Santa Clause - Eine Unglaubliche Geschichte
um seine tieferen, dunkleren Gefühle zu verstecken. »Ja, das war es wohl.« Er sah sich wieder um in diesem Wunder einer im Lichterglanz erstrahlenden Elfenstadt. Im Vergleich dazu war das verlorengegangene Fleckmobil geradezu langweilig gewesen.
»Kann ich dir vielleicht eine Tasse heiße Schokolade machen?« fragte Anya, die ihrem Mann gefolgt war und sich nun mit einem stillen Lächeln an seine Seite stellte. Sie sah hinunter auf den mageren, verloren aussehenden kleinen Jungen, der ganz allein in einer Ecke stand, und ihr Herz füllte sich mit dem jähen Verlangen, ihn in die Arme zu nehmen und an ihr Herz zu drücken.
»Nein, vielen Dank, ich will keine Schokolade.« Joe schüttelte den Kopf und fühlte sich noch verlegener und unbehaglicher, als er plötzlich der Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit war. Er schob die Hände in die Taschen, sah zu Boden und trat von einem Bein auf das andere. Dann drehte er sich um und zog sich noch weiter in die Ecke zurück, die Schultern nach vorn gezogen, mit dem Rücken zur Halle.
Santa Claus beobachtete den Jungen eine Weile schweigend mit einem liebevollen Blick. »Du willst keine heiße Schokolade«, sagte er, und seine Stimme war wie ein sachtes Zupfen an der Schulter des Jungen. »Du wolltest mich nie um ein Geschenk bitten. Aber wenn du nicht gewesen wärst, hätte die Welt vielleicht nie mehr ein Weihnachtsfest erlebt. Und doch hast du als einziges Kind auf der Welt nie etwas bekommen. Joe . . .«
Der Junge drehte sich zögernd um, als er Santas Worte hörte.
»Joe«, sagte Santa leise, »gibt es denn gar nichts, was du dir wünschst?«
Joe stieß mit der Schuhkappe gegen die breiten Dielenbretter und hätte sich am liebsten wieder der Wand zugedreht, als er merkte, daß die Fassade des hartgesottenen Jungen abzubröckeln begann. »Ich?« sagte er mit bemühter Beiläufigkeit. »Nein, ich . . . ich brauche nichts . . .« Und plötzlich kamen die Worte wie ein Sturzbach aus ihm heraus: »Ich möchte bei dir bleiben. Ich möchte euer Sohn sein.« Tränen füllten seine Augen, und staunend sah er, daß auch Tränen in den Augen von Anya und Santa blinkten, während überströmende Freude ihre Gesichter verklärte. Sie streckten ihm ihre Hände entgegen. Joe rannte zu ihnen, sie hielten ihn fest an sich gedrückt, bis er in seinem Herzen wußte, daß sie ihn nie mehr fortgeben würden und daß sie nun für immer zu ihm gehörten.
Claus sah seine Frau an, und ihre Augen leuchteten, als ihre Blicke sich begegneten. Nun hatten sie endlich den Sohn gefunden, nach dem sie sich schon so lange sehnten.
Joe hob den Kopf, um Luft zu holen, mit einem Grinsen auf seinem tränennassen Gesicht, und sah hinüber zu Cornelia, die auch ganz verloren dastand und ein bißchen neidisch Joe und seine neue Familie betrachtete. Dann blickte er wieder mit ernstem Gesicht zu Santa hinauf und fragte: »Was wird aus Corny?« Er wußte, daß sie stets reichlich mit allem versorgt sein würde, weil ihr Stiefonkel ein sehr reicher Mann war . . . mit allem, nur nicht mit Liebe und Freundschaft.
Cornelias Mund begann zu zucken, doch dann schob sie energisch die Unterlippe vor. Sie wischte sich über die Augen und setzte dann ihr süßestes unwiderstehlichstes Lächeln auf. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, faltete die Hände und sah mit großen Augen zu Santa auf. »Kann ich bleiben?« fragte sie. »Nur so lange, bis wieder Weihnachten ist? Bitte . . .«
»Du könntest sie doch im nächsten Jahr mit dem Schlitten wieder nach Hause bringen . . .«, schlug Joe vor, um ihre Bitte zu unterstützen.
Santa wandte sich Anya zu und sah wieder dieses brennende Verlangen in ihren Augen. Sie trug ihr schönstes Weihnachtskleid, und nach all diesen Jahren war sie immer noch die herrlichste Frau, der er jemals begegnet war. Wie sehr er sie doch immer noch liebte, dachte er staunend, und wie hieß doch noch das alte Lied, das sie damals im Dorf gesungen hatte? — Ein Junge für mich, und ein Mädchen für dich . . .
Rasch überlegte er, welche Versorgungsprobleme für die Elfen entstanden, wenn sie noch zwei Kinder im Dorf aufnahmen, und was Kinder noch so alles zum Leben brauchten. »Tja . . .«, murmelte er und strich sich seinen Bart. Er sah wieder auf die beiden wartenden Kinder hinunter und nickte entschlossen. »Dooley . . .«, rief er, um seinen bewährten Berater herbeizuzitieren.
Dooley, der schon ungefähr eine Minute stumm hinter ihm stand und alles mit angehört hatte, grinste und sagte
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