Sanft kommt der Tod
allmählich los. Peabody wird jede Minute hier sein, wenn sie keinen Tritt in ihren Allerwertesten von mir verpasst bekommen will.«
»Sagen wir, Abendessen um acht, außer, wenn die Arbeit dazwischenkommt?«
»Okay. Ich werde versuchen, alles, was ich heute machen kann, bis halb acht zu erledigen.«
Obwohl sie Eves Bericht anweisungsgemäß gelesen hatte, sträubte sich Peabody noch immer gegen den Gedanken an ein, wie sie es nannte, Killer-Kid.
»Okay, ich weiß, in manchen Schulen werden Lehrer oder Schüler von Jugendlichen bedroht oder sogar attackiert. Mit Messern, Fäusten oder, verdammt, irgendwelchen Küchenutensilien. Aber das sind Ausnahmesituationen und sie betreffen meistens irgendwelche hartgesottene Kids aus schwierigen Verhältnissen.«
»Dann ist also Rayleen, nur weil sie eine hübsche Schuluniform trägt und in einem Penthouse lebt, gegen so etwas immun.«
»Nein, aber sie hat einen anderen Hintergrund. Und die Taten, von denen ich gesprochen habe, werden aus Rache oder aus spontaner, angeborener oder anerzogener Gewaltbereitschaft heraus verübt. In diesem Fall aber wurden die Morde ohne erkennbares Motiv sorgfältig geplant und kaltblütig ausgeführt.«
»Das Motiv werden wir noch finden.«
»Dallas, ich habe mir Fosters und Williams' Unterlagen angesehen. Es gab eine Handvoll Disziplinarmaßnahmen oder Elterngespräche wegen schlechten Betragens, abfallender Leistungen, chronischen Zu-spätKommens und solcher Dinge. Wobei Rayleen Straffo nie betroffen war. Sie ist die Klassenbeste, hat überall super Noten und verhält sich immer vorbildlich.«
»Vielleicht hat sie ja irgendwas an diesen Beurteilungen gedreht.«
»Sie haben sie wirklich auf dem Kieker.« Peabody zuckte zusammen. »So habe ich es nicht gemeint. Nur kann ich Sie in dieser Sache einfach nicht verstehen. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie es war. Es fühlt sich für mich einfach nicht so an.«
»Lassen Sie uns die Gespräche führen. Vielleicht ändert ja dann eine von uns ihre Meinung«, meinte Eve.
Eve hielt vor dem Haus der Branchs und im selben Augenblick schrillte das Autotelefon.
»Dallas.«
»Eve, ich habe Ihren Bericht gelesen.« Miras gerunzelte Stirn machte überdeutlich, wie besorgt sie war. »Wir müssen darüber reden. Und zwar ausführlich.«
»Das habe ich mir schon gedacht. Aber jetzt passt es gerade nicht. Weil ich nämlich gerade ein Gespräch mit einer Zeugin führen will.«
»Nicht mit Rayleen Straffo, hoffe ich.«
»Dieses Mal nicht, nein. Ich kann Sie und den Commander - der sicher ebenfalls der Meinung ist, dass wir darüber reden müssen - heute Nachmittag treffen, wenn Ihnen das passt.«
»In Ordnung. Ich werde den Commander sofort anrufen und einen Termin mit ihm vereinbaren. Es wäre mir lieb, wenn Sie vor unserem Gespräch nicht noch einmal mit Rayleen Straffo sprechen würden.«
»Sie ist heute sowieso schon ausgebucht. Mein Gespräch mit ihr kann warten. Sie klingen nicht, als ob Sie in dieser Sache meiner Meinung wären.«
»Darüber werden wir uns nachher unterhalten. Ich habe gewisse Vorbehalte, ja. Seien Sie vorsichtig, Eve.«
»Ich werde mich bemühen.«
Nach Ende des Gesprächs sagte Eve zu Peabody: »Klingt, als ob Mira in dieser Angelegenheit auf Ihrer Seite ist.«
»Es geht hier nicht um Seiten, Dallas«, antwortete die.
»Nein. Sie haben recht.«
Aber es fühlte sich so an, dachte Eve, als sie aus dem Wagen stieg und das Haus in der Absicht betrat, ein junges Mädchen derart einzuschüchtern, dass es seine beste Freundin verriet.
1 9
Angela Miles-Branch kam persönlich an die Tür. In ihrer Tweedhose, dem cremefarbenen Angorarolli und den weichen, flachen Lederstiefeln, die denselben Ton wie ihr Pullover hatten, wirkte sie lässig-elegant.
Sie führte Eve und Peabody in ein ebenso lässig-elegantes, stromlinienförmiges Wohnzimmer und bot ihnen zwei Plätze auf dem Sofa an. »Ich nehme an, es geht um die Geschehnisse an der Sarah Child Akademie. Melodie ist in ihrem Zimmer. Sie spricht augenblicklich nicht mit mir.«
»Oh?«
»Ich habe sie dort abgemeldet. Ich schicke meine Tochter nicht auf eine Schule, an der zwei Menschen ermordet worden sind. Jetzt ist sie beleidigt, weil ich ihre Sicht der Dinge nicht in die Rechnung einbezogen habe, wie, dass die besten Freundinnen des ganzen Universums weiter dorthin gehen und dass sie an keine andere Schule will, wo sie keinen Menschen kennt und an der sie mega-uncoole Uniformen tragen muss.«
Angela
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