Samtpfoten im Schnee
Herz. Sie schüttelte den Kopf. »Das ist doch ... absurd.«
Er trat auf sie zu und sagte langsam und nachdrücklich:
»Am Ende dieser Woche wird das Gerede bis London vorge-drungen sein und von da seinen Weg auf den Kontinent nehmen.«
Nein. Das konnte nicht sein. Nicht einmal ihr Pech konnte so groß sein.
»Wenn Ihr erst die Wahrheit dargelegt habt...«
Er lachte freudlos. »Wally hat kein Interesse an der Wahrheit. Er ist darauf aus, meinen Ruf zu zerstören, und jetzt habe ich ihm die perfekte Gelegenheit dazu wie auf einem Silberteller serviert. Verd...Zum Teufel mit diesem niederträchtigen Schurken.«
»Warum sollte er Euren Ruf beschädigen wollen?«
»Weil der Prinzregent auf meinen Rat hört und ich ihm dringend empfohlen habe, gewisse, nicht wünschenswerte Gentlemen nicht auf Schlüsselpositionen in seiner Regierung zu setzen. Diese Herren würden viel darum geben, meine Stellung untergraben zu können.«
Grace wünschte, seine Worte als grandiose Prahlerei ab-zutun. Er wäre nicht der erste Mann, der behauptete, Einfluss auf den Prinzen zu haben. Aber irgendetwas in seinem finsteren Gesicht machte, dass sich ihr vor Furcht der Ma-gen umdrehte.
»Es ist nicht gewiss, dass ich erkannt werde.« Unbewusst presste Grace das Kätzchen enger an sich und wurde dafür mit einem weiteren Stich jener scharfen Krallen belohnt.
»Ihr könnt immer noch behaupten, es sei eines der Dienstmädchen. Denn ein armes Mädchen zu verführen scheint ja kein Skandal zu sein.«
Mit einem leichten Kopfschütteln streckte er die Hand aus, um die Krallen des Kätzchens behutsam zu lösen. Är-gerlicherweise rollte Byron sich daraufhin auf seinem Arm zusammen und schlief ein.
»Mr. Wallace wird nicht ruhen, bis er Euch ausfindig gemacht hat. Und das wird keine allzu schwere Aufgabe sein bei Eurem auffallenden Haar und der Tatsache, dass Ihr auf dem Anwesen wohnt.«
Das Gefühl der Bedrohung verstärkte sich zu realer Angst.
Grundgütiger Himmel, lagen die Dinge denn nicht schon schlimm genug? Ihre arme Mutter war zu einem Leben im Mangel gezwungen, zum Wohnen in einem baufälligen Cottage. Und ihre eigene Zukunft war auch nicht gerade übervoll von rosigen Versprechen. Das Letzte, was sie jetzt brauchte, war die zusätzliche Belastung, als Flittchen gebrandmarkt zu werden.
»Das alles ist nur Eure Schuld«, fauchte sie.
»Ich bekenne mich dazu«, sagte er und schockierte sie durch sein Eingeständnis. »Worüber wir nachdenken müssen, ist, wie wir aus diesem verflixten Dilemma herauskommen «
Grace zog tief den Atem ein. Warum war sie nach Chalfried gekommen? Der verräterische Byron hätte seinen Weg zurück ins Cottage vermutlich auch allein gefunden. Jetzt war sie nicht nur dem Mann über den Weg gelaufen, den zu meiden sie sich geschworen hatte, sondern sie war zudem als Ränke schmiedendes Biest bezeichnet worden. Sie war leidenschaftlich geküsst worden, und zu guter Letzt drohte jetzt auch noch ein Skandal, der jeder Mutter das Herz brechen würde. Und das alles vor dem Tee.
»Ihr könntet nach London zurückkehren«, schlug sie hoffnungsvoll vor. »Dann würde Mr. Wallace niemals herausfinden, wer ich bin.«
»Und wenn einer der Dienstboten Euch anhand der Beschreibung bereits erkannt hat?«
»Dann werde ich abstreiten, hier gewesen zu sein.«
»Und Boswan wird ohne Zweifel ebenso rasch behaupten, dass er Euch das Haus hat betreten sehen«, wies er sie mit kühler Logik hin. »Welches bessere Mittel gäbe es für ihn, Euch etwas heimzuzahlen?«
Verdammt. Er hatte Recht. Boswan hatte sie von dem Augenblick an gehasst, seit sie ihr Interesse an der Verwaltung Chalfrieds gezeigt hatte. Und das war kein Wunder, wie sie schließlich entdeckt hatte. Obwohl Boswan behauptet hatte, einige der Hauptbücher seien verloren gegangen, hatte es Grace nur ein paar Tage gekostet, um herauszufinden, dass der Verwalter sich seit Jahren einen guten Teil von Edwards Pachteinnahmen in die eigene Tasche gesteckt hatte. Selbstredend war es ihr ohne die Bücher unmöglich gewesen, ihren Verdacht zu beweisen. Deshalb hatte sie das Führen der Bücher selbst in die Hand genommen und sich durch diesen Schritt einen sehr gefährlichen Feind geschaffen.
Grace begriff jetzt, dass Boswan selbstverständlich große Genugtuung darüber empfinden würde, ihren Ruf zu ruinieren. Falls Mr. Wallace weitererzählte, dass ein rothaariges Frauenzimmer in Mr. Dalfords Schlafzimmer gewesen war, würde der Verwalter diese Gelegenheit
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