Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
versteckt hatte, stieß ein angstvolles Maunzen aus, bevor er auf Rindas Schreibtisch sprang und sich zu putzen begann.
»Ich hatte einen merkwürdigen Anruf«, gestand Jenna. »Ich konnte es nicht deutlich hören, weil die Verbindung schlecht war, aber ich glaube …« Sie zögerte. Hatte sie wirklich Musik im Hintergrund gehört? Oder hatte sie Wahnvorstellungen?
»Was für einen Anruf?«, drang Rinda in sie, und ihr Tonfall verriet, wie besorgt sie war.
»Der Anrufer hat nichts gesagt, aber ich habe die Filmmusik von White Out gehört.«
»Das reicht! Du musst zur Polizei gehen. Auf der Stelle.« Sie sprang auf, woraufhin Oliver hastig vom Schreibtisch flüchtete. Wie ein gelb gestreifter Blitz war er zur Tür hinaus.
»Ich weiß, ich weiß. Ich gehe ja auch.« Auf Rindas fordernden Blick hin fügte sie hinzu: »Heute noch.«
»Hast du den Mädchen davon erzählt?«
»Ich habe erwähnt, dass ich merkwürdige Fanpost bekommen habe und dass sie besonders vorsichtig sein sollen. Ich habe ihnen auch gesagt, dass sie alle Anrufe vom Anrufbeantworter aufzeichnen lassen sollen, damit wir nachverfolgen können, wer uns auf dem Festnetz anruft. Ich wollte ihnen keine Angst einjagen, deshalb habe ich ihnen den Brief nicht gezeigt.«
»Allie ist noch ziemlich klein, aber vielleicht hättest du Cassie den Brief lesen lassen sollen.«
»Ich wollte sie nicht noch mehr gegen mich aufbringen. Im Augenblick haben wir beide keine besonders harmonische Mutter-Tochter-Beziehung.«
»Sie ist ein Teenager. Was erwartest du?«
»Ich weiß. Aber in letzter Zeit liegen wir beide uns ständig in den Haaren. Ich habe sie erwischt, als sie sich nachts aus dem Haus geschlichen hatte, und sie zu Hausarrest verdonnert, aber ich glaube nicht, dass es was nutzt.«
»Zeigt sie dir die kalte Schulter?«
»Die eiskalte Schulter«, schimpfte Jenna und wünschte im selben Moment, sie hätte nichts gesagt. Was zwischen ihr und ihrer Tochter ablief, ging niemanden außer ihnen beiden etwas an. Allerdings brauchte Jenna hin und wieder jemanden, dem sie sich anvertrauen konnte, Eltern, die selbst Teenager erzogen hatten, Mütter, die die Rückschläge und Sorgen bei der Kindererziehung kannten.
»Du kannst ihren Freund einfach nicht leiden«, warf Rinda ihr vor. Die Heizung sprang wieder an, und das Geräusch des stetigen Luftstroms verdrängte die Stille.
»Das sagt Cassie auch.«
»Und, stimmt es denn nicht?« Rinda goss den Kaffeesatz aus ihrem Becher in den Topf eines Zimmerfarns.
»Wie soll ich ihn leiden können? Er raucht, er trinkt, ich glaube, er nimmt auch Drogen, er arbeitet nicht und hat keinen guten Einfluss auf meine Tochter. Er macht hoffentlich in diesem Jahr seinen Schulabschluss, sofern er nicht wegen ständigen Schwänzens vorher hinausgeworfen wird, und er kann sich nicht entscheiden, ob er in der Stadt aufs College will, zur Army gehen oder für seinen Onkel als Teppichverleger arbeiten soll. Er hat nichts außer Sex, Drogen, Alkohol und Ärgermachen im Kopf.«
»Das hat er wohl mit den meisten anderen Achtzehnjährigen gemeinsam.«
»Er ist neunzehn und sollte langsam zur Vernunft kommen.«
»Wie du selbst seinerzeit?«, fragte Rinda mit hochgezogener Augenbraue und streckte sich, wobei sie eine Hand in den Nacken legte.
»Ich habe wenigstens gearbeitet.«
»Für einen Produzenten, der doppelt so alt war wie du und dich schamlos ausgenutzt hat.«
»Robert hat mich nicht ausgenutzt. Immerhin haben wir später geheiratet«, widersprach Jenna und verzog das Gesicht, als ihr bewusst wurde, was sie da gerade gesagt hatte. »O Gott, ich kann nur hoffen, dass Cassie Josh nicht heiraten will.«
Rinda bedachte sie mit einem Blick, der besagte, sie solle sich gefälligst nichts vormachen. »Das ist ihr bestimmt schon in den Sinn gekommen. Was nicht heißt, dass sie es ernst meint.«
»Aber sie hat so großes Potenzial. Sie ist klug und hübsch und …« Jenna schüttelte seufzend den Kopf.
»Ist es nicht wunderbar, allein erziehende Mutter zu sein?«
»Doch, wirklich – ich mag es nur nicht, die strenge Erzieherin herauskehren zu müssen. Der Rest ist ein Kinderspiel.«
»Wenn du meinst«, pflichtete Rinda ihr bei, doch ihr Blick hatte sich verdüstert, als ob sie an ihren Sohn Scott dächte. »Irgendwie finde ich, es ist insgesamt eine Qual.«
»Ich habe mir sagen lassen, wenn sie erst mal vierzig sind, wird es besser.«
Rinda lachte, doch ihr Lächeln wirkte angespannt und konnte die Sorge nicht aus ihrem
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