Samtschwarze Nacht - Dodd, C: Samtschwarze Nacht - Into the Shadow (Darkness Chosen 03)
arbeiten.« Er stellte sie behutsam auf die Füße.
Wow. Etwas Vergleichbares wie dieses Zelt hatte Karen noch nie gesehen, und sie hatte schon eine Menge gesehen. Zwei LED-Zeltlampen waren mit Haken an der Decke befestigt und hüllten das geräumige Innere in helles, weißliches Licht.Von außen hatte es zwar wie ein stinknormales amerikanisches Campingzelt ausgesehen, aber die Innenausstattung war der Hammer: Auf dem Boden lag ein kostbarer handgeknüpfter Teppich, große kunstvoll gestickte Foulards bedeckten die Wände. Vermutlich als eine Art Wärmedämmung, mutmaßte Karen, und um den exquisiten Geschmack des Bewohners zu dokumentieren.
In diesem Fall war der Bewohner ein Dieb - ein Outlaw, der sich kaltschnäuzig zusammenklaute, was ihm gefiel. Auf einem der Wandteppiche war ein stilisierter Lebensbaum vor grünem Hintergrund abgebildet. Auf einem anderen ein Ritter aus dem Mittelalter, der über ein Feld galoppierte. Die nächste Zeltwand schmückte eine moderne Variante: ein nachtblau schimmernder See bei Sonnenuntergang. An der vierten Wand schließlich hing ein fantastischer Kaschmirläufer, der in Creme-, Rosé- und Graphittönen
gehalten war, mit dem Motiv eines anmutig geschwungenen Torbogens vor einem von Rosen gesäumten Weg.
»Der Begriff Feng-Shui sagt dir vermutlich nicht viel, hmm?«
»Ich bin nicht wirklich ein Fan der chinesischen Küche.«
Sollte das ein Witz sein? Jedenfalls fehlte nicht viel, und sie hätte laut losgeprustet.
Die Einrichtung war ähnlich fantasievoll zusammengewürfelt beziehungsweise zusammengeklaut wie das Teppicharsenal: zwei Truhen, ein französischer Sekretär im Empirestil, ein ergonomisch verstellbarer Bürosessel, mehrere Sitzkissen, die sich um einen Kaffeetisch gruppierten, für die zwanglose Plauderrunde, vielleicht auch für die gemeinsamen Essen. Karen hatte keinen Schimmer. Es war ihr auch herzlich egal. Zumal sie eben das Bett entdeckte …
Aha, das Bett.
Die Konstruktion bestand aus einer großen Matratze, die direkt auf dem Boden in einem Holzrahmen lag, mit einem Kopf- und Fußteil aus verschnörkeltem Messingrohr und einem Moskitonetz als Baldachin. Die Metallpfosten glänzten, als würden sie jeden Tag poliert, von einem der Messingstäbe baumelte ein schmales Lederholster, die weichen Kissen wirkten verlockend, die Laken waren einladend zurückgeschlagen, und das ganze Arrangement signalisierte Sünde und Sinnlichkeit .
Karen stand der Sinn mehr nach Ruhe und Relaxen . »Was für eine Matratze ist das?«, wollte sie wissen.
»Eine Sealy.«
Sie seufzte hingebungsvoll. Lag es an der Matratze oder an seiner Umarmung? »Grundgütiger, wie hast du die denn hier raufbekommen?«
»Ist das jetzt wichtig?« Er versuchte, ihr das T-Shirt über den Kopf zu ziehen.
Sie schlang die Arme fester um ihren Körper und funkelte ihn vernichtend an.
Er machte unbeeindruckt weiter. »Zieh dich gefälligst aus, bevor du dich hinlegst.«
»Nein.«
»Okay, dann eben nicht.« Mit einer vielsagenden Geste ließ er das Shirt los. »Ich wollte bloß den Gentleman spielen und dir beim Ausziehen helfen.«
»Der Zug ist abgefahren.«
Einen kurzen Moment lang zuckte es verräterisch um seine Mundwinkel. Lachte er sie an oder aus? »Du erinnerst mich an …?«
»Woran?«
»Ach, nichts, geh schlafen.« Er gab ihr einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. »Komm, leg dich hin. Inzwischen kümmere ich mich darum, was mit der Lieferung passiert ist, die heute ankommen sollte.«
Sie stolperte zum Bett, sank mitten auf die Matratze und schlief auf der Stelle ein.
Sie stand hoch oben am Rand der Klippe, über ihr strahlend blauer Himmel. Der Wind blies hart, riss an ihren Haaren. Sie versuchte, umzudrehen und fortzulaufen, aber ihre Beine waren schwer wie Blei. Unvermittelt bebte der Boden. Das Gestein knirschte. Der Felssaum bröckelte unter ihren Füßen. Und sie stürzte unaufhaltsam in die Tiefe …
Sie wurde von ihrem eigenen gellenden Schrei geweckt.
Ihr Herz trommelte wild gegen ihre Rippen, sie schlug die Augen auf - und schaute in seine. In Warlords.
Er kniete auf dem Bett und nahm sie in seine Arme. »War es wieder dieser Albtraum? Bist du gestürzt?«
»Ja.« Sie schauderte und war mit einem Mal hellwach. »Ja.«
Seine tröstliche Umarmung war Balsam für ihre Seele, sie fühlte sich bei ihm geborgen. Wenn du dich da mal nicht täuschst, warnte ihre innere Stimme. Denn er beobachtete sie mit unbewegter Miene und wusste zweifellos um ihre schwache
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