Sanft sollst du brennen
sie sich ab und schlüpfte in ihren Pyjama, ein graues T-Shirt und grau-blau gestreifte Boxershorts. Sie lief in die Küche. Jordan hatte immer einen Vorrat an Crackern und Erdnussbutter, und im Tiefkühlfach befanden sich ein paar Fertiggerichte. Allerdings war Kate sich ziemlich sicher, dass sie schon seit Jordans Einzug dort lagen, deshalb entschied sie sich für die Cracker. Sie nahm eine Schachtel aus dem Schrank und trat dann an den Kühlschrank, um sich eine Flasche Wasser herauszuholen. Sie schraubte gerade den Deckel ab, als ihr ohne Vorwarnung die Tränen kamen.
Sie begann heftig zu schluchzen. Weinend sank sie an der Kühlschranktür zusammen. Es tat ihr gut, endlich einmal so loslassen zu können, und sie hätte noch länger ihren Tränen freien Lauf gelassen, wenn es nicht an der Tür geklopft hätte. Rasch wischte sie sich mit einem Papiertuch die Tränen weg und blieb stocksteif stehen, in der Hoffnung, dass einfach verschwand, wer auch immer draußen vor Tür stand.
Aber so viel Glück hatte sie nicht. Es klopfte erneut, lauter dieses Mal. Auf bloßen Füßen schlich sie zur Tür und blickte durch das Guckloch. Ihr Herz sank.
Vor der Tür stand Dylan Buchanan, der Fluch ihrer Existenz. Gott, er sah so gut aus. Sie schüttelte sich.
Lass das, schalt sie sich.
Sein hellblaues Hemd hatte er ordentlich in den Bund seiner Jeans gesteckt, und es saß so eng, dass es seinen Brustkorb und seinen Bizeps zur Geltung brachte. Seine dunklen Haare waren kurz geschnitten und lagen wie immer makellos.
Jordans Brüder sahen alle gut aus, aber Dylan hatte das gewisse Etwas. Vielleicht lag es an seinem langsamen, trägen Lächeln. Wenn er seinen Charme spielen ließ, brachte er die kältesten Herzen zum Schmelzen. Jordan bezeichnete ihren älteren Bruder immer als »Sexgott«, und Kate glaubte, dass er sich diesen zweifelhaften Spitznamen sicher auf dem College erworben hatte, wo er ständig mit anderen Mädchen ausging – und ins Bett. Möglicherweise war er jetzt durch die Schussverletzung ein wenig langsamer geworden.
Er sah müde aus, fand sie.
Erneut drückte er auf die Klingel. Er hatte eine Pizzaschachtel und einen Sixpack Bier dabei.
Hatte er das lose Dielenbrett knarren hören, als sie darauf getreten war? Kate trat einen Schritt zurück, wartete ein paar Sekunden und spähte dann noch einmal durch den Spion. Dass sie so zögerlich reagierte, hatte etwas damit zu tun, dass er sie damals in der Dusche überrascht hatte. Seitdem zog er sie ständig damit auf, wenn er sie sah, und sie hatte heute einfach keine Lust, mit ihm aneinanderzugeraten. In ihrem verletzlichen Zustand würde er sie mit Haut und Haaren verschlingen.
Plötzlich sah sie, dass er zwinkerte. Er wusste also, dass sie hinter der Tür stand.
Sie würde wie eine Erwachsene reagieren. Sie würde aufmachen und ihm sagen, er solle gehen. Ein letztes Mal blickte sie durch das Guckloch.
Sie war heute Abend einfach nicht in der Stimmung, um ihn hereinzulassen. Sie wollte lieber zu Ende weinen und dann ins Bett gehen.
Bring es endlich hinter dich, mahnte sie sich. Sie entriegelte die Tür und öffnete sie einen Spaltbreit.
»Jordan ist nicht …«, setzte sie an.
»Es wurde auch langsam Zeit. Die Pizza wird kalt und das Bier warm. Geh aus dem Weg. Na los, Pickles, beweg dich.«
Dieser alberne Spitzname aus ihrer Kindheit war ihr schon immer auf die Nerven gegangen.
Er drängte sich bereits an ihr vorbei und trat ihr dabei fast auf die Zehen.
Die Pizza roch wundervoll, und er auch. Der Duft seines Rasierwassers stieg ihr in die Nase, als er in die Küche ging. Sie folgte ihm. Er stellte das Bier in den Kühlschrank, öffnete eine Dose und bot sie ihr an. Sie schüttelte den Kopf. Er schloss die Kühlschranktür, trat näher und drängte sie an die Theke, als er über sie hinweg nach der Pizzaschachtel griff.
Offensichtlich versuchte er, ihr eine Reaktion zu entlocken, und dem Funkeln in seinen Augen nach zu urteilen, amüsierte er sich prächtig dabei.
Kate war sich auf einmal nur zu bewusst, dass sie fast nichts anhatte.
»Jordan ist nicht da«, sagte sie zu ihm.
»Das habe ich schon gemerkt.«
»Du hättest besser angerufen, dann hättest du dir die Fahrt ersparen können. Ich bin nicht für Gesellschaft angezogen.«
»Ja, das ist mir auch schon aufgefallen. Du hast tolle Beine, Pickles.«
»Dylan!«
»Ich bin keine Gesellschaft.«
Sie stieß gegen seine Schulter, um ihn zurückzuschieben. Als er zusammenzuckte, fiel ihr seine
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