Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
der städtischen Polizei gehabt. Rinda, die zur Löwin wurde, wenn es um ihren einzigen Sohn ging, hatte Carter gebeten, gegen Officer Winkle einzuschreiten.
»Okay, meinetwegen behalte ich die Liste, aber ich kann keine Männer für diese Sache abstellen, das weißt du«, sagte er und rollte mit seinem Stuhl rückwärts. »Sprich mit Wade, erstatte Anzeige wegen Diebstahls und schließ deine Sachen in Zukunft ein, ja? Du könntest dir auch einen Wachhund fürs Theater anschaffen.«
»Das Verbrechen ist also nicht bedeutend genug für dich.«
»Vielleicht ist es nicht einmal ein Verbrechen.«
»Ich sage dir …«
»Es ist eine Prioritätenfrage, Rinda. Und das weißt du auch.« Er ging zur Tür und öffnete sie zum Zeichen, dass das Gespräch damit beendet war.
Rinda stand auf und legte sich den Riemen ihrer Handtasche über die Schulter. »Okay, okay, schon verstanden. Ich weiß ja, dass du viel zu tun hast. Aber ich bin wirklich in Sorge … Die Sache ist irgendwie unheimlich.«
Er antwortete nicht darauf. Rinda ging zur Tür, durch die Bürogeräusche – das Summen der Computer, das Klingeln von Telefonen, Stimmen – ins Zimmer drangen. »Aber weißt du, Shane, du solltest Jenna wirklich eine Chance geben statt eines Strafzettels.« Auf der Schwelle blieb sie stehen und fing sich einen düsteren Blick von Jerri ein.
»Ahnte ich doch, dass das kommen würde«, bemerkte er und wappnete sich gegen den Angriff. »Wie war das? Hat sie dich gebeten, mich dazu zu überreden, dass ich ihr das Bußgeld erlasse?«
»Natürlich nicht. Schon gut, vergiss den Strafzettel. Wen interessiert der schon?«
»Himmel, Rinda, gibst du eigentlich nie auf?«
»Sonst würdest du mich ja nicht lieben.«
Wieder erntete sie einen bösen Blick von Jerri. Herrgott, mussten sie sein Liebesleben denn ausgerechnet hier erörtern?
»Du solltest sie erst mal kennen lernen«, fuhr Rinda hartnäckig fort und blieb unter der Tür stehen. »Und nicht in deiner Eigenschaft als großer böse Bulle. Ich meine, privat.«
»Ich muss überhaupt niemanden kennen lernen. Kapiert?« Doch vor seinem inneren Auge tauchte Jenna Hughes’ Bild auf –, nicht die zierliche Frau hinter dem Steuer des zerbeulten Ford, sondern der Hollywoodstar. Der Traum eines jeden Mannes. Glänzend schwarzes Haar, große grünliche Augen, üppige Brüste, schmale Taille und ein knackiger Hintern, den sie in allen ihren Filmen schwenkte. Das waren ihre Markenzeichen. Sie hatte ein herzförmiges Gesicht, das eben noch unschuldig und im nächsten Augenblick berückend sexy wirken konnte. Die Art von Gesicht, die den Beschützerinstinkt in Männern weckte und gleichzeitig den Wunsch, sie ins Bett zu bekommen. Und ihr Ruhm folgte ihr wie ein Schatten. Eine Berühmtheit aus Tinseltown. Nicht sein Typ. Überhaupt nicht sein Typ.
»Ich glaube, du würdest sie mögen.«
»Du glaubst immer, ich würde irgendwen mögen.«
»In Carolyns Fall hatte ich Recht.«
»Zu Anfang.«
Sie verzog das Gesicht. »Lassen wir das lieber.«
»Ist wohl besser.«
»Du hättest es hinkriegen können, wenn du Zeit genug gehabt hättest. Ich wusste, dass sie die Richtige für dich war.«
Er sah ihr in die Augen, entschied, dass sie Recht hatte – kein Grund, im Schlamm zu wühlen. »Okay, der Punkt geht an dich; also verdirb dir jetzt nicht deinen Rekord.«
Kleine Fältchen erschienen auf ihrer Stirn, und sie legte ihm die Hand auf den Arm. »Du kannst nicht bis in alle Ewigkeit trauern.«
»Sehe ich so aus?«
»Ich finde schon.«
»Weil ich mich nicht verabrede?«, forderte er sie heraus. »Und was ist mit dir?«
»Über mich reden wir jetzt gar nicht.«
»Gut. Dann reden wir auch nicht über mich.«
»Du würdest sie mögen, Shane«, beharrte Rinda, während sie endlich doch an Jerris Schreibtisch vorbeiging und das Gebäude verließ.
Er widersprach nicht mehr, aber ihm war klar, dass sie sich im Irrtum befand, was sein Liebesleben betraf. Und zwar gründlich. Und er vermutete, dass Rinda selbst das auch wusste. Sie konnte der Wahrheit nur nicht ins Gesicht sehen.
Genauso wenig wie er.
8. Kapitel
I ch finde es scheußlich hier«, sagte Cassie. Sie hockte im Schneidersitz auf ihrem ungemachten Bett und sah ihre Mutter durch den dichten Vorhang ihres Haars hindurch böse an. Sie hatte sich das Headset um den Nacken gelegt, sodass die Ohrstöpsel baumelten und sie trotzdem noch den Text ihres Lieblingssongs hören konnte, doch sie konnte sich nicht konzentrieren. Nicht,
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