Sanctum
es Sinn machte, den vollkommen zerstörten Cayenne zu starten, selbst. Also musste er laufen. Eric fiel in einen lockeren Trab, raus aus Saugues, bis er von Weitem die Wagenburg sah, die der Zirkus mit seinen Tiefladern errichtet hatte. Eine Taktik hatte er sich nicht zurechtgelegt. Er würde Isis suchen und sie zur Rede stellen. Es musste einfach so sein, wie es ihm in St. Petersburg durch den Kopf geschossen war: Eine Horde unterschiedlicher Wandelwesen konnte sich am besten in einem verdammten Zirkus verstecken. Nur: Warum taten sie es? Wie tarnten sie sich, oder wusste der gesamte Zirkus über sie Bescheid? Waren sie am Ende gar Gefangene und wurden vom Direktor gezwungen, Kunststücke in der Manege zu vollführen?
Und die wichtigste Frage: Wenn sich seine Theorie bewahrheitete und tatsächlich diese Wandelwesen die Schuldigen am Überfall auf Rotondas Truppe waren – was zur Hölle wollten sie mit dem Welpen?
Eric näherte sich dem ersten Wohnwagen. Er suchte nach Anhaltspunkten, wie er die Unterkunft der hübschen Frau erkennen konnte. Es stellte sich als sehr einfach heraus: Ihr Name stand neben der Tür.
Eric sog die Luft ein und witterte Raubtiere. Ziemlich viele unterschiedliche Raubtiere. Das könnte sein spannendster und gefährlichster Kampf überhaupt werden … und danach würde er ins Hotel zu Severina gehen und das Jesusblut schlucken, damit der Fluch endete.
Er drehte den in die Tür versenkten Griff, es klackte und die Tür öffnete sich. Lautlos betrat er den Wohnwagen, orientierte sich kurz und sah in dem Bett am gegenüberliegenden Ende die Umrisse einer Frau. Die Brust hob und senkte sich gleichmäßig.
Er legte die Pistole auf Isis an, die freie Hand zog den Silberdolch. Langsam näherte er sich und warf sich dann mit einem Sprung auf sie, so dass er auf ihrer Brust saß und ihre Arme mit den Beinen gegen die Matratze drückte.
Isis riss die Augen auf und öffnete den Mund.
»Still!«, zischte Eric und hielt ihr die Pistole unters Kinn. »Tut mir Leid, dass ich Ihre Nachtruhe stören muss, aber ich habe ein paar Fragen an Sie.«
Sie nickte langsam.
»Frage eins.« Er hielt den Silberdolch gegen ihre Wange. Als nichts geschah, kniff er den Mund zusammen. Eigentlich hätte ein Zischen zu hören sein müssen.
»Was soll das, Simon?«, fragte sie entrüstet. »Auf dem Flughafen in Plitvice sahen Sie gar nicht so verrückt aus.«
Erics Gedanken rasten. Er hatte so fest damit gerechnet, dass Isis eine von ihnen war, dass er jetzt nicht wusste, was er tun sollte. »Ich … ich suche einen Welpen«, begann er. »Und ich vermute, dass er sich im Zirkus Fratini befindet.«
»Ich verstehe nicht, was Sie meinen.«
So kam er nicht weiter. Isis würde dieses Spiel bis zum Morgengrauen spielen. »Nicht bewegen.« Eric steckte den Silberdolch weg und öffnete das Seitenfenster, um kalte Winterluft hereinströmen zu lassen, dann holte er tief Luft, legte den Kopf in den Nacken und jaulte laut in die Nacht hinaus.
Ein helles, feines Heulen erklang zur Antwort, gefolgt von einem Kläffen. Der Welpe konnte nicht allzu weit entfernt sein.
Eric richtete seine Augen triumphierend auf die Frau. »Wie viele Wandelwesen sind in diesem Zirkus?«
Isis starrte ihn feindselig an. »Sie sind einer von denen, die sie jagen und abknallen.«
»Das tue ich seit meinem achtzehnten Lebensjahr.« Er verstärkte den Druck auf ihre Oberarme. »Und ich bin verdammt gut. Also, wie viele von ihnen sind hier untergetaucht? Und was habt ihr mit dem Welpen …«
Etwas Schweres landete auf dem Dach, der Wagen schwankte, Eric hörte ein warnendes Grollen. Vorsichtshalber zog er seine zweite Pistole. »Das hier ist Silbermunition«, rief er. »Kommt mir nicht zu nahe. Ich will nur den Welpen.« Er erkannte tierhafte Gestalten zwischen den Wohnwagen. Sie rannten im Zickzack auf den Wohnwagen zu. Das Rudel kreiste sein Opfer ein.
»Sie werden nicht genügend Munition haben«, sagte Isis. »Reden wir über den …«
Eric spürte, dass der Wagen wieder wankte, dieses Mal stärker als vorher. Eine Pistole weiterhin auf Isis gerichtet, schwenkte er den anderen Arm zum Eingang, durch den sich in diesem Moment eine Furcht einflößende Gestalt schob: Ein Eisbär ging mit geöffneter Schnauze und entblößtem Gebiss auf ihn los!
Es gelang Eric gerade noch, zweimal abzudrücken, dann warf sich der schwere Körper gegen ihn und schleuderte ihn von Isis herunter.
Gemeinsam brachen sie durch die Plexiglasscheibe, rissen ein großes
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