Samtpfoten im Schnee
schon bald führte sie die ganze Gruppe zum Haus zurück. Meghan sah, dass Joy sich den anderen Kindern angeschlossen hatte und ihre Decke jetzt zusammengerafft auf dem Arm trug, während ihr Vater die verletzte Miss Hamlin bemitleidete.
»Ich hoffe nur, ich werde mir keine Infektion zuziehen«, sagte die junge Frau gerade. »Man kann von solchen Tieren fürchterliche Krankheiten bekommen, müsst Ihr wissen.«
»Ich denke, diese Befürchtung müsst Ihr nicht haben«, beruhigte Lord Justin sie.
»Es ist ja auch nur, dass das überaus schade wäre, weil ich mich auf diese Feiertage so sehr, sehr gefreut habe.«
Meghan, die wieder die Nachhut bildete, sah, wie Miss Hamlin aufschaute und Lord Justin einen langen, wimpern-verhangenen Blick zuwarf. Da dieser den Kopf nicht wandte, konnte Meghan seine Reaktion auf diesen sehr durchschau-baren Annäherungsversuch nicht erkennen. Sie selbst konnte allerdings einen Anflug von Erheiterung kaum verbergen, den sie durch ein Hüsteln hinter vorgehaltener Hand zu verbergen suchte.
»Ich stimme Euch zu«, sagte eine Stimme direkt neben ihr. Sie sah in die zwinkernden haselnussbraunen Augen Mr.
Laytons. »Sie geht es ein wenig zu plump an«, erklärte er.
»Nun - ich -« Meghan war es peinlich, dass ihre Gedanken so leicht von jemandem hatten durchschaut werden können.
»Keine Sorge. Justin kann auf sich aufpassen. Gott weiß, dass dieses junge Hamlin-Ding es angestrengt genug versucht. Schon seit ihrer Vorstellung in der letzten Saison.«
»Ich bin nicht sicher-«, begann Meghan, doch Layton fiel ihr ins Wort.
»Natürlich ist er bis jetzt noch nicht darauf eingegangen, aber sie setzt große Hoffnungen auf diese Hamlin-Wingate-Sache. Sie sagt sich vermutlich, wo es in einer Generation zweimal funktioniert hat, sollte es auch ein drittes Mal klap-pen.«
Er hatte seine Bemerkungen in leichtem Plauderton gemacht, aber Meghan fühlte über deren Inhalt leichtes Unbehagen. »Mr. Layton, ich glaube nicht, dass ein solches Thema besonders schicklich ist.«
Er grinste. »Natürlich ist es das nicht. Aber es ist interessant, oder etwa nicht?«
Meghan versuchte, ein nichts sagendes Gesicht zu machen, doch ihr war bewusst, dass ihre Erheiterung sich in ihren Augen widerspiegelte, als sie ihn ansah und ernst sagte: »Nichtsdesto trotz -«
»Ganz richtig. Ganz richtig. Wir sollten über das Wetter reden.« Er streckte die Hand aus, als wollte er prüfen, ob es regnete. »Schöner Tag heute. Kalt und trocken. Gerade richtig für Anfang Dezember, stimmt Ihr mir darin zu?«
Meghan lachte und stimmte zu. Angenehm plaudernd kehrten sie zusammen ins Haus zurück. Natürlich kannte sie Mr. Layton schon seit einigen Jahren - als Bekannten ihres Mannes. Während der vergangenen Tage hatte sie jedoch angefangen, ihn in seinem wahren Licht zu sehen, und sie war zu dem Schluss gekommen, dass er ein liebenswürdiger und amüsanter Mann war.
Justin hätte die folgenden Stunden gern mit seiner Tochter verbracht. Anders als die Schluchzer, wenn sie gefallen war, oder einem Angstschrei, wenn ein großer schwarzer Hund sie im Park angeknurrt hatte, war dieses leise Kichern der erste Laut, den er seit Monaten von seinem Kind gehört hatte. Zwar hatte das Kindermädchen ihm berichtet, dass Joy manchmal im Schlaf aufschrie, doch nichts von alledem hatte auf wirkliche Kommunikation hingedeutet.
Und wie verhielt es sich damit, dass Joy nach Meghans Hand gegriffen hatte? Georginas hatte sie deutlich zurückgewiesen. Selbst für Irene war es schwer gewesen, den Kontakt zu seiner Tochter aufzubauen. Justin rief sich in Erinnerung, wie Meghan die beiden kleinen Mädchen im Kinderzimmer begrüßt hatte. Offensichtlich hatte diese Frau eine Art, mit Kindern umzugehen, die Miss Hamlin nicht hatte. Nun, jeder - wirklich jeder -, der Joy helfen konnte, wäre der ewi-gen Dankbarkeit ihres Vaters sicher.
Während die Kinder hinaufgebracht wurden, hatte Miss Hamlin seine - genauer gesagt, jedermanns - volle Beach-tung für sich in Anspruch genommen. Lady Hamlin war über die Verletzung ihrer Tochter höchst besorgt gewesen.
Doch Justins Aufmerksamkeit war durch die Bitte seines Bruders abgelenkt worden, für den Nachmittag einen Jagd-ausflug vorzubereiten. Und so hatte er den größten Teil des restlichen Tages damit verbracht, Hasen zu jagen.
Als er an diesem Abend zu Joy ging, um ihr eine gute Nacht zu wünschen, fiel ihm keine Veränderung an ihr auf.
Sie umarmte ihn voller Liebe und schüttelte den Kopf
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