Saphirblau
Männer angeht, die uns im Hyde Park überfallen haben, und ich denke, er möchte den oder die Drahtzieher aus der Reserve locken, indem er uns beide einer größeren Gesellschaft vorstellt.«
»Oh«, machte ich. »Meinst du, wir werden wieder von Männern mit Degen . . .?«
»Nicht, solange wir unter Leuten sind«, sagte Gideon. Er setzte sich auf die Sofalehne und verschränkte die Arme vor der Brust. »Trotzdem halte ich es für zu gefährlich - jedenfalls für dich.«
Ich lehnte mich gegen die Tischkante. »Hattest du nicht Lucy und Paul wegen der Sache im Hyde Park im Verdacht?«
»Ja und nein«, erwiderte Gideon. »Ein Mann wie der Graf von Saint Germain hat sich im Laufe seines Lebens nicht wenige Feinde gemacht. In den Annalen gibt es einige Berichte von Anschlägen auf sein Leben. Ich vermute mal, dass Lucy und Paul sich, um ihre Ziele zu erreichen, mit einem oder mehreren dieser Feinde zusammengetan haben.«
»Denkt der Graf das auch?«
Gideon zuckte mit den Schultern. »Das hoffe ich.«
Ich überlegte eine Weile. »Ich bin dafür, dass du wieder gegen die Regeln verstößt und so eine James-Bond-Pistole mitnimmst«, schlug ich dann vor. »Dagegen können die ganzen Typen mit ihren Degen einpacken. Woher hast du sie eigentlich? Ich würde mich auch besser fühlen, wenn ich so ein Ding hätte.«
»Eine Waffe, mit der man nicht umgehen kann, wird in der Regel gegen einen verwendet«, sagte Gideon. Ich dachte an mein japanisches Gemüsemesser. Eine unangenehme Vorstellung, wenn man es gegen mich verwenden würde.
»Ist Charlotte gut im Fechten? Und kann sie auch mit einer Pistole umgehen?«
Wieder ein Schulterzucken. »Sie hat seit ihrem zwölften Lebensjahr Fechtunterricht gehabt - natürlich ist sie gut.«
Natürlich. Charlotte war in allem gut. Außer im Nettsein. »Dem Grafen hätte sie sicher gefallen«, sagte ich. »Ich war offensichtlich nicht sein Typ.«
Gideon lachte. »Noch kannst du sein Bild von dir revidieren. Er möchte dich auch vor allem deshalb näher kennenlernen, um zu überprüfen, ob die Prophezeiungen nicht doch recht haben, was dich angeht.«
»Wegen der Magie des Raben?« Wie immer, wenn die Rede darauf kam, fühlte ich mich unbehaglich. »Verraten die Prophezeiungen eigentlich auch, was damit gemeint ist?«
Gideon zögerte etwas, dann sagte er leise:
»... Der Rabe auf seinen rubinroten Schwingen, zwischen den Welten hört Tote er singen, kaum kennt er die Kraft, kaum kennt er den Preis, die Macht erhebt sich, es schließt sich der Kreis . .
.«Er räusperte sich. »Du hast ja eine Gänsehaut.«
»Das klingt ja auch unheimlich. Das mit den singenden Toten vor allem.« Ich rieb mir über die Arme. »Geht es noch weiter?«
»Nein. Das ist mehr oder weniger alles. Du musst zugeben, dass es auf dich nicht so recht passen will, oder?«
Ja, da hatte er wohl recht. »Gibt es über dich auch etwas in der Prophezeiung?«
»Natürlich«, sagte Gideon. »Über jeden Zeitreisenden. Ich bin der Löwe mit der Mähne aus Diamant, bei dessen Anblick die Sonne ...« Für einen Augenblick schien er plötzlich verlegen zu sein, dann fuhr er grinsend fort: »Blablabla. Oh und deine Urururgroßmutter, die störrische Lady Tilney, ist passenderweise ein Fuchs, ein Jadefuchs, der sich unter einer Linde versteckt.«
»Kann man aus dieser Prophezeiung überhaupt irgendwie schlau werden?«
»Durchaus - es wimmelt nur so von Symbolen. Alles eine Frage der Interpretation.« Er sah auf seine Armbanduhr. »Wir haben noch Zeit. Ich bin dafür, dass wir unsere Tanzstunden fortsetzen.«
»Wird auf der Soiree auch getanzt?«
»Eher nicht«, sagte Gideon. »Dort wird wohl nur gegessen, getrunken, geplaudert und - äh - musiziert. Dich wird man garantiert auch bitten, etwas zu spielen oder vorzutragen.«
»Tja«, sagte ich. »Ich hätte wohl doch besser Klavierunterricht genommen, als mit Leslie diesen Hip-Hop-Kurs zu machen. Aber ich kann eigentlich ganz gut singen. Letztes Jahr auf Cynthias Party habe ich absolut unangefochten den Karaokewettbewerb gewonnen. Mit meiner ganz persönlichen Interpretation von
Somewhere over the rainbow.
Und das, obwohl ich recht unvorteilhaft als Bushaltestelle verkleidet war.«
»Äh, ja. Wenn du gefragt wirst, sagst du einfach, dass dir die Stimme immer wegbleibt, wenn du vor Leuten etwas singen musst.«
»Das
darf ich sagen, aber nicht, dass ich mir den Fuß verstaucht habe?«
»Hier, die Kopfhörer. Das Gleiche noch mal.« Er verbeugte sich vor mir.
»Was
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