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Sanctus

Sanctus

Titel: Sanctus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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Müdigkeit, trotz ihrer Sorgen, trotz der Traumata des vergangenen Tages und trotz der Last der Geschichte, die auf ihrer aller Schultern ruhte, vergaß sie einen Moment lang alles um sich herum und drückte ihn nur an sich.
    Nach neunzig Jahren im Exil war Oscar de la Cruz endlich nach Hause gekommen.
    Sie umarmten einander, bis Kathryns Handy in der Tasche klingelte. Der Zauber war gebrochen. Kathryn trat einen Schritt zurück, küsste ihren Vater auf beide Wangen und holte das Handy aus der Tasche. Oscar schaute zu, wie sie das Gesicht verzog, als sie die E-Mail las, die auf ihr Handy umgeleitet worden war.
    »Gabriel?«
    Kathryn schüttelte den Kopf. »Die junge Frau. Sie ist im Polizeihauptquartier.«
    »Wer ist die Quelle?«
    »Jemand auf dem Revier.«
    »Verlässlich?«
    »Akkurat.«
    Oscar schüttelte den Kopf. »Das ist nicht das Gleiche.«
    Kathryn zuckte mit den Schultern. »Er liefert, was verlangt wird, und seine Informationen sind immer gut.«
    »Und was für Informationen hat diese Quelle uns in der Vergangenheit gegeben?«
    »Polizeiakten zu sämtlichen Ermittlungen der vergangenen drei Jahre, die mit der Kirche zu tun gehabt haben. Wir haben durch einen Pressekontakt von ihm erfahren.«
    »Dann nehme ich an, er gibt uns diese Informationen nicht aus Liebe zu unserer Sache, korrekt?«
    »Nein. Er gibt uns diese Informationen gegen Geld.«
    Kathryn schaute auf ihr Handy und las die E-Mail noch einmal. Dabei sah sie, wann die Mail abgeschickt worden war, und sie ärgerte sich über sich selbst, dass sie sie nicht früher gesehen hatte. Sie verschob die Mail ins Archiv und drückte eine Schnellwahltaste. Sie fragte sich, ob ihre Quelle diese Information wohl zuerst an sie oder an die Zitadelle geschickt hatte. Aber das spielte momentan keine Rolle. Wer auch immer versucht haben sollte, die junge Frau am Flughafen zu entführen, wusste vermutlich ohnehin längst, wo sie sich befand, und war ihr erneut auf den Fersen.
    Das Handy wählte ...
    ... und irgendwo in Trahpah klingelte ein anderes Telefon.

K APITEL 61
    Die Basilica Ferrumvia war das größte Gebäude in Trahpah, das nicht der Kirche gehörte. Mitte des 19. Jahrhunderts war sie wie ein rotes Leuchtfeuer der Hoffnung und des Fortschritts mitten aus den mittelalterlichen Slums des Verlorenen Viertels gewachsen. Ihr Name klang zwar kirchlich, doch das Einzige, was in ihr angebetet wurde, war der Gott des Fernhandels. Die ›Kirche des Eisernen Weges‹ war Trahpahs Hauptbahnhof.
    Als Gabriel vor der neogotischen Fassade hielt, herrschte gerade Rushhour. Er stellte sein Leichtmetallmotorrad neben einer Reihe von Motorrollern ab und betrat den Bahnhof wie ein ganz normaler Pendler, der seinen Zug erwischen wollte.
    Gabriel eilte durch die lärmende Haupthalle und stieg in die Stille der Gepäckaufbewahrung unter Gleis 16 hinab.
    Gepäckfach 68 befand sich in der hintersten Ecke des Raums, direkt unterhalb einer der sechs Überwachungskameras im Raum. Die Kamera war so ausgerichtet, dass sie zwar Gabriels Gesicht sehen konnte, aber nicht den Inhalt des Gepäckfachs. Schutz der Privatsphäre nannte sich das. Gabriel gab einen fünfstelligen Zahlencode ein und öffnete die Tür.
    In dem Fach befand sich eine schwarze Leinentasche, in Größe und Form identisch mit derjenigen, die Gabriel über der Schulter trug. Gabriel öffnete sie und holte eine schwarze Steppjacke sowie zwei Pistolenmagazine heraus. Er legte die Magazine ab, zog seine SIG heraus, schraubte vorsichtig den Schalldämpfer ab und warf ihn in die offene Tasche. Schalldämpfer waren nur etwas für die Nacht. Bei Tag mussten Schüsse laut genug sein, um jeden zu vertreiben, der nicht in der Nähe sein sollte. Gabriel wollte keine Unschuldigen verletzen. Im Krieg nannte man das ›Kollateralschäden‹, in einer Stadt ›Mord‹.
    Gabriel schaute sich um, nahm die Tasche von der Schulter, zog die Jacke aus und tauschte sie gegen die schwarze Steppjacke aus dem Fach. Die Magazine verschwanden in der Jackentasche und die SIG im Schulterholster; ohne Schalldämpfer war sie schon wesentlich handlicher. Dann verstaute Gabriel die alte Tasche in dem Fach, öffnete sie und holte Livs Reisetasche heraus. Kurz zögerte er. Es widersprach seiner angeborenen Höflichkeit, in den privaten Dingen einer Frau herumzuwühlen, aber er öffnete die Tasche trotzdem.
    Gabriel fand Kleider, Toilettenartikel, ein Akkuladegerät und all die anderen Dinge, die man sich in die Tasche stopfte, wenn man eilig irgendwo

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