Sanft wie der Abendwind
wiedergutzumachen.
Sie wandte sich ihm zu und lächelte ihn strahlend an. „Du hättest Handtücher mitbringen müssen! Wie sollen wir denn jetzt erklären, dass unsere Haare klitschnass und die Sachen feucht sind?“
Wenn das doch bloß meine einzige Sorge wäre, dachte Sebastian reuig. „Wenn wir Glück haben, sind die anderen schon im Bett, wenn wir zurückkommen. Falls nicht, lenke ich sie irgendwie ab, während du dich durch den Hintereingang hineinschleichst.“
Das alte, gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts erbaute Ferienhaus war solide genug, um den harten Wintern zu trotzen, aber die Innenwände waren ziemlich dünn, und die Bodendielen knarrten. Selbst wenn Sebastians Zimmer nicht direkt neben ihrem gelegen hätte, hätte Lily wahrscheinlich jede seiner Bewegungen gehört.
Da sie wegen der drückenden Hitze das Fenster weit geöffnet hatte, wusste sie auf die Sekunde genau, wann er ins Bett ging, und als sie den Kopf zur Seite drehte, sah sie den Lichtschein aus seinem Fenster auf den Ästen einer Kiefer im Garten schimmern.
Eine Motte flog gegen das Fliegengitter, dann flatterte sie auf der Suche nach der Lichtquelle weiter. Ich bin genauso dumm: nicht zufrieden, bevor ich mir die Flügel versenge oder sogar in den Flammen umkomme, dachte Lily niedergeschlagen.
Nebenan knipste Sebastian das Licht aus. Die Sprungfedern quietschten, als er sich im Bett umdrehte. Würde er jetzt sofort einschlafen oder wie sie im Dunkeln liegen und über die Zukunft ihrer Beziehung grübeln?
Lily schloss die Augen und dachte an die zurückliegenden Stunden. Das zweite Zusammensein mit Sebastian war perfekt gewesen – bis zu dem Moment, als sie ihm beinah ihre Liebe gestanden hätte.
Erschauernd zog sie die Decke höher. Na gut, ich habe mich noch rechtzeitig zurückgehalten, aber sogar ein Narr hätte mir angehört, was ich wirklich sagen wollte, dachte sie. Und Sebastian war alles andere als ein Narr.
Beim zweiten Mal war er ungewohnt sanft gewesen, obwohl er doch sonst hart und unnachgiebig war. Das hatte sie so überrascht, dass sie ihren geheimsten Gefühlen beinah laut Ausdruck verliehen hätte.
Seine kühle Reaktion darauf hatte sie sehr enttäuscht. Sie waren ins Boot gestiegen, und diesmal hatte er den Außenbordmotor angeworfen, statt zu rudern.
In Gedanken erlebte sie die Szene nochmals.
„Nachdem du jetzt von mir bekommen hast, worauf du aus warst, scheinst du es ja mächtig eilig zu haben, mich wieder loszuwerden“, warf Lily Sebastian vor. „Ich bin für dich nur eine Gespielin, mehr nicht. Eine Mätresse zu deinen Bedingungen.“
Er sah sie so frustriert an, dass sie sich am liebsten auf die Zunge gebissen hätte. „In einem Film wäre jetzt der Moment gekommen, in dem der Held verkündet, dass seine Absichten ehrenhaft sind“, sagte er schließlich. „Wir beide sind jedoch noch weit davon entfernt, eine echte Beziehung zu haben. Wenn du eine feste Bindung suchst, klopfst du bei mir an die falsche Tür. Fürs Erste ist es genug, dass wir beim Sex perfekt harmonieren.“
Ja, er hatte leider recht. Sie waren alt genug, um sich das gesunde Urteilsvermögen nicht durch die zwischen ihnen herrschende unwiderstehliche Anziehungskraft trüben zu lassen. Vernünftige Überlegungen fielen allerdings wenig ins Gewicht, wenn die Emotionen eine andere Sprache redeten. Ihr Gefühl sagte ihr, dass Sebastian Caine ihr vom Schicksal bestimmt sei und sie ihn immer lieben würde.
Offensichtlich war sie nicht die Einzige, die sich Hoffnungen auf Sebastian machte. Am Samstagvormittag erschien Penny Stanford überraschend im Ferienhaus.
„Ich habe deine Nachricht gefunden, als ich vom Nachtdienst kam, Sebastian“, berichtete sie fröhlich und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen. Zweifelsohne hielt sie sich für diejenige, der sein Hauptaugenmerk gebührte. „Da dachte ich mir, ich lade mich einfach selbst zu euch ein, weil ich dich in den vergangenen Wochen ja so gut wie gar nicht gesehen habe.“
„Du bist uns immer willkommen, Penny“, sagte Cynthia freundlich.
„Danke!“ Penny lächelte sie und Hugo herzlich an, dann – schon etwas kühler – Natalie und blickte schließlich zu Lily. „Eine mehr macht ja nichts aus, oder? Ich habe einige leckere Sachen mitgebracht, unter anderem diese niedlichen kleinen Krabbenpastetchen aus dem Delikatessengeschäft, das wir beide so mögen, Sebastian. Dazu unseren Lieblingswein.“
Sie sah ihn vielsagend an, um ihm zu verstehen zu geben,
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