Samtschwarz - Page, S: Samtschwarz
Feuerhaken. Keine Schaufel für die Asche. Keine Kerze, nicht einmal ein Bild an der Wand. Nur das massive Bett und einen großen Stuhl. Sie hatte versucht, den Stuhl hochzuheben, um ihn gegen das Fenster zu werfen, aber es war ein altes Möbelstück aus schwerem Eichenholz, das sie nicht vom Fleck bekam.
Sie konnte den Stuhl nicht einmal vor die Tür schieben, aber da sie versuchte, aus dem Zimmer herauszukommen, und sich nicht selbst darin einsperren wollte, war das kein großer Verlust.
Was geschah im Moment mit Dash? Sie ließ sich wieder auf den Fußboden sinken. Er hatte in seiner Zelle so verzweifelt geschrien.
Tränen stiegen ihr in die Augen, die drohten überzufließen.
Nein, sie durfte nicht weinen. Sie würde sich nicht wie ein wehrloses Opfer aufführen, das schluchzend nach Hilfe schrie.
Maryanne richtete sich wieder auf, lehnte sich gegen einen der geschnitzten Bettpfosten und starrte das Bett an. Darauf lagen Kissen, aber was sollten das für Waffen abgeben? Es gab auch eine Menge Laken, die aber ohne ein offenes Fenster ebenfalls nutzlos waren.
Sie konnte sich verstecken, wenn Sir William zurückkam, aber unter dem Bett oder hinter den Vorhängen würde er sie sehr schnell finden.
Verdammt – wie sollte sie sich selbst und Dash aus diesem widerlichen Haus befreien?
Sie brauchte eine Waffe!
Mit den Handflächen rieb sie sich über die eiskalten Arme. Das Feuer war fast heruntergebrannt; offenbar wollte Sir William sie weiterhin mit der Kälte quälen.
Das Feuer!
Hoffnung, heiß und erregend, stieg in ihr auf.
Was gab es für eine bessere Waffe als Feuer? Der Schaden, den es anrichten konnte … und das Durcheinander. Sie konnte Dash finden und …
… in den Flammen umkommen. Was, wenn sie selbst und Dash in dem Inferno untergingen? Und was war mit Lady Farthingale, die im Keller eingeschlossen war? Und wenn noch mehr Frauen in diesem furchtbaren Haus gefangen gehalten wurden?
Sosehr es dieser entsetzliche Ort auch verdiente, dem Erdboden gleichgemacht zu werden, sie würde das Haus nicht in Brand stecken.
Aber irgendetwas musste sie tun.
Der Kamin zog erneut ihren Blick an. Anstelle von Flammen sah sie nur noch rote Glut.
Zwar waren nur verkohlte Holzscheite übrig, aber einer davon würde reichen. Ein Stück war abgebrochen und auf das Gitter gefallen. Sie zog den Bezug von einem der Kissen ab und wickelte ihn um ihre rechte Hand. Dann biss sie die Zähne zusammen und hob das schwelende Holzstück auf. Sofort drang die Hitze durch den Stoff. Dennoch umklammerte sie das Holz so fest sie konnte, trug es wie einen Speer vor sich her und lief damit zum Fenster.
Der Aufprall versetzte ihr einen heftigen Stoß an der Schulter, und sie schrie vor Schmerz und Triumph auf. Durch die Glasscheibe ging ein langer Riss. Wieder und wieder schlug sie gegen die Scheibe, bis sie zerbrach. Kleine Scherben regneten auf die Terrasse unter dem Fenster nieder.
Lange, spitze Glasstücke steckten noch im Rahmen.
„He!“, rief eine Männerstimme von draußen vor der Tür. „Was ist da drinnen los?“
Der Türknauf bewegte sich, und ihr wurde klar, dass sie nicht viel Zeit hatte. Vorsichtig, den Stoff noch immer um die Hand gewickelt, bewegte sie die größte Glasscherbe vor und zurück. Der Kitt, der sie noch im Rahmen hielt, brach und krümelte. Endlich gelang es ihr, das spitze Glasstück herauszubrechen.
Die Tür wurde aufgestoßen, und schwere Schritte näherten sich. Ihre Waffe hinter dem Rücken verborgen, fuhr sie herum. Der rotgesichtige Diener wirkte so unüberwindbar wie eine Wand. Sein Blick wanderte von der zerbrochenen Fensterscheibe zu dem Holzscheit am Boden. „Dummchen“, brummte er. „Diese Eisenstäbe bekommt man nicht kaputt.“
Sie griff ihn an und schwang die Scherbe wild in Richtung seines Nackens.
„Verdammt!“, schrie er.
Das Leben ihres Babys stand auf dem Spiel. Dashs Leben stand auf dem Spiel. Sie fuhr mit der Scherbe durch die Luft und fühlte, dass das Glas Fleisch berührte, brachte es aber nicht über sich, hinzusehen. Blut spritzte auf ihr dünnes Unterkleid, und sie kämpfte gegen die Übelkeit an und rannte an ihm vorbei, als er sich an die Kehle fasste.
Sie konnte ihn unmöglich mit der Scherbe getötet haben, aber sie hatte ihn offenbar betäubt, denn er folgte ihr nicht. Doch als sie die Tür erreichte, stieß sie mit jemandem zusammen, der gerade das Zimmer betrat.
„Verdammt noch mal!“, rief sie verzweifelt aus, als sie von einer weichen Brust
Weitere Kostenlose Bücher