Samurai 2: Der Weg des Schwertes (German Edition)
Jack. »Und sag zu Jack nicht Gaijin, sonst bekommst du es auch mit mir zu tun.«
Eine Pause entstand. Der Junge sah ängstlich zwischen ihnen hin und her und wartete ab, wer als Nächster die Initiative ergreifen würde.
»Du wirst noch bereuen, dass du die Nase in unsere Angelegenheiten steckst«, sagte Hiroto drohend und bohrte Jack seinen dünnen Finger in die Brust. Er gab Goro einen Wink und die beiden gingen.
»Alles in Ordnung?«, fragte Jack, nachdem die beiden Mitglieder der Skorpionbande weg waren.
Der Junge schnaubte, unterdrückte ein Schluchzen und hielt sich den schmerzenden Kopf. Dann sah er mit rot geweinten Augen zu Jack hinauf. »Die sagen, ich sei ein Verräter«, sprudelte es aus ihm heraus, »ich sei kein Japaner mehr und nicht wert, Samurai genannt zu werden. Und ich würde bestraft, wenn ich meinem Glauben nicht abschwöre.«
»Was haben sie denn dagegen, dass du Buddhist bist?«, fragte Jack.
»Ich bin nicht nur Buddhist. Meine Familie ist letztes Jahr zum Christentum übergetreten.«
Jack starrte den Jungen sprachlos an. Zwar kannte er die immer zahlreicheren Gerüchte, dass Christen verfolgt und Ausländer aus Japan vertrieben würden, doch hatte er bisher immer angenommen, dass die Verfolgung sich nur gegen ausländische und nicht gegen japanische Christen wandte. Wenn es schon innerhalb der Schule zu solchen Übergriffen kam, konnte er nur ahnen, wie schlimm es im Rest des Landes stand. Der Fußmarsch zum Ida-Gebirge erschien ihm auf einmal nicht mehr als verlockende Vorstellung – er begab sich damit in Lebensgefahr.
37
Die erste Herausforderung
Der Regen stach wie mit Nadeln.
Die einspurige, durch Pferdehufe und Fußgängerverkehr aufgewühlte Straße war ein einziger Morast und sie kamen nur im Schneckentempo voran. Am Himmel über den hohen Bäumen, die die Straße säumten, waren schwarze Wolken aufgezogen und die Abenddämmerung war vorzeitig hereingebrochen. Unter den Reisenden, die über den bewaldeten Gebirgspass zur Stadt Iga Ueno unterwegs waren, machte sich Unruhe breit. In den dunklen Winkeln des Waldes lauerten von wilden Ebern bis zu Wegelagerern viele Gefahren.
Erschöpft trotteten die Schüler hinter Masamoto und Sensei Hosokawa her, die vorausritten. Zwar nahmen nur sechs von ihnen am Kreis der Drei teil, doch waren Freunde und Helfer eingeladen worden, die Teilnehmer zu begleiten. Die halbe Schule hatte sich der Expedition angeschlossen. Viele bereuten die Entscheidung inzwischen.
Plötzlich brach etwas aus dem Unterholz und flog auf Sensei Hosokawa zu.
Das Schwert des Sensei blitzte im Dämmerlicht auf.
Abrupt blieb es jedoch in der Luft stehen. Ein schwarz gefiederter, an ein Huhn erinnernder Vogel flog über sie hinweg. Er würde nie erfahren, dass er soeben nur knapp dem Tod entgangen war.
Masamoto lachte. »Haben Sie Angst vor einem alten Vogel, mein Freund? Oder wollten Sie ihn zum Abendessen erlegen?«
Jack sah, dass auch Sensei Yosa nach ihrem Bogen gegriffen hatte und ihn jetzt vorsichtig entspannte und den Pfeil wieder in den Köcher steckte. Von den Lehrern war nur Sensei Kano ruhig geblieben. Er hatte offenbar von Anfang an gespürt, dass keine Gefahr drohte.
Jack ging schneller, bis er Akiko eingeholt hatte. »Warum sind die Lehrer so nervös?«, fragte er. Er selbst war nicht weniger angespannt. Zwar stand er unter dem Schutz Masamotos, doch fürchtete er, ein ahnungsloser, dem Daimyo Kamakura treu ergebener Samurai könnte versuchen, ihn mit bösen Worten oder Gewalt aus Japan zu vertreiben.
»Wir durchqueren Ninja-Gebiet«, flüsterte Akiko.
In Jacks Fantasie bekamen auf einmal alle Schatten des Waldes Augen. Er meinte, aus den Augenwinkeln eine Bewegung im Wald zu sehen, doch handelte es sich nur um einen schwankenden Ast. Auch Yamato, Saburo, Yori und Kiku, die hinter ihnen gingen und ihrem Gespräch zugehört hatten, sahen sich beunruhigt um. Der kleine Yori war so weiß wie ein Leintuch.
»Diese Gegend ist die Hochburg der Iga-Clans«, fuhr Akiko leise fort. »Als Nobunaga die Ninja vor dreißig Jahren vernichten wollte, fanden sie hier Zuflucht. Nobunaga kämpfte mit über vierzigtausend Soldaten gegen viertausend Ninja, doch die Ninja überlebten. Irgendwo in diesen Bergen versteckt sich auch Dokugan Ryu.«
»Woher weißt du das alles?«, fragte Jack.
»Vom Hörensagen, aus Erzählungen, von den Lehrern …«
Akiko brach ab und zeigte nach vorn. »Seht mal, wir sind fast da. Hakuhojo, die Burg des weißen Phönix.«
Durch
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