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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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vom weiten Schlag einer dunkelbraunen Cordhose fast verdeckt wurden. Anscheinend spürte sie, dass jemand sie beobachtete. Severina sah sich um; dann entdeckte sie ihn, runzelte verwundert die Stirn und strahlte ihn dann an. Doch trotz dieses herzlichen Zeichens des Wiedererkennens zuckte Eric kurz zusammen. Was ihn erschreckte, waren das Veilchen, das Severina um ihr linkes Auge trug, das Pflaster auf der Stirn und die gesprungene, geschwollene Lippe. Die eindeutigen Zeichen einer Schlägerei.
    »Eric!« Mit einem hinreißenden Lächeln kam sie auf ihn zu, ignorierte seine ausgestreckte Hand und umarmte ihn. Drei Küsse, zwei links, einen rechts, eine flüchtige Berührung seines Oberkörpers. »Ich hätte dich fast nicht erkannt«, sagte sie fröhlich. Sie freute sich sichtlich, ihn wiedergefunden zu haben. »Blond steht dir nicht.«
    »Danke für die Ehrlichkeit«, gab er lächelnd zurück und glaubte, ein dünnes Band der Verbundenheit zwischen ihnen zu bemerken, von dem er selbst nicht so genau wusste, woher es rührte. Vielleicht entsprang es der Sorge, die ihm ihr Anblick bescherte. Eine unbestimmbare Vertrautheit, die über die gemeinsamen Sexerlebnisse hinausging. Apropos: Er hatte bei der Umarmung deutlich gespürt, dass sie noch immer keinen Büstenhalter trug. Auch wenn ihr schwarzer Rollkragenpullover sehr dick war, spürte er doch den Unterschied.
    »Severina, Sie sehen …« Nach wie vor umwerfend aus, hatte er sagen wollen, starrte aber auf ihre Blessuren. »… ramponiert aus. Was ist geschehen?«
    Ihre Heiterkeit wich, und sie senkte die Stimme. »Ein Exfreund. Wegen dem Arsch musste ich schnellstens aus München verschwinden. Er hat wenig Hirn und versteht das Wort Nein nicht, wenn es um Frauen geht.« Sie räusperte sich. »Ich will nicht überdramatisch klingen, Eric, aber du hast mir mit den zwanzigtausend Euro wirklich das Leben gerettet. Ohne die hätte ich mir diese … diese Flucht nicht leisten können. Wer weiß, was das Arschloch noch alles mit mir gemacht hätte, wenn ich ihm noch einmal in die Finger geraten wäre. Er kennt alle meine Schlupflöcher.« Severina sah ihn sehr ernst an. »Wenn ich mich irgendwann dafür revanchieren kann, dann bitte, ruf mich an, okay?«
    »Ja«, stimmte er sofort zu. »Und geben Sie mir auf jeden Fall seine Adresse in München. Ich werde ihn bei Gelegenheit mal besuchen.«
    »Nein, nicht nötig. Er verschwindet von selbst, wenn er mich nicht finden kann.« Sie schüttelte den Kopf und zwang sich zu einem Lachen. »Und außerdem flüchte ich nicht nur, ich lerne auch. Rom, die Stadt der Museen! Gibt es einen besseren Ort für eine Kunststudierende?«
    Eric fühlte noch immer das dringende Bedürfnis, den Exfreund zu verprügeln. Eine solche Behandlung hatte keine Frau verdient – es sei denn, es handelte sich um ein Werwesen. »Außer der Universität oder einem Atelier, wahrscheinlich nicht.«
    »Es laufen derzeit zwei Ausstellungen von modernen Künstlern, die ich unbedingt besuchen will.« Severina atmete tief ein und berührte seinen Oberarm. »Ach, schön, dich zu sehen.« Betont lässig schaute sie zu Emanuela, ihre linke Augenbraue und das Pflaster wanderten in die Höhe, eine Mischung aus Verwunderung und stummer Frage.
    »Das ist meine Schwester«, erklärte Eric.
    »Ist sie das?«
    »Ich bin der Attraktive in unserer Familie.«
    Emanuela blieb ungerührt und schaute an ihnen vorbei ins Nirgendwo.
    »Das sehe ich«, flüsterte Severina zurück und sah über den Rand ihrer modisch altmodischen Brille. In den blauen Augen funkelte plötzlich der Schalk. »Was habt ihr in Rom angestellt? Den Papst besucht?«
    Jetzt hob Emanuela den Kopf und bereitete sich vor, ihre entsprechende Erwiderung auf eine religiöse Unverschämtheit abzufeuern.
    »Nein, wir waren shoppen«, griff Eric ein, bevor sich die Nonne verriet. »Und erst anschließend beim Papst. Sie ist sehr gläubig und mag es nicht, wenn man Witze über den Heiligen Vater macht.«
    »Oh, ich verstehe.« Severina beugte sich vor, ihr Geruch hüllte ihn verlockend ein. »Hast du einen Moment Zeit? Wir gehen ein Stockwerk höher und ich lade dich auf einen Kaffee ein. Die da«, sie nickte in Emanuelas Richtung, »kann auf dein Handgepäck aufpassen.«
    Eric verstand, auf was sie ihn eigentlich einladen wollte. Eine rasche Nummer, heimlich irgendwo auf einer Toilette oder in einer der Umkleidekabinen der Flughafenboutiquen. Ohne Lena wäre er Severina sofort und überallhin gefolgt, schon allein um

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