Sanft kommt der Tod
zu schützen? Vielleicht hatte Foster ja nicht etwas gegen eine Mutter, einen Vater oder einen anderen Lehrer in der Hand, sondern gegen ein Kind.«
»Was kann man schon gegen Sechs-bis Zwölfjährige in der Hand haben?«
»Sie sind einfach ein naiver Hippie. Kinder machen alle möglichen unsauberen Dinge. Vielleicht hat er ein Kind beim Klauen erwischt, dabei, wie es bei einer Klassenarbeit gemogelt hat, wie es auf der Toilette jemandem einen geblasen oder mit Drogen gehandelt hat.«
»Himmel.«
Eve spann den Gedanken weiter. »Vielleicht hat er die Eltern angerufen und ihnen erklärt, dass er die Sache melden muss. Dass das Kind zum Psychologen gehen sollte und mit Disziplinarmaßnahmen oder sogar Rausschmiss aus der Schule rechnen muss. Einem Rausschmiss aus einer Schule, die Straffos nervtötender Tochter zufolge eine der besten ist. Niemand will, dass sein Kind von einer solchen Schule fliegt oder dass etwas, was es verbrochen hat, in seine Akte eingetragen wird. Und wenn Foster nicht mehr lebt, gibt es keinen Menschen mehr, der die Sache melden kann.«
»Da wir gerade von möglicherweise involvierten Eltern reden: Ich habe nachgesehen, was für Termine mit Eltern das Opfer in der Woche vor dem Mord in seinem Kalender stehen hatte.«
»Lassen Sie uns gucken, ob es mit bestimmten Eltern wiederholt Termine gab. Und wenn wir den Beschlagnahmebefehl für die Schülerakten haben, lassen Sie uns gucken, ob es bei einem von den Schülern vielleicht auch Probleme mit anderen Lehrern gab.«
Keine der Personen, die neben Hallie auf der Liste standen, war daheim. In einem Haus trafen sie einen schmollenden Teenager an, der ihnen erklärte, seine Eltern und der kleine Scheißer - der, wie Eve vermutete, der kleine Bruder war - wären zu einem Basketballspiel gefahren, und in einem anderen erklärte der Hauswirtschaftsdro-ide, die Mutter hätte das junge Fräulein zum Karatekurs gebracht und der Vater wäre im Büro.
Zurück auf dem Revier warb Eve um den Beschlagnahmebefehl und vollführte in Gedanken einen kleinen Siegestanz, als ihr das mühelos gelang. Ihre einzige Enttäuschung war, dass es bereits zu spät war, um noch einen Menschen in der Schule zu erwischen und sich die gewünschten Akten sofort anzusehen.
Also fing sie mit einer Überprüfung ihrer beiden Listen an, hörte aber nach ein paar Minuten wieder auf. Ihre Schicht war längst vorbei. Sie könnte auch zu Hause weitermachen und Roarke dazu verführen, dass er ihr dabei half. Das wäre ein Friedensangebot, nachdem sie morgens einfach wütend weggefahren war.
Sie würden zusammen essen, und sie brächte ihn auf den neuesten Stand. Da es schließlich um die Kunden-und die Angestelltenliste eines seiner Unternehmen ging, wäre es nur fair, wenn sie ihn daran Anteil nehmen ließ.
Vor allem fehlte er ihr.
Gerade als sie aufstehen wollte, streckte Peabody den Kopf durch ihre Tür. »Da draußen ist eine Magdalena Percell, die zu Ihnen will.«
Eves Magen zog sich schmerzlich zusammen. »Hat sie gesagt, weshalb sie zu mir will?«
»Sie meinte, es wäre etwas Persönliches. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass der Name auf einer unserer Listen stand, aber ...«
»Nein, das tut er nicht. Schicken Sie sie rein, und dann fahren Sie nach Hause.«
»Nach Hause? Aber die Schicht ist erst seit zwanzig Minuten vorbei. Was soll ich bloß mit diesem unerwartet frühen Feierabend tun?«
»Melden Sie sich morgen früh um acht bei mir zu Hause. Dann versuchen wir, ein paar der Leute zu erreichen, bevor sie dorthin aufbrechen, wo auch immer sie tagsüber sind. Danach fahren wir in die Schule. Ich habe nämlich den Beschlagnahmebefehl.«
»Eins zu null für unser Team. Dallas? Ich kann auch noch bleiben, wenn Ihnen das lieber ist.«
»Nein, es ist mir lieber, wenn Sie gehen. Schicken Sie sie rein.« Es war keine große Sache, erinnerte sie sich. Sie würde einfach sehen, was diese Percell von ihr wollte, dann nach Hause fahren und vergessen, dass sie jemals da gewesen war.
Es wäre nicht das erste und ganz sicher nicht das letzte Mal, dass sie ein idiotisches Gespräch mit einer von Roarkes Verflossenen führte, machte sie sich Mut.
Sie hörte das verräterische Klappern hochhackiger Schuhe auf dem ausgetretenen Boden und fühlte sich ein wenig lächerlich, als sie so tat, als blättere sie gerade eine Akte durch.
Dann hob sie den Kopf.
Magdalena stand in einem schmal geschnittenen schwarzen Hosenanzug mit Silberpelzbesatz direkt vor ihrem
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