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Sanssouci

Sanssouci

Titel: Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Maier
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der Titel ist eine Unverschämtheit. Alexej: Er habe die Serie nie gesehen. Er schaue kein Fernsehen. Die Frau holte eine Zeitung vom Tresen und schlug sie auf; der Bericht über Maximilian Hornungs Unfall nahm eine ganze Doppelseite ein und war mit mehreren Bildern illustriert. Alexej war verblüfft.
    Sie: Die Stadt hat uns weisgemacht, wir würden mit dem Regisseur den großen Potsdamfilm finanzieren, das wäre Stadtmarketing und würde Investoren anlocken. Der Film ist natürlich nie gedreht worden. Das hätte ich denen auch gleich sagen können. Wenn mir jemand im voraus Geld gibt und mich zu gar nichts verpflichtet, wissen Sie, was ich dann tun würde?
    Alexej: Nun, was würden Sie tun?
    Nichts, nichts würde ich tun. Das ist doch völlig klar. Niemand würde etwas tun. Wenn ich Geld auf der Hand habe, stecke ich es ein, und fertig. Das hat der Regisseur genauso gemacht. Das hätten sich die Stadtoberen denken können, meiner Ansicht nach.
    Alexej schwieg und fuhr fort, die Szene vor dem Schaufenster zu betrachten.
    Die Frau, ebenfalls wieder hinausschauend: Er war damals dauernd in der Zeitung, im nachhinein weiß ich eigentlich gar nicht mehr, warum. Alle reden von der Serie … Wie konnte diese Stadt sich selbst nur so erniedrigen? Aber (lachend), sagen Sie einmal, wieso erzähle ich das alles? Alexej lachte auch, aus Höflichkeit, und antwortete, er habe sie nicht danach gefragt. Während er das sagte, entdeckte er Heike und Arnold in der Menge.
    Die Teetasse ist schön, wirklich schön, wiederholte er, danke. Dann verließ er den Laden und mischte sich unter die Menschen. Heike und Arnold waren inzwischen wieder in der Menge verschwunden. Alexej betrachtete die Leute. Sie sahen tatsächlich aus wie bei einem Volksfest, trugen Freizeitkleidung und waren offenbar einfach nur gekommen, um sich alles anzuschauen. Ein Reporter einer Potsdamer Zeitung trat auf Alexej zu und fragte ihn, ob er etwas für die Zeitung sagen könnte. Alexej zuckte mit den Schultern, es herrschte ein hektisches Treiben um ihn herum. Der Reporter fragte, ob sich auch die russische Gemeinde über die Neueröffnung des alten Kaufhauses freue, das so viel zur Stadtgeschichte beigetragen habe. Während er die Frage stellte, wurde Alexej fotografiert. Alexej war durch die vielen Gesichter und Bewegungen um ihn herum so verdutzt und abgelenkt, daß er den Reporter für einen Augenblick sprachlos anstarrte. Das könne er nicht sagen, sagte er. Entschuldigung, nein, wie solle er das beurteilen? Sie heißen, fragte der Reporter, die Wiedereröffnung also nicht gut, Sie stehen dem kritisch gegenüber? Alexej konnte nicht mehr antworten, weil der Reporter durch eine Welle von Menschen abgedrängt wurde.
    Es wurde immer enger. Plötzlich entstand noch mehr Bewegung, ein Großteil der auf der Straße Versammelten drängte nun zum Kaufhaus, denn offenbar wurde es in diesem Augenblick geöffnet. Alexej kämpfte gegen den Strom an, um nicht in das Kaufhaus hineingezogen zu werden. Er kam neben einem Würstchenstand zu stehen, an dem einige Männer Bier tranken, Würstchen aßen undsehr guter Laune waren. Die Männer musterten ihn interessiert, einige lachten freundlich und prosteten ihm zu. Alexej sah Arnold am Rand der Gruppe stehen. Der Junge unterhielt sich mit einem der Biertrinker, beide schienen über irgend etwas zu verhandeln. Arnold wirkte ebenso sachlich und geschäftsmäßig wie seine Schwester einige Stunden zuvor im Bahnhof. Am Ende der Verhandlung gab der Mann Arnold einen Geldschein, und Arnold nickte. Als der Mann verschwand, hielt Arnold den Schein in die Höhe und schwenkte ihn hin und her. Die Umstehenden lächelten beifällig, achteten aber nicht weiter darauf.
    Nun kam Heike zu der Szene hinzu. Die Biertrinker betrachteten sie aufmerksam mit vor Trunkenheit glänzenden Augen. Heike trug wie immer nur wenig schwarzen Stoff am Leib. Sie gesellte sich zu Alexej. Auch Arnold kam jetzt herbei.
    Er hat mir Geld gegeben, sagte Arnold. Wieviel, fragte Heike. Arnold: Hundert Euro. Arnold hielt den Schein nach wie vor in der Hand. Hm, machte Heike. Dann blickte sie Alexej an und sagte: Vielleicht sollten wir nicht weiter davon reden. Alexej entgegnete, sie müßten sich keine Gedanken machen. Er wisse zwar nicht, um was für Geld es sich handle, aber Arnold habe es mit Absicht so entgegengenommen, daß es jeder habe sehen können. Er habe den Schein sogar in die Höhe gehalten, nur habe keiner darauf geachtet. Arnold lachte, er war

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