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Samuel Carver 01 - Target

Samuel Carver 01 - Target

Titel: Samuel Carver 01 - Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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muss. Vielleicht kennen Sie den Ausdruck: Der Feind meines Feindes ist mein Freund.«
    »Ja, ich verstehe.«
    »Auf dieser Grundlage sollten wir zusammenarbeiten, meine ich. Wir sind von denselben Leuten in die Falle gelockt worden. Unsere größte Chance besteht darin, sie zu schnappen, bevor sie uns kriegen. Das macht sie zu unserem gemeinsamen Feind und uns zu Freunden, würde ich sagen.«
    Schulterzuckend zog die Frau die Brauen hoch und schürzte die Lippen. »Gut, wenn Sie meinen, reden wir darüber. Aber vorher müssen Sie mir beweisen, dass Sie ein Freund sind. Geben Sie mir eine Zigarette. Da ist eine Packung in meiner Tasche, Marlboro Lights.«
    Ohne den Blick von ihr abzuwenden, kramte Carver in der Tasche, bis er die Schachtel hatte. Er zog sie heraus, schnippte den Deckel auf und schüttelte sie, sodass ein paar Zigaretten weiter vorstanden. Dann hielt er der Frau das Päckchen an den Mund.
    Sie beugte sich vor, ertastete die Zigaretten mit den Lippen, teilte eine mit der Zungenspitze ab und ließ sich wieder gegen das Bushäuschen sinken.
    »Haben Sie Feuer?«
    Es war auch ein Feuerzeug in der Tasche. Carver hielt die Flamme an ihre Zigarette. Als sie die Luft anzog und der Tabak aufglühte, trafen sich ihre Blicke aus ziemlicher Nähe. Sie sagte nichts, sondern ließ ihn nur die Spannung fühlen, während sie ihn mit ihren irritierenden Augen festhielt.
    Es vergingen mehrere Sekunden, bis Carver erkannte, dass er eine Grundregel missachtet hatte. Sie waren so nah mit den Köpfen beieinander gewesen, dass sie ihm leicht die Nase hätte blutig hauen können. Er fuhr zurück wie vor einem unsichtbaren Schlag. Sie rührte sich nicht; sie sah ihn weiter an.
    »Haben Sie noch den Helm?«, fragte er.
    »Da drüben in den Büschen, bei den Lederklamotten«, antwortete sie und deutete mit dem Kopf auf ein Stück Grün zwischen der Bushaltestelle und dem Kartenhäuschen des Kanalisationsmuseums.
    »Gut. Wir werden Folgendes tun. Zuerst lassen wir sie glauben, dass sie gewonnen haben. Das heißt, wir bringen uns um, je öffentlicher, desto besser. Also …«
    Carver erklärte, was er vorhatte und welchen Part sie zu übernehmen hätte. Petrowa nickte ab und zu. Gelegentlich stellte sie auch eine Frage oder schlug eine andere Vorgehensweise vor. Die Feindseligkeit war, wenn auch nur vorerst, aus ihrem Tonfall verschwunden. Sie redete nüchtern, sachlich und zielgerichtet.
    Am Ende fragte er: »Was halten Sie davon?«
    »Wir haben denselben Feind. Ihr Plan hat eine gewisse Erfolgschance. Weiter will ich erst mal nicht denken. Ich habe nur noch eine Frage.«
    »Ja?«
    »Wie heißen Sie?«
    »Samuel Carver. Die meisten nennen mich einfach nur Carver.«
    »Gut. Ich werde meistens Aliks genannt. Da wir uns jetzt besser kennen: Werden Sie mir die Fesseln lösen?«
    Carver nickte; dann nahm er eine Schere aus derselben Tasche, wo die Plastikhandschellen gewesen waren. Er trat hinter Aliks, nachdem sie von der Wand weggerutscht war, um ihm Platz zu machen. Schließlich hockte er sich hin und zwängte die Schere an ihrem linken Handgelenk zwischen Plastikband und Haut, so dass sie unwillkürlich zusammenzuckte, weil es noch schmerzhafter einschnitt. Nachdem er das Band durchgeschnitten hatte, wiederholte er den Vorgang am anderen Handgelenk. Als er aufstand und vor sie trat, rieb sie sich die Unterarme, um die Durchblutung zu fördern.
    Schließlich streckte sie ihm eine überraschend zierliche Hand entgegen.
    Carver schüttelte sie, wie um die Abmachung zu besiegeln.
    »Nein, Sie Idiot, Sie sollen mir aufhelfen.«
    Carver lachte nervös auf, und Aliks lächelte ihn an. Zum ersten Mal flackerte ein bisschen Wärme auf, ein Hauch von der Frau, die hinter dieser berechnenden Fassade steckte. Carver zog sie auf die Beine; dann hob er ihre Tasche auf und schlang sie sich um die Schulter. Sie verzog das Gesicht, als sie den Rücken streckte, und fasste sich mit beiden Händen ins Kreuz. »Tut mir leid«, sagte er. »Sie wissen, das ist rein geschäftlich.« Er bedauerte die groben Worte schon, kaum dass er sie ausgesprochen hatte. Ihr kurzes Lachen klang bitter, und als sie ihn ansah, hatten ihre Augen wieder diesen Ausdruck der geprügelten Frau, für die Gewalt nichts Neues ist.
    »Es ist nie nur geschäftlich«, sagte sie. Dann nahm sie ihren Helm, und gemeinsam gingen sie auf die Alma-Brücke zu.

10
    Nobby Colclough war fünfzehn Jahre lang bei der Hauptstadtpolizei gewesen, bevor er beschlossen hatte, seine Fähigkeiten

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