Samurai 1: Der Weg des Kämpfers (German Edition)
bergauf und bringt dich zum Nio-mon, dem Tor der Deva-Könige. Es ist der Haupteingang.« Akiko band Jacks Obi fest. »Du kannst dich nicht verirren«, versicherte sie ihm.
»Der Weg wird von Pilgern benutzt und ist gut zu finden. Im Kloster begibst du dich direkt zur Sanju-no-to , einer dreistöckigen Pagode von derselben Farbe wie das Inseltor in Toba. Von dort gehst du durch den Drachentempel und nimmst den mittleren Eingang zur Haupthalle. Auf der anderen Seite findest du die Butai , die Tanzbühne des Mönchs, und links den Geräusch-von-Federn-Wasserfall und den Schrein des Jadeschwerts.«
»Das klingt einfach.«
»Sei aber trotzdem vorsichtig. Enchin hat das Schwert aus einem ganz bestimmten Grund dorthin gelegt. Der Wasserfall ist sehr gefährlich. Die Felsen, die du hinaufklettern musst, sind nass und glatt und sehr steil. Viele Samurai, die das Schwert anfassen wollten, sind abgestürzt. Nur sehr wenige haben es je berührt.«
Bevor Jack weitere Fragen stellen konnte, wurde er abgeholt und eilig in die Buddha-Halle gebracht, weil das Ritual beginnen sollte. Die Ehre von Niten Ichi ruhte jetzt mit ihrem ganzen Gewicht auf seinen Schultern.
»Passt auf, wo ihr langrennt!«, rief ein erzürnter Händler Yamato und Jack nach. Sie waren an seinem Stand vorbeigeeilt und hatten einiges Obst heruntergerissen.
Im Zickzack hetzten sie durch die erschrockene Menge und hatten bald den Stadtrand erreicht. Zu Jacks Erleichterung war es dort nicht mehr so drückend heiß. Yamato erreichte die Brücke als Erster, überquerte sie schnell und bog nach links auf den Pilgerweg ab. Über sich sah Jack hinter den Bäumen die dreistöckige Pagode aufragen.
Akiko hatte Recht gehabt. Man konnte sich hier nicht verirren. Ein steter Strom von Pilgern wälzte sich bergauf. Straßenhändler säumten den staubigen Weg und verkauften Glücksbringer, Weihrauchstäbchen und Glückspapier, seriösere Kaufleute boten den müden und halb verhungerten Reisenden Wasser, Tee und Nudeln an. Jack schlängelte sich zwischen ihnen hindurch und versuchte Yamato einzuholen.
»Eile mit Weile!«, rief ein Straßenhändler und streckte Jack ein Glückspapier hin.
Jack rannte an ihm vorbei.
Yamato war bereits in den Wald eingetaucht, der die unteren Ausläufer des Bergs bedeckte. Der Weg wand sich hangaufwärts und verschwand immer wieder hinter Bäumen. Auch Jack erreichte den Wald. Der kühle Schatten tat ihm gut. Sein Herz hämmerte, doch er rannte weiter, so schnell er konnte, um Yamato einzuholen. Der Weg führte immer steiler hinauf. Jack lief um eine Kurve und sah Yamato vor sich. Yamato war langsamer geworden.
Wahrscheinlich konnte er Yamato überholen, sobald der Weg wieder geradeaus führte. Jack beschleunigte noch einmal, rannte um eine Kurve und prallte mit voller Wucht gegen einen großen, weichen Bauch. Er taumelte zurück und landete unsanft auf dem steinigen Boden.
»He, nicht so schnell, junger Samurai«, rief ein korpulenter Mönch in einer safrangelben Kutte und rieb sich seinen ausladenden Bauch.
»Entschuldigung«, keuchte Jack. Er rappelte sich eilig auf und klopfte sich ab. »Aber ich muss jemanden einholen … es geht um die Ehre.«
Er verbeugte sich hastig und lief weiter.
»Nein, die Jugend von heute, kann die Erleuchtung kaum erwarten … Buddha wartet!«, rief der Mönch ihm freundlich nach.
Jack bog um die letzte Kurve und lief durch das Tor der Deva-Könige. Vor sich sah er Yamato. Jack warf den beiden großen Löwenhunden, die den Eingang gegen das Böse schützten, einen flüchtigen Blick zu und rannte an überraschten Pilgern vorbei die steinerne Treppe hinauf und durch ein zweites Tor zur dreistöckigen Pagode. Sie war tiefrot angemalt und hob sich deutlich vom trüben Braun der übrigen Gebäude ab.
Von dort lief er zur Haupthalle, einem mächtigen Gebäude, das die ganze Tempelanlage beherrschte. Yamato war nirgends zu sehen.
Er durchquerte einen kleinen Tempel, über dessen Decke sich ein lebhaft gemalter jadegrüner Drache wand, und gelangte durch ein weiteres, von Löwenhunden bewachtes Tor in das äußere Heiligtum der Haupthalle. Zwischen auf dem Boden liegenden, betenden Pilgern hindurch steuerte er geradewegs auf das innere Heiligtum zu.
Dort begegnete er nur einigen Mönchen, die ihn – einen verschwitzten, keuchenden Gaijin – mit einem verwirrten Lächeln musterten. Das innere Heiligtum war dunkel und kühl und im Unterschied zu anderen Tempeln mit Blattgoldbildern Buddhas geschmückt, die
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