Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
erledigt?«
»Fast alle«, antwortete Allie, völlig auf den winzigen Monitor konzentriert.
»Was heißt ›fast alle‹?«
»Dass ich keine mehr habe. Die Mathe-Aufgaben habe ich in der Schule gemacht, und außerdem habe ich nur noch eine mündliche Nacherzählung auf.« Endlich hob sie den Blick und fügte hinzu: »Die mache ich nach dem Abendessen.«
»Okay.« Einem weiteren Streit fühlte Jenna sich nicht gewachsen. Sie blies in ihre Kaffeetasse und ging zurück in die Küche, wo sie ein Telefonbuch aus dem Schrank beim Telefon holte und die Gelben Seiten durchblätterte. Sie hatte bereits mehrere Handwerker angerufen, deren Anzeigen in der Lokalzeitung standen, hatte jedoch immer nur den Anrufbeantworter erreicht. Auf ihre Nachrichten hin hatte bisher niemand zurückgerufen. Zeit, schwerere Geschütze aufzufahren. Sie blätterte durch die Liste der Fachleute für Reparaturen am Haus und überflog die Namen. Einige hatte sie schon einmal gehört, andere waren ihr völlig fremd, wieder andere waren Windbeutel, selbst ernannte Fachkräfte, die einen Hammer nicht von einer Säge unterscheiden konnten und kamen, wann es ihnen passte, schworen, die Alarmanlage repariert zu haben oder das Tor oder den Herd und sich dann verabschiedeten. Ein paar Tage oder Wochen später stellte das alte Problem sich dann wieder ein. Diese Schwindler mied sie lieber.
Du könntest Wes Allen anrufen.
Sie schob die Idee genauso schnell beiseite, wie sie ihr in den Kopf gekommen war. Sie mochte nicht mit ihm allein sein. Ganz und gar nicht.
Außerdem hatte sie noch vor, den Abschleppdienst zu rufen und den Jeep zu ihrer Werkstatt in Gresham bringen zu lassen, beinahe fünfzig Meilen westlich von Falls Crossing. Oder sie konnte es mit einem einheimischen Mechaniker versuchen, dem Besitzer einer der beiden großen Tankstellen in der Stadt. »So viele Entscheidungen«, sagte sie zu sich selbst und griff nach dem Hörer.
Während sie darauf wartete, dass sich jemand meldete, hallten Cassies Vorwürfe wegen der Gründe, warum sie Kalifornien verlassen hatte, schmerzhaft in ihrem Kopf nach. Es hatte doch nichts mit White Out zu tun?
Sie spürte den vertrauten Schmerz tief in ihrem Inneren. Jenna konnte noch immer nicht über den Unfall reden, der ihre Schwester das Leben gekostet hatte. White Out , der Film, der nie zu Ende gedreht wurde. White Out , ein Film, den sie nicht hatte drehen wollen. White Out , Roberts Lieblingsprojekt, das von Anfang an mit einem Fluch belegt zu sein schien. White Out , das Ende ihrer Karriere, ihrer Ehe und des Lebens, das sie bis dahin gekannt hatte. White Out , die Ursache von Jills Tod.
»RS Installationen«, meldete sich eine fröhliche Frauenstimme und riss Jenna aus ihren Gedanken. Sie erkannte, dass sie mit einem lebenden, atmenden Menschen sprach, nicht mit einer Voicemail-Maschine, die ihr verschiedene Optionen anbot.
»Prima.« Jenna versuchte, ein Lächeln in ihrer Stimme anklingen zu lassen und alle Gedanken an die Tragödie, die sie nach Oregon getrieben hatte, aus ihrem Kopf zu verscheuchen. »Ich hoffe, Sie können mir helfen. Ich habe ein Problem mit meiner Pumpe und …«
»Warten Sie bitte einen Moment?«
Bevor Jenna antworten konnte, schaltete die Frau auf eine andere Leitung um, und Jenna hörte nichts mehr. In der Hoffnung, dass die Frau am anderen Ende der Leitung diese nicht unterbrochen hatte, wartete Jenna, doch nichts geschah. Die Leitung schien tot zu sein. Sie legte auf und versuchte es erneut, doch die Leitung war besetzt. Natürlich. Heute wollte überhaupt nichts klappen. Sie versuchte es noch einmal, aber vergebens.
»Na großartig«, grummelte sie, legte auf und fühlte sich vom Pech verfolgt. »Vergiss es«, sagte sie zu sich selbst, lehnte sich an die Fensterbank und blickte hinaus in das winterliche Zwielicht, in dem die paar Sicherheitsleuchten der Ranch glühten und einen gespenstischen blauen Schein auf das Grundstück warfen. Der Wind hatte sich endlich gelegt, und damit war eine Stille hereingebrochen, die merkwürdig fehl am Platz wirkte. Wie nicht von dieser Welt.
Die Ruhe vor dem Sturm , dachte sie, und ein Schauer, kalt wie der Tod, lief ihr über den Rücken. Sie hatte ein eigentümliches Gefühl, was die kommende Nacht betraf, als brächte sie etwas Dunkles, Lauerndes, etwas Tödliches.
Hör auf! Quäl dich nicht selbst , ermahnte sie sich stumm und sah die ersten Schneeflocken vom Himmel fallen.
Sie war da.
Im Haus.
Irgendwo in dem weitläufigen
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