San Miguel: Roman (German Edition)
einem Schwert durchbohrt, früh aufgestanden und machte sich nun in der Küche zu schaffen, wo sie Mehl, Zucker, Butter und Eier für den Kuchen zusammensuchte. Ida hatte schon das Frühstück serviert, das die Männer am Esstisch im Salon gegessen hatten, obwohl sie es verboten hatte oder meinte, es verboten zu haben, und jetzt wischte sie dort mit dem Mop den Boden. Alles war schlammverschmiert, und die Wände verströmten einen Geruch von Schimmel und Fäulnis und einer penetranten Feuchtigkeit, die kein Ofen je würde vertreiben können. Sie hatte Ida streng zurechtgewiesen, weil sie die Rancharbeiter im Haus hatte frühstücken lassen und weil der Teppich hoffnungslos verschmutzt war, nachdem sie darauf herumgetrampelt hatten. Ruiniert. Man konnte ihn nur noch wegwerfen.
»Schimpf doch nicht dauernd«, hatte Will in gehässigem Ton gesagt und Ida in Schutz genommen. Seine Augen waren wie Stecknadelköpfe gewesen, und die Nase in seinem wettergegerbten Gesicht hatte auf sie gezielt. »Du kannst doch wohl nicht erwarten, dass die Männer ihre Teller bei diesem Wetter hinüber in die Baracke tragen. Das ist unvernünftig. Schlimmer: Es ist unmenschlich.« Sie hatte sich herabgesetzt und in die Enge getrieben gefühlt und es ihm sogleich zurückgegeben: »Unmenschlich? Und wie nennst du das, wenn man diesem armen Mädchen sein Tier zum Abendessen vorsetzt? Oder deiner eigenen Frau zumutet, wie eine Zigeunerin in einem Wohnwagen zu leben? Sag mir das.«
Sie selbst hatte ihr Frühstück – Tee, Toast und etwas Marmelade – auf ihrem Zimmer eingenommen und dabei in ihr Tagebuch geschrieben, als gäbe es von irgend etwas anderem zu berichten als Regen und Mühsal, aber sobald die Männer wieder draußen waren, ging sie hinunter in die Küche. Der Herd war noch heiß, immerhin. Das Wasser im Kessel kochte bald, und sie brühte sich einen zweiten Becher Tee mit zwei gehäuften Teelöffeln Zucker (und warum auch nicht – es war ja nicht gerade so, als müsste sie auf ihr Gewicht achten), und das hob ihre Stimmung. Natürlich befand sich alles, was sie brauchte, sei es eine anständige Rührschüssel oder ein Messbecher oder ein Schneebesen, um die Eier zu schlagen, entweder in Santa Barbara oder, bedeckt von Mäusekot, in irgendeinem schmutzigen Winkel, doch sie trieb eine passende Backform auf und fettete sie mit der Butter ein, die Ida vorgestern gemacht hatte. Dann nahm sie eine Steingutschüssel und eine Teetasse, um die Mengen abzumessen, und machte sich ans Werk.
Sie war gerade dabei, mit einem Suppenlöffel eine Tasse Butter und knapp zwei Tassen Zucker schaumig zu rühren, als Ida, Mop und Eimer in den Händen, die Tür zur Küche aufstieß. »Guten Morgen, Ma’am«, sagte sie fröhlich und musterte die Backform, während sie zur Ecke ging und den Mop abstellte. Der Regen ließ für einen Augenblick nach, setzte dann aber wieder ein, mit einem dumpfen Schlag, als wäre ein Baum auf das Haus gefallen, dabei war das unmöglich, denn die Spanier hatten schon vor hundert Jahren den letzten Baum der Insel gefällt, und in der Zwischenzeit hatten die Schafe dafür gesorgt, dass alles, was länger als zehn Zentimeter war, bis auf die Erde abgefressen wurde. Oder vielmehr bis auf den Schlamm. Im nächsten Augenblick öffnete Ida die Hintertür, und das Rauschen des Regens und der ekelerregende Gestank des überfließenden Außenklos, das jetzt nur noch zweihundert Meter vom Haus entfernt stand, drangen herein. Als sie den Eimer mit dem Schmutzwasser auf dem Hof ausleerte, wollte sich der bis auf die Haut durchnässte Hund an ihr vorbei in die Küche schleichen, doch sie schlug ihm die Tür vor der Nase zu.
Marantha stand an der Arbeitsfläche – ein getünchtes Brett, das an der Wand befestigt und mit zwei nachlässig am Boden festgenagelten Latten abgestützt war – und wandte kaum den Kopf. Als nächstes kamen die Eier, die sie im ersten Morgenlicht gesammelt hatte. In Wills riesigem Regenmantel war sie gebückt einhergegangen, der Regen hatte auf ihren Rücken getrommelt, und die Hühner hatten unter dem Stall und den Stufen zur Baracke gehockt und trübselig zu ihr aufgesehen. Sie brach drei Eier auf und rührte sie sorgfältig unter, bevor sie nach und nach das Mehl hinzufügte. Sie fühlte sich gut, tüchtig und gesund, und war so versunken in ihre Tätigkeit, dass sie Ida und die Tatsache, dass der Kuchen eine Überraschung sein sollte, vollkommen vergaß.
»Was machen Sie da – ein Omelett?« Idas
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