Samtheiß
die wichtigste Zuflucht für Mieter und allgemein bekannt als Teerstrand.
Wir verbarrikadierten die Dachluke mit unseren Schuhen und breiteten unsere Decke im Windschatten des Schornsteins aus, zwischen den warmen Backsteinen und der hohen Brüstung der Fassade. Das war noch, bevor schwefelgelbes Licht die Straßen von New York ihrer Bäume und Schatten beraubte, und der grelle Schein der Straßenbeleuchtung reichte nicht so hoch hinauf. Von unserem Platz hinter der Brüstung konnten wir die dunklen Umrisse der Basalt- und Granitfelsen erkennen, die sich drohend im Park auf der anderen Straßenseite auftürmten, merkwürdig nahe und geheimnisvoll.
Wir streiften die Baumwollkleider ab und preßten uns im Schatten des Dachschornsteins gegen feuchte Brüste, liebten uns dem Mond zu Ehren, während das gespenstische matte Licht von der Straße mit der silbrigen klaren Süße des vollen
Mondes konkurrierte, die die glänzenden Spiegel unserer schweißgebadeten dunklen Körper reflektierten, heilig wie das Meer, wenn die Flut kommt.
Ich erinnere mich an diesen Mond, der die Schräge ihrer hochgereckten Schenkel entlangwanderte; meine Zunge erfaßte den silbrigen Streifen, der sich im gelockten Busch ihres Venushügels spiegelte.
Ich erinnere mich, daß der Vollmond wie weiße Pupillen in der Mitte deiner großen Augen stand.
Die Monde verschwanden, und deine Augen wurden dunkel, als du dich mir zuwandtest, und ich fühlte, wie des Mondes silbernes Licht sich mit der Nässe deiner Zunge auf meinen Augenlidern vermischte.
Afrekete, Afrekete, reite mich bis an den Scheideweg, wo wir schlafen werden, eingehüllt und beschützt von der Macht der Frauen. Der Klang unserer Körper, die sich begegnen, ist das Gebet aller Fremden und Schwestern, auf daß das abgewendete Übel, das an allen Scheidewegen verlassen wartet, uns nicht auf unserer Wanderschaft verfolgen werde.
Als wir später wieder vom Dach herunterstiegen, tauchten wir ein in die drückend schwüle Mitternacht eines Sommers in Harlem, mit Radiomusik auf den Straßen und dem unangenehmen Gejammer übermüdeter und überhitzter Kinder. Mütter und Väter saßen auf den Eingangsstufen ihrer Häuser oder auf Milchkästen und gestreiften Klappstühlen, fächelten sich geistesabwesend Luft zu und sprachen oder dachten nach über die Arbeit, die am nächsten Tag auf sie wartete, und über zu wenig Schlaf.
Wir gingen nicht hinunter zu den hellen Sanddünen von Whydah oder an die Strände von Winneba oder Annamabu, nicht zu Kokospalmen, die sanft im Wind raschelten und dem Zirpen der Grillen im Rhythmus des sanften Rauschens einer spiegelglatten, verräterischen, wunderschönen See. Nach unserer Begegnung unter dem Mittsommermond stiegen wir vom Teerstrand herunter auf die 113. Straße, aber die Mütter und Väter lächelten uns grüßend zu, als wir Hand in Hand zur 8th Avenue schlenderten.
Einige Wochen im Juli habe ich Afrekete dann nicht gesehen. Eines Abends machte ich mich auf zu ihrer Wohnung, da sie kein Telefon hatte. Die Tür war abgeschlossen, und als ich den Treppenschacht heraufrief, war auch niemand auf dem Dach.
Eine weitere Woche später drückte mir Midge, die Barfrau vom Pony Stahle, einen Zettel von Afrekete in die Hand. Sie hatte für September einen Gig in Atlanta bekommen und wollte ihre Mutter und Tochter besuchen.
Wir waren aufeinandergetroffen wie Naturkräfte, die sich in einem Sturm entladen, Energie austau-schen und kurz und erlösend Schmerz miteinander teilen. Dann haben sich unsere Wege getrennt, uns verändert, gewandelt und durch die Begegnung neu geformt hinterlassen.
Ich habe Afrekete nie wieder gesehen, aber ihre Spuren prägen mein Leben mit dem Nachdruck und der Kraft einer seelischen Tätowierung.
CATHRYN ALPERT
Wo sind wir jetzt?
J etzt erklimmen wir den steilen Canyon, eine Kluft zwischen Wänden aus Eichen und Pinien, wo Asphalt sich im dichten Wald verliert. Deine Hand liegt auf meinem Knie, du nimmst sie nur fort, um in einen anderen Gang zu schalten oder eine widerspenstige Strähne aus der Stirn zu streichen. Der Motor ächzt, jault immer höher, während unser Wagen einen Satz macht wie die geschmeidige Katze, nach der er benannt ist. Schiebt sich immer weiter in das Dickicht, über den Punkt hinaus, wo sich die Straße verjüngt wie ein rückwärts fließender Fluß.
Jetzt fahren wir am Sommerlager vorbei, dessen helle Lichter durch den Blätterwald funkeln wie Augen durch ein Schlüsselloch. Sie beobachten uns,
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