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Samuel Carver 02 - Survivor

Samuel Carver 02 - Survivor

Titel: Samuel Carver 02 - Survivor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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dem Weg zum Engapss von Kacanik, der Schlucht mit einem der wenigen Grenzübergänge zwischen Mazedonien und dem südlichen Kosovo.
    Die Wartezeit an der Grenze dauerte neunzig Minuten, vor ihm stand eine scheckige Herde von Lkws, kleinen Lieferwagen und Familienautos, deren Dachgepäckträger mit Waren aus Mazedonien vollgestapelt waren, die es seit dem Ausbruch von Gewalt und Anarchie im Kosovo nicht mehr zu kaufen gab – alles von frischem Obst bis zum Videorekorder. Die Leute in der Schlange standen um ihre Wagen herum, rauchten, tranken und redeten mit den anderen Fahrern. Carver hätte nicht sagen können, wer Albanier und wer Serbe war. Von Spannungen oder Polarisierungen war nichts zu merken. Alle kamen prächtig miteinander aus, meckerten über die Wartezeit, ließen Flaschen und Zigarettenschachteln rumgehen, spaßten gut gelaunt mit den Kindern herum, die zwischen den Wagen herumrannten. Aber sowie sie die Grenze zum Kosovo überquert hätten, würden sie zwei kriegerischen Lagern angehören, die einander auslöschen wollten.
    Carver hatte zu seiner Zeit viele regionale Konflikte erlebt. Er hatte in Nordirland und im Irak gedient. Und ganz gleich, wo oder wann solche Auseinandersetzungen stattfanden, sie waren immer sinnlos.
    Die Grenzwächter waren Halsabschneider mit rasiertem Schädel. Sie trugen die blaue Uniform der Polizeitruppen. Einer nahm Carvers Pass und die Pressepapiere und verschwand damit in ein niedriges Gebäude neben dem Grenzübergang, an dem das jugoslawische Wappen prangte. Ein paar Minuten später kam er zurück und gab Carver Zeichen, er solle mit dem Wagen ausscheren und an der Seite parken, damit die anderen Reisenden passieren konnten: Die Sache würde ein wenig dauern.
    Es war schon spät, aber im Niemandsland zwischen den Grenzen hatte noch ein Duty-free-Shop mit Café geöffnet. Carver ging hinein, um zu pinkeln und einen doppelten Espresso zu trinken. An einem Tisch saßen vier Grenzer mit Maschinenpistolen, die sie gegen ihren Stuhl gelehnt hatten. Sie teilten sich eine Flasche Pflaumenbrand. Sie stand auf dem Tisch, andere Flaschen waren schon leer. In den Männern schwelte die Aggressivität von Betrunkenen, die die fröhliche Trunkenheit längst hinter sich gelassen haben und kurz vor einem ungezügelten Gewaltausbruch stehen. Als Carver auf dem Weg zur Toilette an ihnen vorbeiging, musterten sie ihn mit der Feindseligkeit, die nur einen Vorwand braucht – einen unvorsichtigen Blick, eine falsche Bewegung –, um zu explodieren.
    Als Carvers Kaffee kam, ging er damit nach draußen. Er wollte in Ruhe nachdenken. Die Wahrheit war, dass er eine gefährliche Wut auf sich selbst hatte. Wenn die Grenzer auch nur den Anschein erweckt hätten, dass sie ihn angreifen wollten, er hätte das Angebot angenommen. Und das wäre nur ein weiterer Eintrag auf der langen Liste seiner dummen Fehler gewesen.
    Es verstieß gegen seine Prinzipien, aber er konnte nicht anders: Er blickte in die Vergangenheit zurück und wünschte sich, er hätte ein paar Dinge anders gemacht. Wenn er in Inuvik bessere Arbeit geleistet hätte … wenn er dem Konsortium gesagt hätte, sie sollten sich ihren Auftrag in den Hintern schieben, als sie ihn nach Paris kommandierten … wenn er sich gar nicht erst mit Aliks eingelassen hätte … wenn er statt auf seinen Schwanz auf seinen Kopf gehört hätte und die verdammte Liste einfach Grantham gegeben hätte … wenn wenn wenn … Es gab nichts, was er daran noch ändern konnte.
    Aliks würde nicht zu ihm zurückkommen, nicht jetzt. Sie hatte ihre Entscheidung getroffen und würde sie nicht mehr ändern. Er machte ihr keinen Vorwurf. Als sie ihn in der Klinik zurückließ, hatte er nur vor sich hin vegetiert. Dann war ihr auch noch gesagt worden, er sei tot. Es war kaum verwunderlich, dass sie sich in den nächsten gesunden, erfolgreichen Kerl verliebt hatte, den sie sich greifen konnte. Er hoffte, ihr das eines Tages sagen zu können, sie wissen zu lassen, dass er sie verstand und dass er es ihr nicht übel nahm, egal, wie sehr es ihn verletzt hatte. Aber wann würden sie sich wiedersehen? Er wollte nicht glauben, dass Vermulen sie in die Sache mit der Bombe hineinzog, also wäre sie auch nicht in der Nähe von Trepca. Und bis die Nacht herum war, standen die Chancen gut, dass entweder er oder Vermulen tot war, vielleicht sogar sie beide. Aber wenn er überlebte, was wäre dann?
    Wahrscheinlich war sie auf der Jacht geblieben. Er stellte sich vor, wie er an Bord

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