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Sanctus

Sanctus

Titel: Sanctus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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glaubt, dann ist man auch offen für ...«
    »Wunder?«
    »Ich wollte sagen ›unerklärliche Phänomene‹.«
    »Ist das nicht das Gleiche?«
    Reis schwieg.
    »Dann glauben Sie aufgrund der Beweislage also, dass die Frau die Wahrheit sagt, korrekt?«
    Reis schwieg weiter und wog die Fakten mit der natürlichen Skepsis eines Wissenschaftlers ab. »Ja«, sagte er schließlich. »Ja, ich glaube, sie sagt die Wahrheit. Bis zu dem DNA-Test war ich zwar anderer Meinung, aber dessen Ergebnisse kann man nicht fälschen.«
    Arkadian lächelte. Es freute ihn, dass er der Frau nicht umsonst vertraut hatte. Und jetzt war er mehr denn je überzeugt davon, dass sie der Schlüssel zu allem war. »Würden Sie mir einen Gefallen tun, Reis?«, fragte er. »Könnten Sie all das in die Fallakte eintragen? Ich werde es mir durchsehen, sobald ich wieder im Büro bin.«
    »Sicher. Kein Problem. Wo sind Sie jetzt?«
    Arkadian schaute auf den Stau in den schmalen Straßen, die zum Gartenviertel führten. »Ich suche noch immer nach dem toten Mönch«, antwortete er. »Im Augenblick käme allerdings selbst ein Toter schneller voran als ich. Und wie läuft es bei Ihnen? Ist es der Presse schon langweilig geworden?«
    »Soll das ein Scherz sein? Inzwischen sind Hunderte von ihnen hier. Ich wette, Sie können die Abendnachrichten kaum erwarten.«
    »Klar doch«, erwiderte Arkadian und sah vor seinem geistigen Auge schon die unvermeidliche Schlagzeile: MÖNCHSLEICHE DER POLIZEI UNTER DER NASE WEGGEKLAUT. »Auf Wiedersehen, Reis«, sagte er und legte auf. Dann wandte er sich an den Zivilbeamten am Lenkrad. »Ich werde mir mal ein wenig die Füße vertreten«, sagte Arkadian und löste seinen Sicherheitsgurt. »Sie haben ja die Adresse. Ich treffe Sie dann dort.«
    Arkadian wand sich aus dem Wagen, bevor der Fahrer etwas darauf erwidern konnte, und ging die Straße hinauf. Das Laufen fühlte sich gut an. Es löste zumindest einen Teil des Frusts. Aber Sullys fortgesetztes Schweigen bereitete ihm allmählich Sorgen. Er ging seine Anruferliste durch, bis er Livs Nummer fand, drückte auf ›Anrufen‹ und schaute nach oben. In der Ferne konnte er ›Straße der Exegese‹ auf ein Schild geschrieben sehen.
    Er ging darauf zu und lauschte gleichzeitig der Roboterstimme, die ihm erklärte, der gewünschte Teilnehmer sei im Augenblick nicht erreichbar. Arkadian runzelte die Stirn. Als er das letzte Mal angerufen hatte, hatte Livs eigene Stimme ihm das gesagt. Er wählte noch einmal. Wieder die Roboterstimme. Das war definitiv ihre Nummer ... aber wieso erklang dann die Roboterstimme? Arkadian legte auf, ohne eine Nachricht zu hinterlassen.
    Die Straße der Exegese war wesentlich breiter als die Straße, von der er gekommen war. Einst waren die Häuser hier prächtige Villen gewesen, doch nun waren sie von der Zeit und den Autoabgasen grau geworden und dienten nur noch als zweitklassige Bürogebäude. Arkadian ging die Straße auf der Seite hinunter, die im Schatten lag, bis er die Nummer 38 auf einem Pfeiler neben einer breiten Tür eingraviert sah. Unter der Nummer stand auf einer Messingplakette Ortus , und darüber war das Logo der Organisation zu sehen: eine vierblättrige Blüte mit der Erde in der Mitte. Arkadian steckte das Handy weg und sprang die drei Stufen zu der in dieser Umgebung ungewöhnlich modern wirkenden Glastür hinauf. Dann ging er hinein.

K APITEL 97
    Sully kam langsam wieder zu sich.
    Er hatte das Gefühl, als steige er langsam aus einem dunklen, öligen Teich empor. Schon bevor er die Augen öffnete, wusste er, dass etwas nicht stimmte. Wo auch immer er sein mochte, es roch feucht und rauchig und ... und es war sehr dunkel. Sully versuchte, die Augen zu öffnen, doch seine Lider wollten sich nicht bewegen. Sein Kopf pochte, als hätte er einen Kater, dabei trank er schon lange nicht mehr. Sully atmete tief durch, grunzte wie ein Gewichtheber und versuchte mit aller Kraft, das linke Auge zu öffnen. In dem kurzen Augenblick, bevor das Auge sich wieder schloss, sah er, wo er war. Er befand sich in einer Art Höhle.
    Erschöpft ruhte Sully sich erst einmal aus und versuchte, einen klaren Kopf zu bekommen, um dem Gesehenen einen Sinn zu entnehmen. Dabei lauschte er auch auf Geräusche, die ihm einen Hinweis hätten geben können; doch alles, was er hörte, war das Rauschen des Bluts in seinen Ohren. Es klang wie das Brechen der Wellen an einem Kiesstrand. Der stete Rhythmus beruhigte ihn, bis sein Atem wieder gleichmäßiger ging

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