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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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Fall allein fahren lassen, einmal, weil sie seinem Verhandlungsgeschick nicht traute, und dann hatte Klara sie angefleht, ihren Mann auf jeden Fall zu begleiten. Schließlich konnte er unterwegs wieder einen seiner Anfälle bekommen.
    Wie durch eine glückliche Fügung jedoch schickten die Krügers gerade jetzt einen Mann auf die Plantage, der ihnen als Verwalter für Neu-Kronau geeignet erschien. Björn Husdahl war Norweger und machte auf Charlotte zunächst einen ziemlich desolaten Eindruck– der baumlange Kerl war so hager, dass sie schon glaubte, er sei von einer auszehrenden Krankheit befallen. Auch sein Gesicht, das zum großen Teil unter dem dunkelblonden Vollbart verborgen war, erschien ihr schrecklich eingefallen, doch seine hellblauen Augen nahmen sie für ihn ein. Sie hatten den weiten, scharfen Blick der Menschen, die mit der See lebten.
    Sein Englisch war kaum zu verstehen, Norwegisch konnte niemand auf der Plantage, und Deutsch schien Husdahl nur im äußersten Notfall zu sprechen. Immerhin konnte er Suaheli, das er jedoch nur im Gespräch mit den Afrikanern benutzte. Er schien überhaupt kein großer Redner zu sein, sondern verständigte sich lieber durch Gesten, die er mit wenigen abgehackten Worten unterstützte. Trotzdem hatte Charlotte ein gutes Gefühl. Sie bot ihm an, einige Tage zu bleiben– danach würden sie sich zusammensetzen und Nägel mit Köpfen machen.
    Der weiße Gouverneurspalast von Daressalam leuchtete zwischen Palmen, der Küstendampfer drosselte jetzt die Maschine, um langsam in den Kanal zum Hafen einzufahren. Das Schiff glitt dicht an den vorgelagerten Koralleninseln vorbei, rechts erschienen jetzt die üppigen Palmenhaine von Immanuelskap, dem Sitz der evangelischen Mission, dann wurde der Blick auf die weite Hafenbucht frei. Kleine Dhaus mit weißen, schwellenden Segeln glitten über das Wasser, ein Überseedampfer, der in der Bucht vor Anker gegangen war, sah zwischen all den Fischerbooten aus wie ein schlafender Riese. Malerisch dehnte sich die Hauptstadt der deutschen Kolonie entlang der geschwungenen Linie der Bucht, ließ zwischen Palmen und Akazien die hellen Kolonialgebäude und die neu erbaute Kirche erkennen. Dazwischen, von Buschwerk halb verdeckt, lagen die braunen Hütten der Afrikaner, die grauen Lagerschuppen, die verfallenen Baracken, in denen Menschen aus allerlei Ländern hausten, die die Hoffnung an die afrikanische Küste getragen hatte.
    Der Küstendampfer legte am Landungssteg vor dem Zollgebäude an, und Charlotte hatte Mühe, Peter Siegel davon abzuhalten, als Erstes die evangelische Mission aufzusuchen.
    » Bei einem solchen Unternehmen kann die Fürsprache der örtlichen Missionare viel bewirken! « , wandte er störrisch ein.
    » Wir versuchen es erst einmal auf eigene Faust! « , beharrte sie energisch.
    Wie naiv war er eigentlich? Schließlich wusste man hier über seine Wahnvorstellungen Bescheid und hätte ihn vermutlich gar nicht ernst genommen. Nein, sie wollte diese unglückselige Geschichte möglichst rasch hinter sich bringen– die Missionare in Immanuelskap würden die Sache nur verzögern.
    Peter Siegel war es nicht gewohnt, sich dem Willen einer Frau zu fügen. Beleidigt stand er eine Weile am Strand und schien seinen Plan allein ausführen zu wollen, bevor er endlich nachgab, nicht zuletzt deswegen, weil der Weg vom Hafen hinauf zum Immanuelskap zu Fuß mindestens eine halbe Stunde dauerte und er kein Geld hatte, eine Rikscha zu mieten. Während er sie zum Stadthaus begleitete, schimpfte er auf Simba, der seiner Meinung nach besser auf der Plantage geblieben wäre, dann hörte er kopfschüttelnd zu, wie sie sich durchfragte. Man schickte sie zum Stützpunkt der deutschen Polizei, von dort zum Gefängnis, das gleich hinter dem Zollgebäude lag, und schließlich, nach scheinbar ewiger Warterei, fand Charlotte einen Beamten, der ihr bestätigte, dass ein gewisser Schammi tatsächlich in Haft säße. Wenn sie etwas für den Burschen tun wolle, müsse sie sich beeilen, der Gerichtstermin, bei dem das endgültige Urteil verkündet werde, sei für morgen früh angesetzt. Das Gefängnis für Eingeborene sei voll von Dieben, Hehlern und anderen Gaunern, eine lästige Sache, in früheren Zeiten habe man dieses Gesindel einfach kräftig mit der Nilpferdpeitsche durchgeprügelt. Jetzt aber gelte das deutsche Kolonialgesetz, man müsse die Kerle auf Regierungskosten füttern und ihnen einen Prozess machen, bei dem weiter nichts als ein paar Monate

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