Samurai 4: Der Ring der Erde (German Edition)
allen Seiten die Böschung herauf, strömten über den Hof und überwältigten die letzten Ninja. Weder Hanzo noch Soke waren zu sehen.
»Zu spät!«, rief Miyuki. Sie zerrte Jack in das Haus, in dem sich eine Handvoll Ninja verschanzt hatten. Hintereinander rannten sie den Gang entlang und ins Empfangszimmer. Miyuki eilte zum Podium. Im selben Augenblick brachen zwei Samurai durch eine Schiebetür. Der eine trug eine rote Gesichtsmaske mit einer Hakennase, der andere einen Helm mit zwei spitzen Hörnern.
»Endlich habe ich dich!«, fauchte der Angreifer mit den Hörnern.
Ungläubig starrte Jack ihn an. Er erkannte den Mann mit dem dicken Schnurrbart und den buschigen Augenbrauen sofort. Vor ihm stand der Samurai aus dem Gasthaus in Shono.
»Diesmal entkommst du mir nicht, Gaijin«, knurrte der Samurai und hob sein Langschwert.
Seite an Seite und mit erhobenen Schwertern stellten sich Jack und Miyuki ihren Gegnern.
Miyuki warf Jack einen grimmig entschlossenen Blick zu. »Jetzt geht’s ums Ganze!«
45
Feuer
Die beiden Samurai rannten auf sie zu. Doch dann griff auf einmal der mit der Gesichtsmaske seinen Anführer an. Blitzschnell schlug er ihm mit der Handkante gegen den Hals. Der Samurai brach bewusstlos auf dem Boden zusammen.
»Ein Handkantenschlag?«, murmelte Miyuki, mehr über die Schlagtechnik erstaunt als über ihr unerwartetes Glück.
Ihr Retter zog sich die Maske vom Gesicht. Darunter kam das Gesicht eines Mädchens zum Vorschein. Die langen schwarzen Haare waren noch unter dem Helm versteckt, doch Jack hätte dieses Mädchen immer und überall wiedererkannt: Zu sehr hatte sich ihm das Gesicht mit den halbmondförmigen, schwarzen Perlenaugen und den wie Rosenblätter geformten Lippen eingeprägt.
»Akiko!«, rief er verwirrt und glücklich zugleich.
Er eilte zu ihr und umarmte sie. Einen kurzen Moment lang trat die Schlacht in den Hintergrund und er war wieder in Toba.
»Auf ewig miteinander verbunden«, flüsterte Akiko ihm ins Ohr und erwiderte die Umarmung.
»Du kennst diesen Samurai?«, fragte Miyuki, ohne ihr Schwert zu senken.
»Das ist Akiko«, sagte Jack, als sei damit alles erklärt. »Meine beste Freundin.«
Akiko neigte respektvoll den Kopf, ohne Miyuki aus den Augen zu lassen.
Miyuki erwiderte die Verbeugung nicht. »Wir haben keine Zeit für Förmlichkeiten«, sagte sie. »Wir müssen hier weg.«
Das tiefe gegenseitige Misstrauen zwischen den beiden war sofort zu spüren. Einen Augenblick lang überlegte Jack, ob womöglich Akiko als Samurai dem Daimyo den Standort des Dorfes verraten hatte. Doch er vertraute ihr bedingungslos. Außerdem hätte Akiko nie das Leben ihres kleinen Bruders durch einen Massenangriff auf das Dorf riskiert.
»Ich könnte euch gefangen nehmen«, schlug Akiko vor, ohne sich von Miyukis unhöflichem Verhalten kränken zu lassen. Mit einem Blick auf Jack fügte sie hinzu: »Wie Sensei Kyuzo damals in der Burg von Osaka.«
Miyuki lachte nur. »Mich nimmt bestimmt kein Samurai gefangen.«
Jack überlegte. »Es würde uns wohl auch leider nichts nützen. Daimyo Akechi will uns töten, vor allem mich.«
»Aber ihr könnt nicht gegen tausend Samurai kämpfen«, wandte Akiko ein.
»Das brauchen wir auch gar nicht«, sagte Miyuki.
Jack sah sie fragend an. Was meinte sie? Eine Flucht als Samurai verkleidet kam nicht infrage. Sie saßen im Haus fest und hatten keine zweite Rüstung. Und Akechis Männer suchten inzwischen nach falschen Samurai.
»Du vertraust diesem Mädchen?«, fragte Miyuki.
»Rückhaltlos.«
»Dann muss ich das wohl auch.« Miyuki steckte ihr Schwert ein. »Folgt mir.«
Sie stieg auf das Podest. Der Kampflärm kam näher. Eine Gestalt taumelte in den Raum.
»Tenzen!«, rief Jack erleichtert. Er hatte schon geglaubt, Tenzen sei umgekommen.
Sein Freund war vom Kampf gezeichnet und blutete aus einer klaffenden Stirnwunde. Doch als er Akiko sah, hob er gleich seinen letzten Wurfstern.
»Nein!«, schrie Jack und sprang dazwischen. »Sie gehört zu uns.«
Tenzen sah ihn ungläubig an, doch Miyuki nickte bestätigend und er senkte den Arm.
»Wo ist Shonin?«, fragte Miyuki aufgeregt.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Tenzen unglücklich. Er drückte die Hand auf seine Wunde. »Ich habe dem Offizier noch das andere Auge abgehauen und mein Vater hat ihm den Kopf abgeschlagen. Danach wurden wir im Schlachtgewühl getrennt.«
»Und Soke?«, fragte Jack. »Hanzo?«
Tenzen trat hinkend zu ihm und legte ihm tröstend und zugleich Halt
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