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Samurai 2: Der Weg des Schwertes (German Edition)

Samurai 2: Der Weg des Schwertes (German Edition)

Titel: Samurai 2: Der Weg des Schwertes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Bradford
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fühlten sich auf einmal bleiern schwer an.
    »Steigt auf den Berg und die Erleuchtung ist euer«, hatte der Priester gesagt.
    Jack wollte nicht mehr erleuchtet werden. Er wollte nur noch ein warmes, trockenes Bett. Seine Beine gingen wie von selbst immer langsamer.
    Er war dieser Aufgabe nicht gewachsen. Wie sollte er in völliger Dunkelheit den nassen, schlüpfrigen Weg finden? Wie sollte er mit nichts als dem schwachen Licht der Papierlaterne und einem kleinen Buch mit Wegbeschreibungen zu zwanzig Schreinen eine Strecke zurücklegen, die einer Kanalüberquerung von England nach Frankreich entsprach? Abkürzen konnte er nicht, da er die Schreine in einer festgelegten Reihenfolge aufsuchen und sein Buch als Beweis dafür an jeder Station mit einem in Tinte getauchten Holzklotz stempeln musste.
    Jack wünschte sich einen Begleiter, der ihm Mut einflößte, aber man hatte die Teilnehmer hintereinander losgeschickt, getrennt durch die Zeit, in der ein Räucherstäbchen herunterbrannte. Er war mit seiner Verzweiflung allein.
    Ob ohne Essen und Schlaf überhaupt jemand rechtzeitig zum Hauptschrein des Tempels zurückkehrte, bevor das erste Licht der Morgendämmerung auf die Augen des hölzernen Buddhas schien?
    Jack wurde immer verzweifelter. Seine letzte Widerstandskraft schwand dahin. Da stieß er mit dem Fuß gegen etwas Hartes und stürzte.
    Erschöpft fiel er auf die Knie.
    Seine Laterne, die trotz des Wolkenbruchs wunderbarerweise immer noch brannte, beschien einen alten, moosbedeckten Grabstein. Jack hatte entlang des Weges schon viele solche Gräber gesehen. Jedes markierte das tödliche Ende eines Mönches, der seine Pilgerreise nicht vollendet hatte.
    Er sah auf den Strick um seine Hüften und das Messer an seinem Gürtel hinunter. Wenigstens drohte ihm dieses Schicksal nicht, auch wenn die Lage noch so aussichtslos schien.
    Er wollte aufstehen, hatte aber nicht mehr die Kraft dazu und blieb auf die Hände gestützt im Morast knien. Sein Körper hatte aufgegeben.
    Er hatte bereits bei der ersten Prüfung versagt.
    Er hatte keine Ahnung, wie lange er auf allen vieren im strömenden Regen kniete, doch plötzlich hörte er irgendwo in seinem Kopf die Stimme Sensei Yamadas: »Aufgeben kann jeder, Jack. Es ist die leichteste Sache der Welt. Aber durchzuhalten, wenn alle erwarten, dass man klein beigibt, das zeugt von wahrer Stärke.«
    Er klammerte sich an die Worte wie an eine Rettungsleine. Der Sensei hatte Recht. Er musste aufstehen und den Weg weitergehen, um ein richtiger Samurai zu werden. Nur so kam er dazu, die unschlagbare Technik der beiden Himmel zu lernen.
    Langsam kroch er durch den Morast.
    Er musste über die Schmerzen in seinen Beinen und Knien hinauswachsen.
    Er musste die körperliche Herausforderung bezwingen.
    Er dachte daran, dass die Aufgabe dieser einzigen Nacht nur für einen Tag der tausend Tage langen Pilgerreise stand, welche die Mönche als Teil ihrer geistlichen Ausbildung absolvieren mussten. Der Hohepriester hatte gesagt, dass seine Mönche über einen Zeitraum von sieben Jahren eine Strecke zurücklegten, die dem Umfang der Erde entsprach. Nur sechsundvierzig Mönche hatten diese außergewöhnliche Herausforderung in den vergangenen vierhundert Jahren gemeistert, doch der alte Priester war der lebende Beweis dafür, dass man es schaffen konnte. Er war der sechsundvierzigste Mönch. Wenn er tausend Tage dieser Strapaze durchhalten konnte, dann musste er, Jack, doch wenigstens einen überstehen.
    Er hob den Kopf. Der kalte Regen wusch ihm das Gesicht. In einiger Entfernung vor sich sah er im Schein seiner Laterne den fünfzehnten Schrein.
    Ohne ersichtlichen Anlass fiel ihm der Rat ein, den Sensei Yamada Yori gegeben hatte. Man soll keinen Elefanten zu Mittag essen.
    Jack musste lachen. Die Worte klangen so absurd. Doch jetzt verstand er sie.
    Vielleicht konnte er die Aufgabe bewältigen, indem er sie in kleinere Abschnitte unterteilte und diese dann Stück für Stück in Angriff nahm. Er konzentrierte sich auf den fünfzehnten Schrein als das erste Ziel in Reichweite. Ein wenig Kraft kehrte in ihn zurück und es gelang ihm aufzustehen. Unsicher ging er einen Schritt und dann noch einen. Jeder Schritt brachte ihn seinem nächsten Ziel, dem fünfzehnten Schrein, näher.
    Am Schrein angekommen, sprach er erfreut ein kleines Gebet. Die Worte erfüllten ihn mit Zuversicht. Mit neuer Entschlossenheit, die seine Schmerzen überdeckte, stempelte er das Buch und machte sich auf den Weg zum

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