Sanft kommt der Tod
lächelte.
»Dies ist mein Zimmer.«
»Dann bist du die Prinzessin«, murmelte Eve.
Das Lächeln des Mädchens wurde breiter. »Richtig. Ich bin die Prinzessin. Alles in diesem Zimmer gehört mir. Wenn ich sage, dass du etwas berühren kannst, dann kannst du es. Wenn ich das nicht sage und du fasst trotzdem etwas an, kann ich dich dafür in den Kerker werfen lassen. Wo es immer dunkel ist.«
Eve riss ihre Hände zurück. »Ich habe nichts angefasst.«
»Du musst erst fragen, dann werde ich dir die Erlaubnis geben. Oder vielleicht auch nicht.« Das hübsche kleine Mädchen trat an einen Tisch mit einem rosa-weißen Teeservice. »Ich finde, wir sollten erst einmal Kakao trinken. Meine Diener machen ihn mir, wann immer ich will. Magst du heißen Kakao?«
»Ich weiß nicht. Ich habe noch nie welchen getrunken. Schmeckt er gut?«
Rayleen schenkte ihr aus der Kanne ein. »Mordsmäßig.« Dann lachte sie und lachte. »Du musst ihn trinken, wenn ich dir das sage. Weil du in meinem Zimmer bist und weil ich die Prinzessin bin. Und jetzt sage ich, trink deinen Kakao.«
Gehorsam - sie hatte gelernt, immer gehorsam zu sein - trat Eve an den Tisch, nahm eine der pinkfarbenen Tassen in die Hand und nippte vorsichtig daran. »Er ist... er ist wirklich lecker. So etwas habe ich noch nie getrunken.« Gierig trank sie aus und hielt der Prinzessin die Tasse hin. »Könnte ich wohl noch was davon haben?«
»Also gut.« Rayleens Lächeln wurde kalt wie der Blick aus ihren veilchenblauen Augen. So kalt, dass sich Eves Innerstes zusammenzog. Und als Rayleen ihr nachschenkte, floss aus der Kanne leuchtend rotes Blut.
Mit einem unterdrückten Schrei ließ Eve die Tasse fallen, sodass die rote Flüssigkeit eine Pfütze auf dem weißen Teppich bildete.
»Sieh nur, was du gemacht hast! Dafür wirst du bezahlen.« Rayleen stellte die Kanne auf den Tisch und klatschte zweimal in die Hände.
Daraufhin kam er herein, lächelte sein kaltes Lächeln und sah sie aus seinen kalten Augen an.
»Nein. Bitte. Das habe ich nicht absichtlich gemacht. Ich werde alles wieder sauber machen. Bitte. Bitte nicht.«
»Ich habe dich gesucht, kleines Mädchen.«
Dann schlug ihr Vater ihr so kraftvoll ins Gesicht, dass sie auf den Boden fiel, bevor er sich auf sie warf.
Sie wehrte sich, sie bettelte und schrie, als ihr dünner Arm wie ein Bleistift brach. Während Rayleen lächelnd danebenstand und genüsslich aus ihrer eigenen Tasse trank.
»Es gibt nur einen Weg, um ihn zu stoppen«, meinte sie, als er anfing, sich in Eve hineinzurammen und sie dabei fast zerriss. »Nur, wenn du ihn tötest, wird es aufhören. Also töte ihn. Töte ihn. Töte ihn.«
Rayleens Stimme hatte vor Erregung einen schrillen Klang.
»Töte ihn!«
Und mit einem Mal hielt Eve ein Messer in der Hand und brachte ihren Vater um.
»Pst. Pst. Es ist gut, Eve. Es war nur ein Traum. Du hast nur geträumt. Du musst jetzt aufwachen. Komm zu mir zurück. Ich halte dich fest.«
»Es war Blut. Pink und weiß und rot. Überall war Blut.«
»Jetzt ist es vorbei. Du bist wieder wach und bist bei mir.« Diese Albträume zerrissen ihm das Herz nicht weniger als ihr. Er wiegte sie zärtlich hin und her, küsste sie auf das Haar und auf die Schläfen, bis sie aufhörte zu zittern, und als sie ihr Gesicht an seinem Hals vergrub, spürte er die Feuchtigkeit des Tränenstroms, der ihr über die Wangen rann.
»Es tut mir leid.«
»Nein, Baby. Nicht.«
»Projiziere ich, Roarke? Ist das vielleicht alles? Sehe ich dieses Kind und sehe durch sie alles, was ich niemals hatte, was ich nie empfunden habe, was ich niemals kannte? Ist es irgendeine Form von Eifersucht? Ist das alles nur eine verdrehte Form von Neid? Vielleicht auch gegenüber Magdalena?«
Er schob sie ein wenig von sich fort und machte Licht, damit sie sein Gesicht und seine Augen sehen konnte, als er sprach. »Nein, das ist es nicht. Das ist völlig ausgeschlossen. Weil du diese Dinge ganz einfach nicht in dir hast. Wenn du wegen Magdalena unglücklich gewesen bist, dann war das meine Schuld. Du bist immer vollkommen direkt, meine geliebte Eve. Du siehst die Dinge immer, wie sie sind, selbst wenn du das nicht willst. Und du siehst dir auch die Dinge an, von denen sich andere abwenden.«
»Sie hätten mich für das, was ich ihm angetan habe, ganz sicher eingesperrt.«
»Oh nein. Und wenn sie dich auch nur für eine Stunde oder fünf Minuten dafür eingesperrt hätten, hätte nicht mal mehr der liebe Gott Mitleid mit ihnen
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