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Sandkönige - Geschichten

Sandkönige - Geschichten

Titel: Sandkönige - Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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»Das gepanzerte Exoskelett wird abgeworfen, wenn der Sandkönig größer wird. Wenn er größer wird. In einem Bassin dieser Größe tut er das nicht.« Sie nahm Kress beim Ellbogen und führte ihn um das Bassin zur nächsten  Burg. »Achten Sie hier auf die Farben.«
    Das tat er auch. Sie war anders. Dieser Sandkönig hatte einen leuchtendroten Panzer; Fühler, Kinnbacken, Augen und Beine waren gelb. Kress blickte über das Bassin hinweg. Der Bewohner der dritten Burg war fast weiß, mit roten Streifen. »Hmmm«, murmelte er.
    »Sie führen Krieg, wie ich schon sagte«, erklärte ihm Wo. »Sie schließen sogar Waffenstillstand und gehen Bündnisse ein. Es war ein Bündnis, das die vierte Burg in diesem Bassin zerstört hat. Die Schwarzen wurden zu zahlreich, deshalb taten sich die anderen zusammen, um sie zu vernichten.«
    Kress war immer noch nicht überzeugt. »Amüsant, daran besteht kein Zweifel. Aber Insekten kämpfen auch.« »Aber Insekten verehren niemanden«, entgegnete Wo. »Was?«
    Wo lächelte und deutete auf die Burg. Kress starrte darauf. Im höchsten Turm war ein Gesicht eingeschnitten. Er kannte es. Es war das Gesicht Jala Wos. »Wie ...?«
»Ich projizierte ein Hologramm meines Gesichts in das Bassin und beließ es dort ein paar Tage. Das Gesicht Gottes, verstehen Sie? Ich füttere sie. Ich bin immer da. Die Sandkönige haben rudimentäre PSI-Kräfte. Es grenzt an Telepathie. Sie fühlen und verehren mich, indem sie mein Gesicht dazu verwenden, um ihre Bauwerke zu verzieren. Alle Burgen sind so verziert, sehen Sie selbst.« Es stimmte.
    Das Gesicht von Jala Wo auf den Burgen war klar und friedlich und sehr lebensecht. Kress bestaunte die Geschicklichkeit der Darstellung. »Wie machen sie das?«
»Die Vorderbeine dienen gleichzeitig als Arme. Sie haben sogar etwas wie Finger, drei schmale, flexible  Ranken. Und die funktionieren ausgezeichnet, beim Bauen und beim Kampf. Denken Sie daran, alle mobilen Teile einer Farbe bilden ein Gehirn.«
    »Erzählen Sie mir mehr davon«, erwiderte Kress.
    Wo lächelte. »Die Maw lebt in der Burg. >Maw< ist mein Name für sie — ein Wortspiel, wenn Sie es verstehen, denn dieses Ding ist Mutter und Magen gleichzeitig. Weiblich, so groß wie Ihre Faust, unbeweglich. In Wahrheit ist >Sandkönig< keine so zutreffende Bezeichnung. Die mobilen Teile sind Bauern und Krieger. Der wirkliche Regent ist die Maw, die Königin. Aber diese Analogie ist genauso mangelhaft. Genaugenommen ist jede Burg eine einzelne hermaphroditische Kreatur.«
»Was fressen sie?«
»Die mobilen Teile fressen Brei, vorgekaute Nahrung, die sie aus der Burg erhalten. Sie bekommen sie von der Maw, nachdem sie sie ein paar Tage lang verarbeitet haben. Ihre Mägen können nichts anderes verdauen. Wenn die Maw stirbt, sterben sie auch bald. Die Maw ... die Maw frißt alles. Dafür werden sie keine besonderen Auslagen haben. Speisereste genügen.«
»Lebendes Fressen?« fragte Kress.
    Wo zuckte die Achseln. »Jede Maw frißt auch die mobilen Teile von den anderen Burgen, ja.«
»Ich bin neugierig geworden«, sagte er. »Wenn sie nur nicht so klein wären!«
»Sie können auch größere haben. Diese Sandkönige sind klein, weil ihr Bassin so klein ist. Sie scheinen ihre Größe zu limitieren, um in den vorhandenen Raum hineinzupassen. Wenn ich sie in ein größeres Bassin gäbe, würden sie von neuem zu wachsen beginnen.«
»Hmmm. Mein Piranhabecken ist doppelt so groß wie dieses hier, und leerstehend. Man könnte es säubern, mit Sand füllen ...«
»Wo und Shade würden selbstverständlich alle Installationen vornehmen. Es würde uns ein Vergnügen sein.«
»Gut«, antwortete Kress. »Ich denke, ich nehme vier intakte Burgen.«
»Selbstverständlich«, sagte Wo.
    Dann begannen sie, über den Preis zu verhandeln.
    Drei Tage später betrat Jala Wo Simon Kress' Anwesen, mit schlafenden Sandkönigen und einem Arbeitsteam, das die Installation vornahm. Die Assistenten Wos waren Fremde, mit denen Kress noch nichts zu tun gehabt hatte — gedrungene, derbe Zweibeiner mit vier gekrümmten Armen und Facettenaugen. Ihre Haut war dick und lederartig und zwirbelte sich in Höckern, und Dornen traten an mehreren Stellen auf ihren Körpern hervor. Aber sie waren sehr stark und gute Arbeiter, Wo sprach in einer melodischen Sprache mit ihnen, die Kress noch nie zuvor gehört hatte.
    Innerhalb eines Tages war die Arbeit getan. Sie transportierten sein Piranhabecken in die Mitte seines weitläufigen Wohnzimmers,

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