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Samuel und die Liebe zu den kleinen Dingen

Titel: Samuel und die Liebe zu den kleinen Dingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesc Miralles
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das heilsame Buddha-Buch mit ins Bett, undwie so oft, fand ich Trost in Siddhartas Worten, ehe ich in Schlaf sank:
     
    Wir wollen danken, denn wenn wir heute nicht viel gelernt haben,
    haben wir doch ein wenig gelernt, und wenn wir nicht ein wenig gelernt haben,
    sind wir zumindest nicht krank geworden, und wenn wir krank geworden sind,
    sind wir zumindest nicht gestorben, und darum wollen wir danken.

 
     
     
     
     

NÄCHTLICHER BESUCH
    Ein paar Tage lang passierte gar nichts. Ich wartete da rauf, dass Valdemar mir einen Besuch abstatten würde, doch er kam nicht. Auch im Café tauchte er nicht auf. Er schien wie vom Erdboden verschluckt.
    Ein paarmal telefonierte ich mit Titus. Unsere Gespräche verliefen stets nach einem festen Muster: Er sagte, seine Genesung gehe langsam aber stetig voran, dann erkundigte er sich nach dem Buch von Amalfi, und ich antwortete überschwänglich, um ihn zu beruhigen. Bevor er mich nach Gabriela fragen konnte, verabschiedete ich mich abrupt und versprach, wieder anzurufen.
    Aber Titus war ein alter Fuchs und ahnte, dass die Geschichte alles andere als gut verlaufen war. Einmal sagte er: »Samuel, wenn du etwas erreichen willst, vergiss nicht, dass selten etwas auf Anhieb gelingt.«
    »Was soll das denn jetzt heißen?«, fuhr ich ihn an.
    »Die Hauptsache ist, dass du das Leben liebst. Wie Freud sagte: Wir lieben, um nicht krank zu werden.«
    Ich war überrascht, diese Worte von einem Menschen zu hören, der immerhin in einem Krankenhaus lag. Wenngleich ihm vielleicht gerade das diese Erkenntnis ermöglicht hatte.
    Titus beendete das Gespräch mit einem weiteren rätselhaften Satz: »Auf Wiedersehen, Samuel, und denk daran: Nichts ist zufällig.«
     
    Befreit von meinen romantischen Wahnvorstellungen, konnte ich mich mit voller Kraft meinem Alltag widmen. Im Literaturseminar hatten wir Hesse abgeschlossen, und nun war Bertolt Brecht an der Reihe. Dann kämen die Februarprüfungen und die eine oder andere Träne in der Sprechstunde. Das Übliche eben.
    Eines Mittwochabends, ich bereitete gerade mein Seminar vor, überkam mich eine merkwürdige Vorahnung. Nimm dich in Acht, ein Gewitter ist im Anzug; besorg dir einen guten Regenmantel. Das teilte mir meine Intuition ganz unverfroren zwischen der Lektüre zweier Brechtstücke mit.
    Ich legte mich schlafen mit dem Gedanken, dass meine Verwandlung in Francis Amalfi offenbar eine Gefahr für meinen Verstand darstellte. Und dabei hatte ich erst ein Dutzend Seiten geschrieben. Ich musste unbedingt den Rest fertigstellen, ehe ich vollends aus dem Tritt geriet.
    Während Mishima es sich im Bett bequem machte, dachte ich zum ersten Mal seit drei Wochen wieder an den Mann in Tokio. Es beunruhigte mich, dass ich in längst überwunden geglaubte Gewohnheiten zurückfiel. Und die Liebe im Kleinen? Wo blieb die? Noch während ich über die Antwort nachsann, schlief ich ein.
     
    Ein lautes Summen riss mich aus dem Schlaf. Ich war noch nicht ganz zu mir gekommen, als ein zweites Summen mir bestätigte, dass jemand an der Haustür klingelte.
    Ich sah auf meinen Digitalwecker: Es war nach drei. Benommen setzte ich mich auf und verfluchte den fröhlichen Zecher, der herumzog und die Leute mit Klingelstreichen ärgerte. Es konnte ja nur ein Betrunkener oder ein Irrer sein, der um diese Zeit klingelte.
    Ein drittes Klingeln ließ mich nachdenklich werden. War vielleicht doch ich gemeint? Wer auch immer es war, er wartete auf eine Antwort.
    Verschlafen stolperte ich den Flur entlang und legte mir ein paar deftige Worte zurecht, um den Nervtöter in die Flucht zu schlagen. Als ich jedoch den Hörer der Sprechanlage abnahm, bestätigten sich meine heimlichen Befürchtungen.
    »Hier ist Valdemar«, sagte er. »Ich brauche Hilfe.«

DAS VERSTECK
    Sichtlich erregt kam Valdemar die Treppe hinaufgestapft. Bevor er eine Erklärung abgab, lud er eine geheimnisvolle Metallkiste, eine große Tasche aus Zeltplane und den Rucksack, in dem er sein Manuskript zu transportieren pflegte, im Flur ab.
    Ich schaltete das Flurlicht aus und bat ihn ins Wohnzimmer. Ich glaube, mein Zustand zwischen Schlafen und Wachen hinderte mich daran, mich aufzuregen. Auch kannten wir uns kaum und ich hatte am nächsten Morgen Unterricht. Andererseits musste etwas Schwerwiegendes passiert sein, dass er mir zu so unpassender Stunde einen Besuch abstattete.
    Ich wollte das Licht im Wohnzimmer einschalten, doch Valdemar, der auf dem Sofa zusammengesunken war, protestierte schnell: »Bitte

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