Samurai 1: Der Weg des Kämpfers (German Edition)
bei den ersten Schritten und auf eurem weiteren Weg helfen werden. Rei! «
Die Schüler verbeugten sich und berührten mit den Köpfen die Strohmatten zum Zeichen ihrer Hochachtung für ihre Lehrer.
»Das ist Sensei Hosokawa, der Meister der Schwertkünste und des Übungsschwerts.«
Masamoto deutete auf den Samurai unmittelbar rechts von ihm, der Jack zu seinem Zimmer geführt hatte, einen grimmig dreinblickenden Krieger mit pechschwarzen, zu dem üblichen Haarknoten aufgebundenen Haaren. Hosokawa hatte schwarze, durchdringende Augen und zog nachdenklich an seinem spitz zulaufenden Bart.
»Er wird euch zusammen mit mir in der Kunst des Schwertkampfes unterweisen. Herausragende Schüler werden auch in der ›Technik der beiden Himmel‹ ausgebildet.«
Sensei Hosokawa musterte die Schüler, wie um die Tauglichkeit eines jeden zum Samurai einzuschätzen. Offenbar zufrieden mit dem Ergebnis, neigte er den Kopf. Jack überlegte, was mit »Technik der beiden Himmel« gemeint sein mochte. Er wollte Akiko fragen, doch Akiko sah wie die anderen unverwandt in Richtung der Lehrer.
»Rechts von Sensei Hosokawa sitzt Sensei Yamada, euer Meister des Zen und der Meditation.«
Am Ende des Tisches döste ein kahlköpfiger Mann mit einem langen, strähnigen grauen Bart und einem zerknitterten, alten Gesicht. Er war mager wie eine Bambussprosse. Auch seine Augenbrauen waren grau, er musste nach Jacks Schätzung deshalb mindestens siebzig Jahre alt sein.
»Sensei Yamada?«, fragte Masamoto freundlich.
»Hai! D ō zo , Masamoto-sama. Es ist gut, ein Ziel zu haben, zu dem man unterwegs ist«, sagte der Alte gemessen. » Aber letztlich ist es der Weg, der zählt.« 3
»Weise Worte, Sensei«, antwortete Masamoto.
Sensei Yamadas Kopf sank nach vorn und er schien wieder einzuschlafen. Jack wünschte, er könnte in dieser Haltung auch so leicht einschlafen. Er bekam schon steife Knie und seine Füße schmerzten. Unruhig verlagerte er sein Gewicht.
»Hör auf zu zappeln«, flüsterte Akiko. »Das gilt als unhöflich.«
Warum hält sie das so lange aus?, dachte Jack. Vielleicht werden die Japaner kniend geboren.
Masamoto wandte sich an die junge Frau auf seiner linken Seite. »Als Nächste stelle ich euch Sensei Yosa vor, Meisterin in der Kunst des Bogenschießens und des Reitens.«
Die Lehrerin trug einen leuchtend roten und elfenbeinfarbenen Kimono, geschmückt mit dem Wappen eines Mondes und zweier Sterne. Ihre Haare glänzten im Licht der zahlreichen an den Wänden der Schmetterlingshalle hängenden Laternen wie ein auf ihre Schultern herabstürzender Wasserfall. Sie zog Jack wie auch die anderen Schüler sofort in ihren Bann und er vergaß die durch das Knien verursachten Schmerzen in den Beinen.
»Sensei Yosa ist zweifellos eine überragende Meisterin der Kunst des Bogenschießens«, erklärte Masamoto. »Für mich ist sie sogar die beste Bogenschützin des ganzen Landes. Ich beneide alle, die bei ihr Unterricht haben.«
Sensei Yosa verbeugte sich, ohne den Blick ihrer kastanienbraunen Augen von den Reihen der Kinder zu nehmen. Ihre Augen wanderten von Schüler zu Schüler, als berechneten sie Entfernung und Flugbahn.
Sie erinnerte Jack an einen eleganten und zugleich gefährlichen und tödlichen Jagdfalken. Sensei Yosa richtete sich wieder auf und strich sich die Haare hinter die Ohren. Dabei wurde eine hässliche, tiefrote Narbe sichtbar, die sich über ihre ganze rechte Wange zog.
»Und als Letzten, aber keineswegs Geringeren stelle ich euch Sensei Kyuzo vor, den Meister der Körperkunst, des Kampfes ohne Waffen.«
Links von Sensei Yosa hockte am Ende des Tisches ein kleiner Mann mit schwarzen Augen und einem buschigen Schnurrbart unter einer platt gedrückten, dicken Nase.
»Er unterrichtet euch im Nahkampf, also im Treten, Schlagen, Packen, Abblocken und Werfen. Was ihr bei Sensei Kyuzo lernt, kommt auch allen anderen Künsten zugute, in denen ihr hier unterrichtet werdet.«
Jack war überrascht. Sensei Kyuzo war kaum größer als ein Kind und schien als Lehrer für den waffenlosen Nahkampf höchst ungeeignet. Viele andere Schüler betrachteten ihn ähnlich ungläubig.
Der kleine Mann verbeugte sich gereizt. Plötzlich merkte Jack, dass er mit bloßen Händen große Nüsse knackte. Seelenruhig nahm er aus einer rot lackierten Schale eine Nuss nach der anderen und drückte sie zwischen den Fingern zusammen, bis die Schale zerbrach. Anschließend entfernte er die Splitter der Schale und wandte sich der nächsten
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