Samtschwarz - Page, S: Samtschwarz
befahl Venetia ihr. „Oh! Diese Nässe fühlt sich schrecklich an.“
Maryanne schluckte, als sie die Pfütze auf dem Fußboden sah. Ihre Beinmuskeln verkrampften sich bei der Vorstellung, all das wäre aus ihr herausgeflossen. Ihr Glück spielte momentan keine Rolle. Jetzt ging es zuallererst um die Geburt, obwohl Maryanne sich elend und nutzlos fühlte, während sie zusah, wie Marcus mit langen Schritten den Korridor entlangeilte, Venetia in seinen Armen. Von der Glocke herbeigerufen, tauchte ein junger Diener mit weit aufgerissenen Augen auf, und Maryanne gab ihm Anweisungen.
„Rufen Sie Dr. Plim herbei. Harley Street Nummer zehn. Und schicken Sie eine Kutsche in die Crofton Lane Nummer sechs, zu Mrs. Collins.“
Der Junge nickte, und sie machte eine hastige Handbewegung. „Beeilen Sie sich.“
Er drehte sich um und lief davon, sichtbar aufgeregt, weil ihm ein so wichtiger Auftrag erteilt worden war.
Dann machte Maryanne sich auf, Mrs. Dorset, die Haushälterin, zu suchen. Die gestrenge Frau übernahm sofort die Führung, und Maryanne blieb nichts zu tun, als hinter ihr herzulaufen und zuzuhören, wie sie den Hausmädchen, dem Küchenpersonal und einem Schwarm von Laufburschen Befehle erteilte.
Nutzlos. Das war Maryanne in dieser Situation wahrhaftig, aber sie wusste nicht, so sie sonst hingehen sollte. Was sie tun sollte. Und sie wollte sich mit irgendetwas beschäftigen. Wenn sie innehielt, stiegen sofort die schrecklichen Gedanken in ihr hoch. Gedanken an Dashs Schwester und an das Kind, das sie verloren hatte.
Kein Geld der Welt konnte die Geburt eines Kindes leichter machen.
Vor zwei Jahren war Prinzessin Charlotte, die Tochter des Regenten, gestorben, während sie ein sehnlichst erwartetes Kind zur Welt brachte, welches ebenfalls starb.
Maryanne eilte die Treppe zu Venetias Schlafzimmer hinauf. Zu ihrem Erstaunen traf sie Venetia dabei an, wie sie auf dem Flur auf und ab lief, während Marcus ihre Hand hielt. Mrs. Dorset nickte zufrieden. „Das ist klug, Mylady. Der Doktor wird Ihnen sagen, Sie sollen sich hinlegen, weil die Ärzte den Patienten dort haben wollen, wo er keinen Ärger machen kann.“
Als sich von hinten hastige Schritte näherten, trat Maryanne beiseite und lehnte sich an die Wand des Flurs. Hausmädchen eilten an ihr vorbei, die Arme voller Laken, Handtücher und Schüsseln, in denen heißes Wasser dampfte.
Zum Glück achtete niemand auf sie. „Nun, Mylord“, wandte Mrs. Dorset sich an Marcus, „es wird eine lange Wartezeit für Sie werden. Sie …“
„Ich bleibe bei meiner Frau“, brummte Marcus, und Maryanne wusste, dass er genau das tun würde. Die Hebamme würde darüber sehr verärgert sein; Maryanne hatte sie sagen hören, wie nützlich es war, wenn Männer Zuflucht in ihren Arbeitszimmern und beim Portwein suchten und die wichtige Arbeit den Frauen überließen. Der Arzt, Dr. Plim, würde ebenfalls schockiert sein.
Maryanne schloss sich den Hausmädchen an, die in Venetias Schlafzimmer eilten.
Aber Mrs. Dorset stand in der Tür. „Nein, meine Liebe. Sie sind eine unverheiratete Dame und haben hier drinnen nichts zu suchen.“ Energische Hände drehten sie um und schoben sie aus dem Zimmer. Marcus führte Venetia hinein, sodass Maryanne beiseitetreten musste. Und dann schloss sich direkt vor ihrer Nase die Tür.
Sie hatte keine Ahnung gehabt, dass die Wehen so lange dauern konnten. Hatte Venetia tatsächlich acht Stunden lang gelitten? Die Wehen waren alle paar Minuten gekommen – wie konnte eine Frau das stundenlang aushalten? Die arme Venetia musste völlig erschöpft sein.
Dann hielt Maryanne es nicht länger aus. Sie raffte ihre Röcke zusammen, die schon schrecklich zerknittert waren, weil sie die ganze Zeit vor lauter Anspannung ihre Hände in den Stoff gekrallt hatte, verließ ihr Zimmer und lief den Korridor entlang. Auf ihr Klopfen hin öffnete sich die Tür zu Venetias Schlafzimmer.
Maryanne warf einen kurzen Blick ins Zimmer. Venetia saß aufrecht in ihrem Bett, Marcus an einer Seite, Mrs. Collins an der andern. „Ruhen Sie sich eine Minute lang aus, Mylady“, sagte Mrs. Collins gerade mit sanfter Stimme. „Sie müssen sich entspannen, tief durchatmen und mit der nächsten Wehe wieder pressen.“
Dr. Plim wusch sich gerade über einer Schüssel die Hände. „Bringen Sie sie dazu, noch einmal zu pressen, dann werde ich dieses Mal den Kopf herumdrehen.“
„Oh, oh … es kommt wieder“, keuchte Venetia. Ihr schweißnasses Haar war
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