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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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höflich ignorierten, und fragte Elisabeth nach Fräulein Mines Befinden.
    » Es geht ihr gut. Sie hat schon ein halbes Kotelett und drei Löffel Kartoffelbrei gegessen. Nur den Salat mag sie nicht. «
    George nippte an seinem Rotwein und drehte Brotkügelchen, plauderte über eine Reise durch Schottland, die er vor Jahren unternommen hatte, und zauberte sanfte Röte auf die Wangen der Schwestern Marwin. Als die Damen zum Nachtisch Früchte, Käse und Kompott bestellten, erhob er sich, um– wie er behauptete– ein wenig frische Luft zu schöpfen. Er hatte nur ein halbes Glas Wein getrunken und von dem Brot keinen einzigen Bissen zu sich genommen.
    Charlotte ließ vorsorglich eine Kanne Kamillentee in seine Kabine bringen und begab sich mit Elisabeth aufs Promenadendeck, wo zwei Matrosen die Bänke trocken wischten. Einige Passagiere lehnten an der Reling, in dicke Mäntel gehüllt, die Gesichter blass und leidend. Das Meer war unruhig, und der Wind zerrte an Mänteln und Kopfbedeckungen, doch sie durften Hoffnung schöpfen. Nach all den vermischten Gerüchen auf den Fluren war es eine Wohltat, die kühle, frische Meeresluft einzuatmen.
    Sie fanden George in seiner Kabine auf dem Bett sitzend, ein aufgeschlagenes Buch auf den Knien. Neben ihm stand ein Tablett mit Kanne und Tasse, er hatte sich tatsächlich von dem Tee eingeschenkt und schien sogar einige Schlucke getrunken zu haben.
    » Ich werde Wasserproben aus Seen und Flüssen entnehmen, um sie mikroskopisch zu untersuchen « , erklärte er ihr, als sie in die Kabine trat. » Die Abende werden mit Arbeit ausgefüllt sein. «
    Er war also schon wieder mit der Expedition beschäftigt– ein gutes Zeichen.
    » Keine Sorge, ich werde dir dabei helfen. «
    Zerstreut schlug er das Buch zu und trank etwas Tee, dann verzog er angewidert das Gesicht und spottete über die typisch deutsche Angewohnheit, bei jedem Leiden Kamillentee zu sich zu nehmen.
    » Wie geht es Elisabeth? «
    » Hervorragend. Sie liegt mit Fräulein Mine im Bett und schläft. «
    George ließ sich zurücksinken, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und sah zur Kabinendecke empor. Er atmete tief durch, dann hob er den Kopf ein wenig, um sie anzusehen.
    » Wir haben eine wunderbare kleine Tochter, Charlotte « , sagte er lächelnd. » Und dieses ›wir‹ meine ich in vollstem Ernst, denn Elisabeth ist für mich wie ein eigenes Kind. «
    Charlotte war ein wenig überrascht über die eindringliche Art dieser Feststellung, wusste sie doch, dass er Elisabeth liebte, und auch die Kleine, die sich an ihren leiblichen Vater nicht mehr erinnern konnte, hatte George von Anfang an akzeptiert. Es war wunderbar, dass er es geschafft hatte, noch vor ihrer Abreise nach Afrika alle erforderlichen Papiere zu unterzeichnen und sie tatsächlich zu adoptieren. Charlottes Sorge, Max von Rodens Bruder könne seine Drohung wahrmachen und seine Vormundschaft durchsetzen, war damit weitestgehend aus der Welt geschafft. Dennoch war ihr unwohl, wenn sie an die adeligen Herrschaften aus Brandenburg dachte, doch bei jeder Seemeile, die die Feldmarschall in Richtung Afrika stampfte, legte sich ihre Furcht.
    » Sie wird sich in Afrika rasch wieder einleben « , sagte George soeben. » Klara wird wie eine Mutter für sie sein. Allerdings braucht Elisabeth eine energische Hand, und dafür ist deine kleine Cousine gewiss nicht die Richtige. «
    » Worauf willst du hinaus? « , fragte Charlotte mit klopfendem Herzen.
    George ließ den Kopf wieder zurückfallen und legte eine Hand auf seinen Magen.
    » Die Expedition kann ein ganzes Jahr oder sogar noch länger dauern, Charlotte. Hast du das bedacht? «
    Sie wartete bis zum folgenden Nachmittag, um ihm die Frage zu stellen. Es sollte keinen Streit zwischen ihnen geben, schon gar nicht, solange er seekrank war. Dennoch war sie fest entschlossen, nie wieder ein so zerstörerisches Schweigen zwischen ihnen aufkommen zu lassen wie in Emden. Von jetzt an würde sie offen aussprechen, was sie dachte und empfand, und sie erwartete, dass er das Gleiche tat.
    Die Gelegenheit ergab sich, als Elisabeth mit den Schwestern Marwin auf dem Sportdeck eine Runde Shuffleboard spielte– ein Vergnügen, an das gestern niemand auch nur zu denken gewagt hätte. Der Atlantik zeigte sich heute freundlich, am Morgen hatten die Sportbegeisterten unter den männlichen Passagieren bereits ihre Dauerlaufrunden absolviert, und auch eine kleine Gruppe fortschrittlicher Damen hatte wieder ihre viel belächelte

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