Samurai 2: Der Weg des Schwertes (German Edition)
Südlichen Zen-Gartens gerückt hatte, schoss er noch weiter daneben. Wenn er aber nicht traf, wie sollte er es dann je schaffen, eine Kerze mit einem Pfeil auszulöschen?
Dazu kam, dass Kazuki und seine Freunde sich über seine gescheiterten Versuche lauthals lustig machten, um ihn vollends zu verunsichern.
Seine Lehrerin bemerkte seine Schwierigkeiten. Sie kam näher und betrachtete ihn prüfend mit ihren Falkenaugen.
»Entspanne dich, Jack-kun«, sagte sie, nachdem er seinen Bogen abgelegt hatte und wieder in der Reihe der Schüler kniete. »Das Ziel zu treffen ist unwichtig.«
»Für mich schon«, beharrte Jack. »Ich will die Prüfung bestehen.«
Sensei Yosa musste über seinen Eifer lächeln. »Du hast mich falsch verstanden. Du darfst nicht daran denken, dass du das Ziel treffen musst. Erst wenn der Schütze nicht an das Ziel denkt, kann sich die Kunst des Bogenschießens entfalten.«
Jack runzelte verwirrt die Stirn. »Aber dann treffe ich das Ziel doch erst recht nicht.«
Sensei Yosa schüttelte den Kopf. »Die Kunst des Bogenschießens ist nichts Geheimnisvolles, Jack-kun«, fuhr sie fort. »Ihr Geheimnis enthüllt sich wie bei jeder Kunst durch Hingabe, harte Arbeit und ständiges Üben.«
Aber ich übe doch schon ständig, hätte Jack am liebsten gesagt, und trotzdem mache ich offenbar keine Fortschritte.
Später am Tag hatten sie Unterricht in Origami. Jack hatte gerade seinen fünften Versuch zusammengeknüllt und auf den Boden geworfen.
Die Schüler saßen konzentriert im Schneidersitz auf ihren Kissen in der Buddha-Halle. An diesem Tag galt die Übung einem Frosch und man hörte nur das leise Rascheln der vielen Blätter Papier, die gefaltet wurden.
Sensei Yamada ließ die Klasse wieder über Origami meditieren und hatte erneut die Frage gestellt: »Was lehrt Origami uns?« Noch hatte keiner ihm eine befriedigende Antwort gegeben.
»Sieh zu, wie ich es mache, Jack«, sagte Yori und wandte sich Jack zu, damit dieser seine Hände beobachten konnte.
Jack versuchte es erneut, riss aber nur ein Loch in das dünne Papier. Er fluchte laut auf Englisch. Yori sah ihn verwirrt an und Jack lächelte entschuldigend.
»Wie soll ich je Sensei Yamadas Prüfungsfrage beantworten, wenn ich keinen Papierfrosch falten kann?« Er nahm sich ein neues Blatt von dem Stapel vor ihm.
»Ich glaube, es ist egal, ob du das kannst oder nicht«, erwiderte Yori freundlich. »Es geht nicht um den Frosch. Weißt du noch, was Sensei Yamada gesagt hat? Die Antwort liegt im Papier.«
Er sah seinen perfekten Papierfrosch bewundernd an und stellte ihn auf den Boden neben die nicht weniger vollkommenen Tiere, die er bereits gefaltet hatte – einen Kranich, einen Schmetterling und einen Goldfisch.
»Aber das Falten hilft bestimmt, die Antwort zu finden«, sagte Jack niedergeschlagen und wedelte mit dem Bogen Papier durch die Luft. »Warum sollten wir sonst Origami üben? Ich komme einfach viel zu langsam voran.«
Er machte sich große Sorgen um seine Aussichten bei den bevorstehenden Prüfungen. Es gab im Kreis der Drei nur fünf Plätze, und wenn er die Prüfungen nicht bestand, bekam er keinen davon und wurde auch nicht in der Technik der beiden Himmel unterrichtet.
»Beurteile den Tag nicht nach dem, was du erntest«, sagte eine ruhige Stimme an seinem Ohr.
Sensei Yamada war neben ihn getreten. Er beugte sich hinunter, nahm ihm das Blatt aus der Hand, knickte und faltete es vor Jacks Augen und verwandelte es in eine zarte Rosenblüte.
»Beurteile ihn danach, was du aussäst.«
»Du hast einfach eine schlechte Woche«, sagte Akiko am Abend desselben Tags tröstend zu Jack.
»Aber ich treffe die Zielscheibe beim Bogenschießen schon seit fast einem Monat nicht mehr.« Halbherzig spießte Jack mit seinem Essstäbchen ein Stück Sushi auf. Dann fiel ihm ein, dass sich das nicht gehörte, und er legte es wieder hin.
»Du musst dich einfach noch an die Entfernung gewöhnen«, versuchte auch Yamato ihm Mut zu machen. »Weißt du nicht mehr, wie erfolgreich du beim Schulwettbewerb im Bogenschießen warst? Du kannst es doch eigentlich!«
»Du hast wahrscheinlich Recht«, gab Jack zu und legte seine Stäbchen weg. »Ich habe einfach das Gefühl, als würde ich nicht weiterkommen. Sogar im Schwertkampf kritisiert Sensei Hosokawa ständig an mir herum und verbessert jeden kleinsten Fehler. Egal wie sehr ich mich anstrenge, ich werde irgendwie nicht besser.«
»Aber du hast gehört, was Sensei Yamada gesagt hat«,
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