Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sanft wie der Abendwind

Sanft wie der Abendwind

Titel: Sanft wie der Abendwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Spencer
Vom Netzwerk:
ja, dass die zwei letzten Wochen die reine Hölle für dich waren, aber für mich war es auch kein Zuckerschlecken.“
    „Warum? Weil du Hugo gegenüber wortbrüchig geworden bist?“
    Sebastian nickte. „Ich hätte auf ihn hören und sein Urteil respektieren sollen. Er hat von Anfang an vorausgesehen, dass es dir nur unnötigen Kummer bringen würde, von Genevieves Verfehlungen zu erfahren.“
    „Mit ihren Fehlern habe ich mich abgefunden“, erwiderte Lily ausdruckslos. „Welcher Mensch ist denn vollkommen? Hugo nicht, und du und ich schon gar nicht. Ja, es hat mich zutiefst schockiert, zu hören, was damals geschehen ist. Ich kann jedoch mit diesem Wissen leben, weil es noch eine Wahrheit gibt, die mehr zählt als das, was vor meiner Geburt passiert ist: Genevieve Talbot war nicht perfekt, aber eine gute Mutter. Meine beiden Eltern waren die besten, die ich mir hätte wünschen können – und mit meinem Vater meine ich jetzt nicht Hugo, sondern Neil Talbot.“
    „Warum bist du trotzdem noch so unglücklich, Lily? Deinen Ohrring habe ich übrigens gefunden, falls es das ist, was dir Sorgen macht. Ich hätte ihn dir schon zurückgegeben, wenn mir eine Methode eingefallen wäre, es unauffällig zu erledigen. Bestimmt hättest du es nicht gut gefunden, wenn ich ihn dir in Gegenwart der anderen überreicht und gesagt hätte: ‚Hier, Lily, den habe ich in meinem Wohnzimmer zwischen den Sofakissen gefunden.‘ Hab ich recht?“
    Starr sah sie ihn an. „Du wagst mir zu unterstellen, ich wäre wegen eines verlorenen Schmuckstücks aus dem inneren Gleichgewicht?“
    Er errötete heftig, was ihm bestimmt seit seinem zehnten Lebensjahr nicht mehr passiert war. „Nein, natürlich nicht deswegen! Sondern weil wir … zusammen waren.“
    „Ach, du meine Güte, Sebastian, versuch doch jetzt nicht, die Tatsachen zu schönen“, erwiderte Lily sarkastisch. „Wir hatten Sex. Einen One-Night-Stand. So nennt ihr Männer es doch, wenn ihr mit einer Frau schlaft, die euch nichts bedeutet und die ihr nie wiedersehen wollt, sobald es vorbei ist, oder?“
    „Hör auf, Lily! Ich will das nicht hören.“
    „Warum nicht? Wird dir unbehaglich zumute, weil ich unverblümt die Wahrheit sage?“
    „Es ist nicht die Wahrheit, und das weißt du.“
    „Ach, nicht die Wahrheit?“ Tränen glitzerten an ihren Wimpern. „Dann will ich dir mal was Wahres sagen: Ich fühle mich billig und beschmutzt wegen dem, was ich mit dir aufgeführt habe. Du bist nicht mein erster Liebhaber, aber der erste Mann, mit dem ich mich wie eine Hure gefühlt habe.“
    „Red nicht so dumm!“ Obwohl sie sich dagegen zu wehren versuchte, packte Sebastian sie erneut bei den Armen. „Und hör auf, so zu zappeln, sonst tust du dir noch weh! Ich lasse dich nicht los.“
    „Das werden wir ja sehen!“, rief Lily und versuchte, ihm gegen das Schienbein zu treten, verfehlte ihn aber. Frustriert ließ sie nun den Tränen freien Lauf.
    Sie erinnert mich an eine Rose, die jemand achtlos zertreten hat, und ihre Augen sehen aus wie Stiefmütterchen im Regen, dachte Sebastian und umarmte sie tröstend. Vom Weinen wurde sie jetzt förmlich geschüttelt, und sie fühlte sich so zerbrechlich an wie das Eis, das im frühen Winter den See überzog und bei der leisesten Berührung zersplitterte.
    „Weißt du was?“, flüsterte Sebastian und schmiegte sein Gesicht in ihr Haar. „Ich wünschte, ich wäre dein erster Liebhaber gewesen und hätte dir als Erster beibringen können, was Leidenschaft bedeutet. Außerdem wünschte ich, wir hätten uns unter anderen Umständen kennengelernt. Vielleicht hätten wir uns dann …“
    Obwohl er den Satz nicht beendete, erriet sie offensichtlich seinen Gedankengang. „Ineinander verliebt, wolltest du sagen?“ Gequält atmete Lily mühsam ein. „Nein, das glaube ich nicht, Sebastian. Liebe kommt nicht zu uns, wenn es uns gerade passt. Man kann sie nicht planen und auch nicht kontrollieren.“
    Lust lässt sich noch viel weniger beherrschen, dachte Sebastian, als ihn dasselbe schmerzliche Verlangen durchflutete, das ihn zwei Wochen zuvor in solche Schwierigkeiten gebracht hatte. Er war keines klaren Gedankens mehr fähig. Lily fühlte sich herrlich an, so warm und weich. Ihre Haut war glatt wie Seide und duftete nach Blumen. Am liebsten hätte er sie hingebungsvoll gestreichelt und jeden Zentimeter ihres Körpers mit Lippen und Zunge erforscht.
    Lily hob den Kopf, und im Licht der tief stehenden Sonne glänzten die Tränen auf ihren

Weitere Kostenlose Bücher