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Saphirblau

Saphirblau

Titel: Saphirblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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verabredet war.
    »Geh essen«, sagte ich. »Ich wäre stinksauer, wenn du meinetwegen auf Pfannkuchen verzichten musst.«
    »Aber dann ist niemand hier, der Schmiere stehen kann. Außerdem möchte ich noch genauer hören, wie das gestern mit dir, Gideon und dem grünen Sofa war . . .«
    »Noch genauer kann ich es beim besten Willen nicht erzählen«, sagte ich.
    »Dann erzähl's einfach noch mal, es ist so romantisch!«
    »Geh Pfannkuchen essen!«
    »Du musst ihn heute unbedingt nach seiner Handynummer fragen«, sagte Leslie. »Ich meine, das ist eine goldene Regel: Man küsst keinen Jungen, von dem man nicht mal die Telefonnummer hat.«
    »Leckere, knusprige Pfannkuchen mit Äpfeln...«, sagte ich.
    »Aber. . .«
    »Xemerius ist bei mir.« Ich zeigte auf die Fensterbank, wo Xemerius saß und gelangweilt auf dem spitzen Ende seines Schwanzes herumkaute.
    Leslie kapitulierte. »Also gut. Aber lass dir heute etwas Sinnvolles beibringen! Das Herumgefuchtel mit Mrs Counters Stock bringt keinem was! Und sollte dich dabei jemand beobachten, wirst du in die Klapsmühle eingeliefert, denk daran.«
    »Jetzt geh endlich«, sagte ich und schob sie zur Tür hinaus, gerade als James eintrat.
    James freute sich, dass wir dieses Mal allein waren. »Die Sommersprossige macht mich immer nervös mit ihrem unhöflichen Dazwischengequatsche. Sie behandelt mich wie Luft.«
    »Das liegt daran, dass . . . ach, vergiss es.« »Also - wie kann ich heute behilflich sein?« »Ich dachte, du könntest mir vielleicht beibringen, wie man auf einer Soiree im 18. Jahrhundert Hallo sagt.«
»Hallo?«
    »Ja. Hallo. Hi. Guten Abend. Du weißt schon, wie man sich eben begrüßt hat, wenn man sich gegenübersteht. Und was man dabei tut. Hände schütteln, Handkuss, Verbeugung, Knicks, Durchlaucht, Erlaucht, Hoheit . . . das ist alles so kompliziert und man kann so viel falsch machen.«
    James setzte eine hochnäsige Miene auf. »Nicht, wenn du tust, was ich dir sage. Als Erstes bringe ich dir bei, wie eine Dame vor einem Herrn knickst, der den gleichen gesellschaftlichen Rang bekleidet wie sie.«
    »Super«, sagte Xemerius. »Die Frage ist aber doch, wie Gwendolyn überhaupt erkennen soll, was für einen gesellschaftlichen Rang ein Herr bekleidet.«
    James starrte ihn an. »Was ist das denn? Kusch, kusch, Miezekatze! Verschwinde!«
    Xemerius schnaubte ungläubig. »Wie war das?«
    »Ach James!«, sagte ich. »Sieh doch bitte mal genau hin! Das ist Xemerius, mein Freund, äh, der Wasserspeierdämon. Xemerius, das ist James, ebenfalls ein Freund.«
    James schüttelte ein Taschentuch aus dem Ärmel und mir stieg der Geruch von Maiglöckchen in die Nase. »Was immer es ist. . . es soll weggehen. Es erinnert mich daran, dass ich mich gerade in einem schrecklichen Fiebertraum befinde, ein Fiebertraum, in dem ich einem ungezogenen Mädchen Anstandsunterricht geben muss.«
    Ich seufzte. »James. Das hier ist kein Traum, wann verstehst du das denn endlich? Vor über zweihundert Jahren magst du vielleicht mal einen Fiebertraum gehabt haben, aber danach bist du ... - also, du und Xemerius, ihr seid beide ... ihr seid . . .«
    »... tot«, sagte Xemerius. »Wenn man es genau nimmt.« Er legte den Kopf auf die Seite. »Ist doch wahr. Was redest du denn so um den heißen Brei herum?«
    James wedelte mit seinem Taschentuch. »Ich will das nicht hören. Katzen können nicht sprechen.«
    »Sehe ich vielleicht aus wie eine Katze, du dummer Geist?«, rief Xemerius.
    »Irgendwie schon«, sagte James, ohne hinzuschauen. »Bis auf die Ohren vielleicht. Und die Hörner. Und die Flügel. Und den komischen Schwanz. Ah, wie ich diese Fieberfantasien verabscheue!«
    Xemerius pflanzte sich breitbeinig vor James auf. Sein Schwanz peitschte wütend um ihn herum. »Ich bin keine Fantasie. Ich bin ein Dämon«, sagte er und spuckte vor Aufregung einen großen Schwall Wasser auf den Boden. »Ein
mächtiger
Dämon. Beschworen von Magiern und Baumeistern im elften Jahrhundert eurer Zeitrechnung, um in der Gestalt eines steinernen Wasserspeiers den Turm einer Kirche zu bewachen, die es heute längst nicht mehr gibt. Als mein Sandsteinkörper vor vielen Hundert Jahren zerstört wurde, blieb nur noch das hier von mir übrig - sozusagen der Schatten meines alten Ichs, für immer dazu verflucht, auf dieser Erde zu wandeln, bis sie auseinanderfällt. Was vermutlich noch ein paar Millionen Jahre dauern kann.«
    »Lalala, ich höre nichts«, sagte James.
    »Du bist armselig«, sagte Xemerius.

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