Sanctum
Fingers über Gregoria verfügte.
»Vor keinem einfachen Mann und keinem König«, antwortete er und zeigte mit hocherhobenem Kopf deutlich, dass er nicht gewillt war, übergroßen Respekt zu bekunden. »Noch vor einem Sünder.«
»Nun, ich versündige mich nicht im Geringsten, Monsieur Chastel. Ich handele nach dem Willen Gottes, wenn ich mich für Neuerungen stark mache, so wie es unser Herr Jesus Christus vor mir getan hat. Er vertrieb die falschen Priester aus dem Tempel seines Vaters und zeigte den Menschen einen neuen Weg zum einzig wahren Gott.«
»Also meint Ihr, das Gegenteil eines Sünders zu sein?«
Impegno lehnte sich zurück. Gregoria erhob sich und machte zwei Schritte zurück. Sie stand nun genau zwischen dem Kardinal und Jean. Die Anspannung im Raum war beinah greifbar.
»Vielleicht habt Ihr Recht, Monsieur Chastel«, antwortete Impegno nach einer Weile auf die Herausforderung. »Männer wie Ihr und ich eignen sich nicht zu Heiligen. Aber es ist meine Aufgabe und heilige Pflicht, neue Wege für den Glauben zu öffnen, weg von der Selbstverliebtheit der Kirche, für die sie bei den Menschen in Verruf gerät. Zu Recht, wie ich finde. Wir brauchen keine höheren, monumentaleren Kirchen, keine schöneren Gewänder für unsere Priester. Wir brauchen mehr Bescheidenheit und weniger Verblendung. Bei beidem stehen uns die Jesuiten und Rotonda im Weg.«
Jean nickte grimmig. Der Kardinal hatte ausgesprochen, was auch er in seinem Herzen fühlte. Bevor er jedoch etwas erwidern konnte, meldete sich Gregoria zu Wort.
»Ich bin geehrt, dass Ihr mich erwähltet, Eure Revolution zu tragen, Eure Eminenz«, sagte sie. »Doch Ihr müsst wissen, dass ich im Moment vor allen Dingen um das Leben meines Mündels Florence bange.« Sie beherrschte sich, um nicht vor lauter Sorge und Angst zu aufdringlich zu erscheinen. »Wir hatten sie fast schon, wir wussten, wo sie von Rotonda gefangen gehalten wurde, aber sie … Sie ist nun in der Engelsburg, fürchte ich. Bitte, Eure Eminenz, helft mir, sie zu befreien.« Sie verneigte sich vor ihm.
Impegno wandte ihr das maskierte Gesicht zu. »Ich habe für Euer Anliegen Verständnis, Äbtissin. Aber es ist mir nicht möglich, Euch diese Zusage zu machen, denn ich weiß nicht, wie schnell wir das Mädchen finden können. Wenn sie wirklich in die Engelsburg gebracht wurde, wird es sehr schwierig … doch lasst den Mut nicht sinken. Ich verfüge über Augen und Ohren im Lager des Feindes.« Er räusperte sich. »Dennoch dürfen wir dabei unser Ziel nicht aus den Augen verlieren.«
»Wie habt Ihr Euch das vorgestellt, Kardinal?«, fragte Jean.
»Monsieur, ich weiß, dass Ihr kein Freund der Kirche seid, und dennoch verlange ich etwas mehr Respekt von Euch«, herrschte ihn Lentolo vollkommen überraschend an. »Ich darf Euch erinnern, dass Ihr derjenige seid, der es sich am wenigsten erlauben darf, ohne einen Gönner zu sein. Abgesehen von Eurem Wissen um die Wandelwesen könnt Ihr nichts vorweisen, das uns glauben macht, Euch weiterhin zu benötigen.«
In Jean begehrte es gegen die Harschheit des Mannes auf, doch er zügelte sich.
»Ich danke Euch, Lentolo«, sagte Impegno. »Doch ist es nicht gerade der Widerspruchsgeist unseres französischen Freundes, der ihn zu unserem wertvollen Verbündeten macht?«
Zu Jeans Überraschung senkte Lentolo tatsächlich den Kopf. So sehr er sich auch dazu bringen wollte, den Mann mit der Maske kritisch zu betrachten – er nötigte ihm doch Respekt ab.
Andererseits sollte ihn gerade das wachsam bleiben lassen.
»Die Stärke der Jesuiten ist, dass sie und ihre Freunde überall sitzen. Wir werden den gleichen Weg gehen.« Impegno deutete auf Gregoria. »Lasst mich erklären, was ich meine, und ein Fenster in die Zukunft öffnen. Ihr werdet an die Spitze einer Schwesternschaft treten, die ihre Nonnen in alle Welt entsendet. Eure Schwestern werden die Jesuiten beobachten und über sie aufklären – und zwar die wahren Herrscher der Länder.« Ein Lächeln spielte um seine Lippen. »Euer Orden, Äbtissin, wird an die Höfe gehen und sich um die Frauen der Könige und Fürsten kümmern, um ihre Schwestern und Töchter. Auch wenn viele es nicht glauben wollen – wir wissen, dass sie Macht über ihre Männer, Brüder und Söhne ausüben, auf die eine oder andere Weise. So sorgen wir dafür, dass wir den Jesuiten Schritt für Schritt den Einfluss entziehen und sie an den Rand drängen. Sie brauchten über zweihundert Jahre, um ihren Einfluss zu
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