Sanctum
erfüllen wollen, weil sie zu faul und träge sind.«
Gregoria nickte. »Vielen Dank, Eminenz.« Sie zögerte nicht länger, eine wichtige Frage zu stellen. »Eminenz, beim Kampf in meinem Kloster, mit Francesco und der Bestie, sah ich den Legatus unglaubliche Dinge vollbringen. Er verfügte über Kräfte, wie ich sie keinen Mann besitzen sah, er schleuderte die Bestie durch die Luft, als sei sie ein kleines Hündchen. Als er dennoch gebissen wurde«, sie nahm das Döschen aus ihrer Tasche, »hat er behauptet, er besäße ein Mittel, das ihn vor der Macht des Bösen bewahrt.« Sie legte es auf den Tisch und schob es zum Kardinal. »Ist es eine verfluchte, unchristliche Tinktur, so wurde auch ich schuldig. Er hat das Döschen verloren und ich benutzte den Inhalt, um mich von meinen Brandwunden zu heilen.« Sie streifte die Arme nach oben. »Es blieb nicht eine einzige Narbe, Eminenz. Was habe ich gefunden?«
Impegno bekreuzigte sich, Lentolo tat es ihm nach. »Ihr greift mir vor, Äbtissin.« Sein Zeigefinger strich sanft und fast zärtlich über die Phiole. »Ihr besitzt einen äußerst wertvollen Schatz. Das Sanctum.«
»Was?«, fragte Jean mit einem Stirnrunzeln.
Der Kardinal öffnete den Verschluss behutsam. »Es ist das Heiligste, was es auf dieser Welt geben kann.« Ehrfurcht schwang in seiner Stimme mit, er war ergriffen und schaute auf die dünne schwarzrote Schicht.
»Das Blut Christi.«
Gregoria hatte zwar vernommen, was der Kardinal gesagt hatte, doch sie konnte es kaum glauben. Jesus von Nazareth, der Christus und Messias, war vor Hunderten von Jahren von der Erde gegangen und in den Himmel aufgestiegen – woher sollte sein Blut stammen?
Sie starrte das Döschen an, das sie so lange an der Brust getragen hatte, und den dünnen rotschwarzen Film darin. Es gab keinerlei Zweifel, dass diese Substanz besondere Kräfte besaß, denn wie sonst wäre sie von ihren Wunden genesen? Und doch …
Jeans Lachen riss sie aus ihren Gedanken. »Das Blut des Heilands? Ihr meint den Mann, der am Kreuz gestorben ist? Und bevor er zu seinem himmlischen Vater zurückkehrte, hat er schnell all sein Blut in einen Bottich gegeben, in dem es bis heute lagert?«
»Schweigt!« Impegno schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Ihr beleidigt das Sanctum und betreibt Lästerei! Der Herr wird Euch nicht alles verzeihen, Monsieur!« Er verschloss die Phiole wieder und reichte sie Gregoria. »Behaltet sie und gebt darauf Acht. Ich denke, es wird noch für eine Anwendung reichen. Bedenkt sehr genau, wann Ihr das Blut des Herrn kostet.«
»Was vermag es zu tun, Eminenz?« Sie verneigte sich vor ihm, als sie die kostbare Gabe entgegennahm, und hielt sie ehrfürchtig in der Hand.
»Alles«, sagte Impegno mit Nachdruck. »Das Blut des Heilands verleiht die Kraft, göttliche Visionen zu erhalten. Es gewährt einen Blick auf das Kommende, aber auch in die tiefe Natur der Dinge. Es schützt denjenigen, der es kostet, vor vielen Krankheiten und bewahrt ihn vor weiterem Schaden, und«, er zeigte auf sie, »es heilt selbst die schwersten Verwundungen.«
»Und kann es Tote zum Leben erwecken? Jesus vermochte es zumindest«, fragte Jean mit herausforderndem Tonfall in der Stimme.
»Nein, es gibt kein Leben zurück … Das heißt, es ist kein Fall bekannt. So oft ist es uns nicht vergönnt, das Sanctum einzusetzen.« Impegno würdigte den Wildhüter keines Blicks. »Die Beschaffung ist, wie Euch klar sein wird, nicht gerade einfach. Meine Verbündeten suchen in der ganzen Welt nach den Gegenständen, die mit dem Blut unseres Herrn in Berührung gekommen sind. Es ist nicht leicht, diese Reliquien zu finden, und leider sind es viel zu oft Fälschungen, wie wir feststellen mussten.«
»Was könnte das sein, außer dem Grabtuch?«
»Das Kreuz«, entfuhr es Gregoria. »Die Dornenkrone und … der Speer, mit dem man dem Herrn in die Seite stach.«
»Ihr seid auf der richtigen Fährte, Äbtissin. Liest man die Bibel aufmerksam, sind noch einige Gegenstände mehr mit dem Sanctum getränkt worden. Und immer wieder finden wir Hinweise, die uns an Orte führen, von denen die Heilige Schrift nicht spricht und wo der Herr Jesus Christus doch seine Spuren hinterlassen hat.«
»Wie kam Francesco an diese Dosis?«
»Leider sind wir nicht die Einzigen, die von der wundersamen Wirkung des Blutes wissen.« Die Stimme des Kardinals klang bedauernd und verärgert zugleich. »Francesco gehört zu einer Gruppe von Personen, die davon profitierten. Sie
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