Sanfte Eroberung
Namen genannt? «
»Nein, Miss, aber er sieht wie ein vornehmer Lord aus, und er benimmt sich auch wie einer. Ich soll Ihnen ausrichten, er besitze >mehr Geduld, als Sie ahnen<, was immer das heißen mag.«
Leider wusste Lily nur zu gut, was es bedeutete. Ihr fiel das Atmen schwer bei dem Gedanken, dem Marquess gegenübertreten zu müssen. »Haben Sie ihn in Miss Delees Salon geführt, Ellen?«
»Nein, Miss. Er bat mich, ihn in Ihr Zimmer zu bringen.«
» In mein Schlafzimmer? « Lily hatte unwillentlich die Stimme leicht erhoben, senkte sie jedoch gleich wieder, als sie bemerkte, dass sich mehrere Augenpaare auf sie richteten. »Mein Schlafzimmer dürfte kaum der passende Ort für einen Herrenbesuch sein, Ellen.«
»Ich weiß, Miss Loring, doch er bestand darauf.«
Das klang ganz nach Lord Claybourne, dachte Lily, die zwischen Wut und Verzweiflung hin und her gerissen war.
Ihre Verzweiflung gewann, als Ellen hinzufügte: »Er sagte, Sie würden ihn lieber unter vier Augen sprechen als vor Ihren Schülerinnen.«
Angesichts der implizierten Drohung kniff Lily die Lippen zusammen. Offenbar blieb ihr keine andere Wahl, als ihn in ihrem Schlafzimmer zu empfangen, denn gewiss wollte sie nicht, dass er ihr vor Publikum eine Szene machte.
»Wünschen Sie, dass ich Miss Delee hole, damit sie ihn fortschickt?«, fragte die Zofe, die nervös wurde, weil Lily schwieg.
»Nein, ich gehe zu ihm. Danke, Ellen.«
Nachdem Lily ihre Schülerinnen höflich gebeten hatte, sie einen Moment zu entschuldigen, verließ sie den Speisesalon und nahm die Hintertreppe nach oben. Sie strengte sich an, die Schmetterlinge in ihrem Bauch zu ignorieren, als sie die beiden Treppen hinauflief und den Flur zu ihrem Zimmer hinunterging. Dort stieß sie die geschlossene Tür auf und fand sich von Angesicht zu Angesicht mit Lord Claybourne wieder.
Tatsächlich besaß er die Dreistigkeit, auf ihrem Bett zu liegen, den Rücken auf die Kissen gelehnt und ein Bein lässig angewinkelt, so dass es das Buch stützte, in dem er las.
Ihr Buch, wie sie feststellte, und ihr stand der Mund vor Empörung über seine Unverfrorenheit offen. Allerdings war es der Mann, der sie sprachlos machte. Es war schockierend, wie allein der Umstand, sich in einem Raum mit ihm zu befinden, ihr den Atem verschlug.
Dann sah er auf, ihre Blicke begegneten sich, und auf einmal wurde das Flattern in ihrem Bauch zu einem regelrechten Aufruhr.
Lily drückte eine Hand auf ihre Körpermitte, was sie jedoch nicht beruhigte. Wie sollte es auch, wenn Claybourne sie so anschaute?
Das Funkeln in seinen braunen Augen war eine Mischung aus Triumph, Sinnlichkeit, Belustigung und noch mehr ... Ja, er versprach ihr, sich für ihr Versteckspiel zu rächen.
»Kommen Sie herein, mein Engel!«, forderte er sie mit seiner tiefen, wohlklingenden Stimme auf. »Wir haben eine Menge zu bereden, denken Sie nicht?«
Sollte er sich gefragt haben, wie er sich fühlen würde, wenn er Lily Loring wiedersah, bekam Heath nun die Antwort: Eine Vielzahl von Empfindungen überflutete ihn, sorgte dafür, dass sein Magen sich verkrampfte und seine Lenden sich anspannten.
Er wusste, dass sie den Funken zwischen ihnen ebenso fühlte, denn das verrieten ihre Augen, die zunächst groß wurden und dann ärgerlich aufblitzten. Was ihm eine höchst primitive Befriedigung war.
Während er noch über die verblüffende Wirkung staunte, die Lily auf ihn ausübte, ließ er seinen Blick langsam zu ihrem wohlgeformten Mund wandern. Er konnte nicht vergessen, wie diese zartrosa Lippen sich angefühlt hatten. Ebenso wenig könnte er die unglaublich dunklen Augen und das dichte kastanienbraune Haar vergessen.
Doch in natura war sie so viel pulsierender als in seiner Erinnerung. Und seine Reaktion fiel entsprechend stärker aus.
Allerdings war das keine reine Lust. Etwas an ihr brachte sein Herz zum Rasen. Das hatte er sich nicht vorgestellt.
Heath belächelte sich im Geiste. Die Frage, ob der Funken zwischen ihnen noch da wäre, hatte ihm die letzten vier Wochen unendlich erscheinen lassen. Sein Leben war seit der Begegnung mit Lilian Loring vollkommen leer und öde gewesen. Und erst recht hatte es keine einzige Frau darin gegeben, die sein Interesse fesseln konnte.
Dass seine Suche ihn in eine Pension für leichte Mädchen führen würde, hatte er indessen nicht erwartet. Ebenso wenig wie er damit gerechnet hatte, dass Lily vor ihm weglaufen würde. Noch nie war er gezwungen gewesen, einer Frau
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