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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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buntes Hemd oder eine zerfetzte Jacke. Ganz offensichtlich waren es Arbeitssuchende, die sich in Usambara Geld verdienen wollten.
    » Sodom und Gomorra « , ließ sich Peter Siegel ärgerlich vernehmen. » Die Gier nach Geld hat sie erfasst, sie laufen dem Mammon hinterher, verfallen den Verführungen der Küste, anstatt sich zum christlichen Glauben zu bekehren, der allein selig macht. Man sieht schon Schwarze, die mit Zylinderhüten und ledernen Stiefeln herumstolzieren, und die Weiber tragen bunte Röcke mit Rüschen daran. «
    Missbilligend starrte er auf die vielen schwarzen Frauen, die den Reisenden auf dem Bahnsteig gefüllte Fladen, Erdnüsse und Bananen verkauften. Die Stadt Tanga sei während des vergangenen Jahres zu einem Sündenpfuhl geworden und laufe Daressalam in dieser Hinsicht den Rang ab. Die ganze Küste sei ihm zuwider, dort herrsche die babylonische Hure, er sei froh, endlich in die Mission zurückzukehren.
    Charlotte und George wechselten zweifelnde Blicke, doch beide beschlossen, Peters Reden vorerst unkommentiert zu lassen.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis die Kisten und Säcke, die für die Mission Hohenfriedeberg bestimmt waren, in einem der drei Güterwaggons verstaut waren. Fasziniert sah Charlotte den schwarzen Trägern dabei zu. Sie ließen sich von Missionar Siegel keineswegs zur Eile antreiben, die Vorstellung, der Zug könne zu einer bestimmten Zeit abfahren, schien ihnen vollkommen fremd. Gemächlich reichten sie einander die Lasten, postierten sie sorgfältig und ruckelten noch einmal daran, damit auch ja nichts umfiel. Nur wenige von ihnen schienen Suaheli zu verstehen, sie unterhielten sich miteinander in einer fremden Sprache, die Peter ganz offensichtlich nur ansatzweise beherrschte. Wenn er einen von ihnen beim Namen rief, dann nannte er ihn » Johannes « oder » Noah « , einen auch » Hiob « . Sie waren also Christen, die bei ihrer Taufe einen biblischen Namen erhalten hatten.
    » Wir sollten jetzt einsteigen, sonst müssen wir mit den schlechtesten Plätzen vorliebnehmen « , drängte er sie nun wieder einmal zur Eile.
    Die beiden Personenwagen waren schon gut besetzt. Die meisten Reisenden waren Afrikaner, dazwischen leuchteten die weißen Turbane einiger Inder, hie und da erblickte man den Tropenhelm eines Europäers. Alle saßen eng aneinandergedrängt auf den hölzernen Bänken, Handgepäck stand im Weg: lederne Koffer, zerschlissene Körbe, mit Bindfaden zusammengeschnürte Bündel. Sie fanden noch drei freie Plätze, was zu Elisabeths Ärger bedeutete, dass sie auf Charlottes Knien sitzen musste.
    » Was regst du dich auf, Lisa? Fräulein Mine muss ja auch auf deinem Schoß sitzen, oder? «
    » Aber die ist doch noch klein! «
    George stieg als Letzter in den Zug. Er hatte einer der schwarzen Frauen die gefüllten Fladen mitsamt dem Korb abgehandelt, dazu eine Tüte Erdnüsse und zwei reife Mangos. Peter Siegel machte große Augen und fragte, wann er dies alles zu essen gedenke.
    » Ich habe es als Wintervorrat eingekauft « , erwiderte George grinsend und zwinkerte Elisabeth zu.
    Peter Siegel fehlte der Sinn für solche Scherze, dafür lachte sein Sitznachbar, ein Weißer, der die deutsche Unterhaltung verstanden hatte. Er mochte um die dreißig sein, war sehr hellhäutig und bis auf einen kleinen Oberlippenbart glatt rasiert. Redselig stellte er sich als Horst Meier vor, Ingenieur und Angestellter bei der Firma Bleichert & Co. aus Leipzig. Er sei mit der Konstruktion einer Seilbahn im Usambara-Gebirge befasst, eine ganz einmalige und spannende Aufgabe, für die er sich freiwillig gemeldet habe. Der Auftrag sei von der Plantagengesellschaft Wilkins & Wiese erteilt worden, es gehe darum, die ganz hervorragenden Hölzer aus dem Schummewald nach Mkumbara zu schaffen. Mkumbara sei eine weitere Station der Usambara-Bahn, die sich momentan allerdings noch im Bau befinde, bisher ende die Strecke leider in Mombo.
    » Sie machen sich keine Vorstellung von den Reichtümern des Usambara-Gebirges. Teakholz und Mahagoni wachsen dort– der Festmeter wird zu hundertfünfundvierzig Mark gehandelt. Noch kostbarer allerdings ist die Zeder, aus der man Bleistifte, Pinselstiele, Pfeifenrohre und auch Kameras für die Tropen herstellt. «
    Die Gesellschaft habe bereits einige Sägewerke eingerichtet, das größte stehe in Neu-Hornum, gleich in der Nähe des Schummewaldes.
    » Und wo befindet sich dieser Schummewald? « , wollte Charlotte wissen.
    » Am westlichen Rand des

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