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Sanssouci

Sanssouci

Titel: Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Maier
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Stunden, das waren schöne Nachmittage, anschließend war sie sehr erholt und mußte immer lächeln.
    Maike, eine Bekannte im Zentrum, hatte Batikfarbengekauft. Sie unterhielten sich heute darüber, ob diese Farben ökologisch unbedenklich waren oder nicht und wo sie produziert worden waren, denn Maike achtete sehr darauf, wo sie Produkte kaufte, um, wie sie sagte, »nichts mit Ausbeutung zu tun zu haben«. Maike trug ihr jüngstes Kind im Tragetuch bei sich. Maike, wußte Merle, hatte ein großes Los gezogen, sie bekam zweitausendfünfhundert Euro im Monat und konnte sich eine Vierzimmerwohnung am Heiligen See leisten. Sie hatte inzwischen drei Kinder. Drei Kinder wollte Merle auch haben. Gerade bekam sie ihr zweites. Darauf freute sie sich schon sehr.
    Das Gespräch unter Freundinnen machte Merle Spaß. Es gehörte zu ihrem Grundgefühl von Freude und Zufriedenheit, daß sie sich völlig normal vorkam: sie war ein Mädchen wie jedes andere, einfach ein Mädchen, das gern batikte und mit den Freundinnen über solche Dinge wie Ökologie sprach oder über Fleisch und darüber, was die anderen so aßen. Oder über Unterhalt.
    Während des Gesprächs bekam sie eine SMS von Lars Berlow. Hallo, mein Schatz, geht es dir gut? schrieb er. Sie schrieb: Ich fühle mich so wohl, die Liebe zu dir fühlt sich schön an, bin gespannt, was wir erleben werden. Es ist Lars, sagte sie zu Maike. Ihr versteht euch gut, oder, fragte Maike. Ihr seht gut miteinander aus. Lars ist richtig gesund. Von ihm könnte ich auch Kinder bekommen, sie werden bestimmt sehr gut sein von ihrer Anlage, ich meine körperlich und so. Genetisch. Merle: Und Lars trinkt nicht viel. Ich möchte kein Kind haben von einem Betrunkenen. Man weiß, was dabei herauskommt. Maike: Undwie wirst du es mit ihm machen? Merle (lächelnd): Ich bin im vierten Monat, er ist total lieb, er kommt zu allen Untersuchungen mit und hat auch bereits zugestimmt, daß das Kind kein Fleisch und so Sachen essen darf, das heißt, er denkt wirklich mit, und ich weiß, daß er sich auf das Kind freut. Ich finde das gut. Maike: Ich auch. (Sie lächelte ebenfalls.) Merle: Er malt sich aus, wo wir wohnen werden mit dem Kind. Dazu sage ich natürlich nichts. Maike: Würde ich auch nicht tun, ich bin ja nicht verrückt. Sie: Trotzdem lieb, was er sich so ausmalt. Er geht im Winter nach Amsterdam und hat da eine richtig gute Stelle, und er hat sich auch schon einen Kindergarten ausgesucht und alles für uns vorbereitet. Maike: Sag ihm aber nicht, daß du nicht mitkommst! Sie: Nein, natürlich sage ich ihm das nicht. Ich sage einfach gar nichts. Übrigens kann ich hier dann ja in eine größere Wohnung ziehen, so Erdgeschoß mit Garten, das wäre besser für Jesus … Die Geburt ist am fünften Januar. Lars muß am fünfzehnten Januar nach Amsterdam. Die paar Tage stehe ich gut durch. Maike: Und die Geburt, weißt du, wie du es machst? Sie: Meinst du, wo die Geburt stattfinden wird? Maike: Nein, sie wird ja wohl wieder im Geburtshaus stattfinden, in Babelsberg, wie bei Jesus. Ich meinte, wie machst du es mit deinem Freund? Sie: Lars kommt bestimmt mit. Hat der Vater von Jesus auch gemacht. Ich finde das ganz wichtig. Wenn ein Papa sein Kind sieht und liebt, das ist wirklich sehr entscheidend. Ansonsten ist es für ihn so anonym. Wenn er sein Kind gesehen hat, kann man mehr erreichen, dann ist es einfacher, auch mit dem Rechtsanwalt und so. Du weißt doch aus eigenerErfahrung, er sollte die Geburt und die folgende Nacht schon auf jeden Fall erlebt haben. Sowieso komisch, wenn Väter nicht bei der Geburt dabeisein wollen. Lars ist da nicht so. Er ist wirklich lieb, der Arme. Mein Gott, was ich ihm da antue. Furchtbar. Maike lächelte erneut. Ja, furchtbar, wiederholte sie.
    Dann rief Malkowski an. Merle sagte, sie rufe ihn in ein paar Minuten zurück. (Es war verpönt, im Buddhistenzentrum zu telefonieren.)
    Merle, Maike und die anderen Freundinnen betrachteten daraufhin eine Weile die Mönche. Sie trugen lange, orangefarbene Gewänder und sangen einen angenehmen Singsang. In der Kantine gab es heute Rosinenreis mit Vegicurry, Vollkornnudeln mit Tomatenpesto oder Fladenbrot mit Olivenpaste und Tofusalat. Maike holte sich einen Teller Rosinenreis, Merle setzte sich daneben, aß aber nichts. (Sie aß seit ihrem siebzehnten Lebensjahr nicht einmal in Gesellschaft ihrer Eltern.)
    Sie redeten noch eine Weile über Jesus, über seine Windelzeiten, Maike sprach von ihrem Zweitältesten und daß sie

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