacht. Yogi muss weg. So unauffällig wie möglich. Es muss wie ein Unfall aussehen. Am besten, er wird überfahren und dann Fahrerflucht, oder …
    Als Wolf vor seiner Wohnung ankommt, sieht er gleich den Dienstwagen. Er geht nicht hoch. Er will Vera Bilewski jetzt nicht begegnen. Er kann sich denken, dass ihre Wut noch frisch ist und er weiß nicht, ob Knut Feddersen immer noch so diensteifrig zur Verfügung stehen wird.

51
    Vera Bilewski und Kramer durchsuchen die Wohnung. Gisela Kleinhaupt steht unausgeschlafen im Morgenrock dabei. Ihr blaues Auge wird jetzt grünlich.
    Kramer sieht sich im Schlafzimmer um. Er öffnet ein Nachttischschränkchen und hat einen Massagestab in der Hand. Er legt ihn einfach wieder zurück und schließt das Fach.
    Vera zeigt auf Frau Kleinhaupts Gesicht. „War er das?“
    Frau Kleinhaupt fasst an die geschwollene Stelle. „Wer? Wolfi?“
    Sie lacht bitter. „Sie wissen wohl gar nichts über ihn, was? Der Junge tut mir doch nichts. Er würde sich für mich in Stücke reißen lassen. Das ist nicht so einer, wie Sie denken.“ Sie schluckt trocken und kämmt sich mit den Fingern die Haare aus der Stirn. „Der hat mich immer beschützt, mein Männlein, wenn mal was war.“
    Vera schaut sich die Zeitungsartikel an, die Wolf an der Wand hängen hat. Mölln. Rostock. Solingen. Fein säuberlich aufgeklebt auf die Rückseite einer abgeschnittenen Tapete. Schwarz-Rot-Gold mit Filzstift eingerahmt. Darüber in Druckbuchstaben: Doitschland den Doitschen. Unter den Zeitungsartikeln: Bravo! Weiter so, Doitschland.
    Vera kann den Widerspruch zwischen dem, was sie sieht und Gisela Kleinhaupts Worten kaum ertragen. Sie bekommt kalte Hände und kalte Füße. Ob die Mutter nicht lesen kann? Sieht sie die Zeitungsausschnitte an der Wand nicht?
    Vera tippt mit dem Zeigefinger darauf, als müsse sie die Realität beweisen. „Ja. Reizendes Kerlchen. Sammelt er so etwas?“
    Frau Kleinhaupt schüttelt den Kopf. „Ach, bilden Sie sich doch bloß nichts ein. Was machen die Jungs denn schon? Sie sind doch noch Kinder.“
    Während sie redet, bückt Vera Bilewski sich und nimmt jedes Paar Schuhe in die Hand. Pumas. Gummistiefel. Sandalen. Cowboystiefel.
    „Ja, sie kloppen sich schon mal mit Ausländern. Das sollte man nicht überbewerten. Wissen Sie, ich bin auf dem Land groß geworden. Da ging es auch jeden Samstag rund. Das Oberdorf gegen das Unterdorf. Bei jedem Schützenfest war Keilerei. Das gehörte einfach dazu. Waren wir deswegen Nazis?“, fragt Gisela Kleinhaupt.
    Vera Bilewski schaut sie an. Das Geschwätz der Frau geht ihr ungeheuer auf den Geist. Vera versucht, mal ein Wort dazwischen zu kriegen. Sinnlos. Frau Kleinhaupt redet, ohne Luft zu holen. „Sie haben wohl keine Kinder, was?“
    Vera nickt.
    „Dachte ich mir. Sieht man gleich, so wie Sie aussehen.“
    Vera spricht bewusst laut und deutlich. „Hat Ihr Sohn keine Springerstiefel?“
    Die Frage stoppt Frau Kleinhaupts Redeschwall.
    Jetzt denkt sie nach. Wenn sie nachdenkt, kann sie

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