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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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freut mich.« Sie strahlte und trank wieder. »Ich befürchtete, dass Ihr versuchen würdet, mich zurück nach Rom zu schicken.« Rasch erzählte sie, was es Neues gab und welches Quartier die Schwesternschaft bezogen hatte. »Aber eine Nachricht können wir wohl nicht senden. Ich wüsste nicht, wie wir dem Boten erklären sollten, wo sich dieses Landgut befindet.«
    »Dann sollten wir uns beeilen, den Comte zu finden«, sagte er und setzte sich aufs Bett. Der Schlaf lockte ihn, und mit Judith an seiner Seite dürfte er es sich sogar erlauben, die Augen richtig zu schließen, die ständige Wachsamkeit für ein paar Stunden aufzugeben. »Sein Schiff ist noch nicht da.«
    »Die Fortuna?«, fragte Judith. »Doch, sie ist eingelaufen, gerade vorhin. Ich habe mich erkundigt, und ein Matrose sagte, der Comte sei auf der Insel Gorgona ausgestiegen und habe auf ein weiteres Schiff gewartet. Wohin er von dort wollte, wusste er nicht.«
    »Hatte er ein Kind bei sich?«
    »Ein Kind und eine Frau, Monsieur, die sich um es kümmerte«, berichtete sie ihm.
    Jeans Zuversicht sank und wich Verzweiflung. Er würde keinerlei Spuren finden. Ein Segler könnte den Comte von Gorgona aus überallhin bringen, von Nordafrika bis nach Spanien oder in einen Hafen, von dem aus regelmäßig Schiffe nach Nord-oder Südamerika in See stachen. »Unendliche Möglichkeiten«, sagte er niedergeschlagen und schloss die Lider. Die Verzweiflung würde ihm die Albträume nicht nehmen, an denen er früher schon gelitten hatte und die ihn seit seinem Aufbruch aus Rom wieder quälten. Mal wurde er von einem Loup-Garou gejagt, dann hetzte er selbst als Bestie durch die Straßen und riss Menschen wie Vieh. Beinahe jede Nacht erwachte er einmal, Angstschweiß auf der Stirn und mit rasendem Herzen.
    »Monsieur, seid Ihr krank?« Judith legte ihm prüfend ihre Hand auf die Stirn.
    »Ein Fieber, das ich mir in einem der morastigen Dörfchen nach einem Mückenstich eingefangen habe«, antwortete er, ohne die Augen zu öffnen. Alles an ihm kratzte und juckte fürchterlich, er schwitzte wie ein Schwein. Jean hörte, wie sie aufstand.
    »Ich besorge ein paar Kräuter, die dagegen helfen. Haltet durch, Monsieur.« Ihre Schritte wanderten zur Tür hinaus, und sie verschwand.
    Jean döste ein, und die Bilder kehrten zurück. Jetzt jagte er die Seraph durch einen finsteren Wald, sie war nackt und verführerisch hübsch, und er wollte mehr, als sie nur töten … Stöhnend erwachte er aus seinem Schlummer – und erblickte Judith.
    »Ihr habt Albträume, Monsieur. Aber macht Euch keine Gedanken: Fieber ist nun mal eine Qual für den Körper und die Seele.« Sie war unbemerkt von ihm zurückgekehrt und rührte gerade Kräuter in einen Topf mit heißem Wasser. »Bald werden wir es lindern.«
    »Sie machen mich rastlos«, sagte er heiser und stand auf. »Ich bilde mir ein, dass die Träume nicht eher enden, bis ich den Comte endlich tot zu meinen Füßen liegen sehe.« Er sah sie nicht an, weil er immer noch ihren nackten Leib vor Augen hatte. So anziehend, so begehrenswert. Um sich davon abzulenken, sagte er schnell: »Wir werden der letzten Spur folgen, die uns geblieben ist.«
    Judith seihte den Trunk durch ein grobes Sieb in einen Krug, goss etwas von der trüben Flüssigkeit in einen Becher und reichte ihn Jean. »Bitte sehr, Monsieur. Das vertreibt zumindest das Fieber. Vielleicht auch die Albträume.« Sie lächelte aufmunternd, und er trank. Es schmeckte gut. »Welche Spur, Monsieur?«
    Er atmete tief ein. »Wir reisen nach Montpellier und von dort nach Norden, in seine Heimat. Wir werden mit seinem Vater sprechen, dem Marquis de Saint-Alban. Er half mir schon einmal, vielleicht …« Jean schwieg. »Aber vielleicht finden wir vorher schon einen Hinweis.«
    Judith sah ihn abwartend an.
    »In der Nähe von Villefort hat der Comte ein eigenes Schloss. Es liegt eingebettet im südlichen Teil des Waldes von Mercoire«, erklärte er. »Da schauen wir zuerst vorbei, danach besuchen wir den Marquis. Ich lasse den Comte nicht mit dem Kind entkommen.« Er trank den Sud aus. Mit jedem Schluck fühlte er seine Zuversicht zurückkehren. »Gib mir mehr davon, Judith. Es scheint, als würde es helfen.«

    1. Juni 1768,
in der Nähe von Villefort, Südfrankreich
    Jean und Judith ritten durch den dichten, finsteren Wald von Mercoire. Die Wege glichen mehr Trampelpfaden und waren alles andere als gut. Abseits der schmalen Schneisen lauerte dunkelgrüne Wildnis, durch die es mit einem

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